CDU-Politiker nennen Linke Krawallbrüder, Terroristen und Partisanen. Der Umgangston im Landtag lässt oft zu wünschen übrig. Da verwundert es kaum, dass irgendwann auch das böse Wort mit „A“ fällt.
Dresden. Linke-Politiker Sebastian Scheel hat sich mit einer verbalen Provokation im Landtag einen Ordnungsruf eingehandelt. Der Parlamentarische Geschäftsführer seiner Fraktion zitierte am Mittwoch einen Spruch des früheren Grünen-Politikers Joschka Fischer aus dem Jahr 1984 im Bundestag: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ Landtagspräsident Matthias Rößler, der ein paar Sekunden brauchte, um das Geschehen zu erfassen, fragte nach: „Kollege Scheel, bezieht sich das auf den amtierenden Präsidenten?“. Antwort Scheels: „Ich habe nur ein Zitat gebracht.“
Hintergrund der verbalen Attacke: Rößler hatte zu Beginn der Sitzung das Ansinnen der Linken abgelehnt, vor Eintritt in die Tagesordnung eine Erklärung abgeben zu dürfen - was nach der Geschäftsordnung des Landtages möglich ist. Stattdessen setzte Rößler diesen Punkt ans Ende der Tagesordnung. Das wiederum erzürnte die Linken. Sie warfen Rößler ein „selbstherrliches und anmaßendes Verhalten“, „offenkundige Hilflosigkeit beim Umgang mit elementaren Grundsätzen des Parlaments“ und „Willkür“ vor. Nach Angaben Scheels war Rößler schon am Vorabend über die Erklärung informiert worden.
Vorgeschichte bei Braunkohledebatte
Mit der Erklärung wollte Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt auf aus seiner Sicht verleumderische Beleidigungen gegen seine Partei von CDU-Politikern in der vergangenen Landtagssitzung reagieren. Rößler hatte damals Ordnungsrufe unterlassen. In einer Debatte um Ausschreitungen bei Protesten gegen den Braunkohleabbau in der Lausitz waren Linke-Abgeordnete unter anderem als „Terroristen“ und „Krawallbrüder“ bezeichnet worden. Die Partei hatte Rößler aufgefordert, darauf angemessen zu reagieren.
„Bislang war es gute parlamentarische Gepflogenheit, sprachliche Entgleisungen, wenn nicht sofort, doch zumindest in der nächsten folgenden Sitzung nach Vorlage des Protokolls im Nachhinein im gebotenen Rahmen zu ’ahnden’“, schrieb Gebhardt in der inzwischen veröffentlichten Erklärung. „Wir können uns hier nicht glaubwürdig Sorgen wegen der Aggressivitäten und Ausfälligkeiten mancher besorgter Wutbürger machen, wenn wir als Landtag ein solch abstoßendes schlechtes Beispiel von Diskussionsunkultur geben.“
Von Jörg Schurig