Stallhaus Germania bleibt im Blickfeld
STUTTGART/MÜHLACKER. Die Lomersheimer Gruppierung Stallhaus Germania bleibt im Blickfeld von Polizei und Verfassungsschutz. Das belegt ein Schreiben von Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech.
In einer kleinen Anfrage hatte der Grünen-Landtagsabgeordnete Uli Sckerl (Wahlkreis Weinheim) wissen wollen, welche Aktivitäten es in Baden-Württemberg im Zusammenhang mit der Ausrichtung rechtsextremistischer Konzerte gibt.
Am 16. März berichtete die PZ, dass Stallhaus Germania aus Lomersheim ein Konzert geplant hatte. Allerdings war die rechts ausgerichtete Gruppierung mit diesem Vorhaben einmal mehr in den Fokus der Verfassungsschützer geraten.
Zum Hintergrund: Wie der Innenminister aufzählt, fanden im Jahr 2008 in Baden-Württemberg insgesamt vierzehn und im Jahr 2009 dreizehn rechtsextremistische Musikveranstaltungen statt. Von den vierzehn Veranstaltungen im Jahr 2008 seien drei durch die Polizei aufgelöst worden, von sieben Veranstaltungen habe die Polizei erst später erfahren. Aufgelöst worden sei beispielsweise auch am 26. April 2008 eine Veranstaltung in Birkenfeld/Enzkreis mit der Band „Propaganda“. Von den dreizehn Veranstaltungen, die im Jahr 2009 durchgeführt wurden, hat die Polizei nach Informationen des Innenministeriums eine aufgelöst, sechs Veranstaltungen wurden der Polizei erst nachträglich bekannt.
Intervention der Polizei
Der Abgeordnete Sckerl hatte überdies die Frage gestellt, welche Erkenntnisse über ein geplante Pfingst-Open-Air-Veranstaltung im Enzkreis vorlägen? Hierzu heißt es im Schreiben des Ministers: „Nach Internetveröffentlichungen der Autonomen Antifa Freiburg sollten bei dem Konzert am 22. Mai 2010 die Musikgruppen Devils Project, Faustrecht und Angry Boot Boys auftreten. Die Veranstaltung sollte angeblich von einer Person organisiert werden, die der Gruppierung Stallhaus Germania zugeordnet werden kann.“ Auf Intervention der Polizei sei das geplante Konzert vom Veranstalter abgesagt worden. Rech weiter: „Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage wird abgesehen, um der rechtsextremistischen Szene nicht den Kenntnisstand der Sicherheitsbehörden zu offenbaren und dadurch die weiteren Ermittlungen zu erschweren.“ Bestandteil der Kleinen Anfrage war auch, was über die Kameradschaft Stallhaus Germania bekannt sei? Der Minister: „Die nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2000 existierende Gruppierung besteht aktuell aus rund 20 Mitgliedern. Sie bezeichnet sich selbst als Club.“ Über Aktionen und Aktivitäten der Gruppierung seien ferner folgende Veranstaltungen bekannt: am 11. Juli 2009 eine Party zum neunjährigen Bestehen auf einem Wiesengrundstück in Mühlacker. Hierbei hätten 60 bis 70 Personen teilgenommen, überwiegend Mitglieder der Gruppierung Stallhaus Germania sowie der rechten Szene zuzuordnende Personen aus der Schweiz und Mitglieder des Heidnischen Sturms Pforzheim. Ferner berichtete der Minister von einer Veranstaltung am 10. Oktober 2009: Beim Konzert mit 100 Teilnehmern in Mühlacker sei die Skinheadband Störmanöver aufgetreten.
Rechtsextremistische Musikveranstaltungen seien zumeist als „private“ Feierlichkeit deklariert worden. Der Minister: „Mit Ausnahme des Auftritts der Skinband Störmanöver bei einer Jubiläumsfeier der Gruppierung Stallhaus Germania am 10. Oktober 2009 auf einem privaten Wiesengrundstück in Mühlacker-Lomersheim konnten keine weiteren Musikveranstaltungen zweifelsfrei einer rechtsextremistischen Gruppierung zugeordnet werden.“ Ferner antwortete der Minister: „Es gibt Kontakte zwischen den Angehörigen der rechtsextremistischen Skinheadszene in Baden-Württemberg und rechtsextremistischen Skinheads im Ausland, insbesondere in Österreich, Frankreich und in der Schweiz.“ Bis in das Jahr 2003 hinein hätten im Elsass regelmäßig rechtsextremistische Skinkonzerte unter deutscher Beteiligung stattgefunden. Die Bürgermeister seien daraufhin über die konspirativen Methoden der Szene bei der Anmietung von Hallen informiert worden. Seither sei es für die deutschen Szeneangehörigen schwieriger, im Elsass eine Lokalität anzumieten. Enge Kontakte bestünden zwischen Angehörigen der rechtsextremistischen Skinheadszene aus verschiedenen Bundesländern. In der Rhein-Neckar-Region würden gemeinsame Treffen und Feste veranstaltet.
Persönliche Verbindungen
Ebenso besuchten Szeneangehörige aus der Rhein-Neckar-Region rechtsextremistische Skinkonzerte, die in anderen Bundesländern stattfänden. Eine strukturelle Verflechtung innerhalb der rechtsextremistischen Skinheadszene sei in dieser Region nicht erkennbar. Es handele sich um persönliche Verbindungen. Bekannt sei, dass Rechtsextremisten aus Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz im Aktionsbüro Rhein-Neckar vernetzt seien. Das Aktionsbüro sei eine neonazistische Organisation. mar/pm