02.04.2010/ Dorfmark: Die Veranstaltung besitzt eine gewisse Tradition. Seit mehr als dreißig Jahren treffen sich die AnhängerInnen des rassistischen „Bund für Gotterkenntnis – Die Ludendorffer e.V.“ über die Osterfeiertage im niedersächsischen Dorfmark. Ebenso traditionell wie die Tagung selbst ist auch die Beteiligung militanter Alt- und Neonazis an der jährlichen stattfindenden Zusammenkunft. Mit Hajo Hermann, einem hochdekorierten Wehrmachtsoffizier und politischen Überzeugungstäter gehörte in diesem Jahr eine Ikone der bundesdeutschen Neonaziszene zu den Ehrengästen.
Der „Bund für Gotterkenntnis“ ist um sein Image bemüht. Berichte über rassistische oder gar antisemitische Tendenzen der selbst ernannten Religionsgemeinschaft werden von ihren Mitgliedern mit steter Regelmäßigkeit zurückgewiesen und auch juristisch bekämpft. Nach eigenen Darstellungen verstehe man sich vielmehr „als Opfer einer Verschwörung“. Ein Eingeständnis, dass die rassistisch geprägte Weltanschauung des „Bund für Gotterkenntnis“ der des Nationalsozialismus in nichts nachsteht, findet sich so natürlich nicht. Zumindest nicht in öffentlichen Erklärungen. Dabei beschwört die neuheidnische Gruppierung, welche über mehrere hundert Mitglieder verfügt, eine radikale „Rassentheorie“, unterteilt in „Licht- und Schachtrassen“. Hier werden bereits Kleinkinder ideologisch indoktriniert und zum Kampf gegen „Juda“ und „Rassenmischung“ erzogen. Nach Lehre der 1966 verstorbenen Sektengründerin Mathilde Ludendorff sei es die „jüdische Schachtrasse“, welche mithilfe „verjudeter, christlicher Erziehung“ deutsche Kinder schädige. Dem stellt die Organisation die „Reinheit des Blutes“, welches die „Volkserhaltung“ sichern würde, gegenüber.
Ein
Weltbild, welches der Organisation nicht nur zu Zeiten des NS-Regimes
den Status einer „Konfession“ bescherte. Auch in heutiger Zeit
fühlen sich organisierte Alt- und Neonazis der Gruppierung
verbunden. So dürfte die Anwesenheit eines Hajo Hermann im Rahmen
der diesjährigen Veranstaltung im niedersächsischen Dorfmark,
keineswegs dem Zufall geschuldet sein. Hermann gilt als Urgestein
neonazistischer Vernetzung. Sein Wort besitzt Gewicht. Parteien wie
die NPD oder die „Deutsche Volksunion“ (DVU) schmücken sich mit
dem 1913 geborenen Altnazi als Aushängeschild bei Bundesparteitagen,
Kongressen und anderen Veranstaltungen.
Als
Teil der „Erlebnisgeneration“ war Herrmann während es zweiten
Weltkrieges als Jagd- und Kampfpilot im Einsatz. Ende 1944 brachte er
es zum Inspekteur der deutschen Luftverteidigung. Zuletzt lieferte
Hermann im Februar 2009 einen öffentlichkeitswirksamen Beweis für
seine Verbundenheit mit der Neonaziszene. Vor der Kulisse von
mehreren tausend Neonazis, welche am 14. Februar in Dresden
anlässlich der Bombardierung der Stadt im zweiten Weltkrieg
aufmarschierten, präsentierte sich der ehemalige Wehrmachtsoffizier
als unbelehrbar, ein überzeugter Soldat der NS-Vernichtungskriege.
Hermann engagiert sich darüber hinaus im Kreise der
Vereinsorganisation „Gedächtnisstätte e.V.“ welcher zum
Vereinsgeflecht des verbotenen „Collegium Humanum“ gehört.
Auch
in den vorangegangenen Jahren fanden bereits AktivistInnen der
militanten Neonaziszene den Weg nach Dorfmark. Einschlägig bekannte
Neonazis wie beispielsweise Steffen Hupka. Der 1962 geborene Hupka
galt lange Zeit als einer der federführenden Köpfe der militanten
Neonaziszene in Deutschland. Er war Mitglied der 1983 verbotenen
„Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ (ANS), sowie führendes
Mitglied der 1992 wegen „Wesensverwandtschaft mit dem
Nationalsozialismus“ verbotenen „Nationalistischen Front“ (NF).
1998 wurde er in den Bundesvorstand der NPD aufgenommen, wo er sich
fortan für Referats- und Schulungsarbeit verantwortlich zeichnete.
Im Jahr 2001 erwarb Hupka das Schloss Trepnitz im Salzlandkreis von
Sachsen-Anhalt um dort ein neonazistisches Schulungszentrum
aufzubauen. Während der „Ostertagung 2006“ besuchte Steffen
Hupka Dorfmark mit einem Büchertisch.
Im
darauf folgenden Jahr war erneut „hoher Besuch“ in der
niedersächsischen Kleinstadt vertreten. Zu den angereisten
TeilnehmerInnen gehörten führende AktivistInnen der „Heimattreuen
Deutschen Jugend“ (HDJ) – darunter ein Mitglied der „HDJ
Einheit Hermannsland“, jener HDJ-Untergruppe, deren Mitglieder sich
an der Organisation von „Rasseschulungen“ und paramilitärischen
Ausbildungslagern beteiligten. Die HDJ wurde im März 2009 vom
Bundesinnenministerium verboten. Neben AktivistInnen der HDJ waren im
April 2007 ebenfalls Anhänger der inzwischen aufgelösten „Autonomen
Nationalisten Soltau“ zugegen. Unter ihnen auch Julian Monaco,
derzeitig Landesvorsitzender der NPD Jugendorganisation
„JN-Niedersachsen“.
Doch
nicht nur „Zugereiste“ suchen in Dorfmark die Nähe des „Bund
für Gotterkenntnis“. Unterstützung erfährt die einschlägige
Vereinsorganisation darüber hinaus auch von der Bevölkerung. Die
alljährlich aus ganz Deutschland anreisenden „Ludendorffer“
gelten in Dorfmark bei Pensionen und GastronomiebetreiberInnen als
willkommener Umsatzgarant. Als im vergangenen Jahr
Gegendemonstrant_innen auf das Treiben der rassistischen Organisation
aufmerksam machten, positionierten sich stark alkoholisierte
AnwohnerInnen vor den Tagungsräumen und beschimpften die
Teilnehmer_innen des Protestzuges mit Fäkalausdrücken und dem
tiefblickenden Hinweis, dass „solche Leute früher vergast worden
wären“.
Szenen,
welche sich auch in diesem Jahr wiederholten. Erneut sah sich die
niedersächsische Kleinstadt mit einer Gegendemonstration
konfrontiert, welche die Tagung von rund 100 angereisten
AnhängerInnen des „Bund für Gotterkenntnis“ begleitete. Anlass
genug für ein erneutes Eingreifen „besorgter“ AnwohnerInnen, die
lautstark Partei für die rassistische Sektenorganisation ergriffen.
Sympathiebekundungen mit Folgen: Aufgrund des Zeigens eines
abgewandelten Hitlergrußes wurde ein Anwohner von der Polizei
vorläufig festgenommen und sieht nun einem Ermittlungsverfahren
wegen „Verwendens von Zeichen verfassungsfeindlicher
Organisationen“ sowie „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“
entgegen. Ein ganz normales Osterwochenende in Dorfmark halt.
Original und mehr Bilder: Recherche Nord