Übergangsvertrag mit JCDecaux bis 2019 / Unternehmen startet im Herbst digitale Außenwerbung in der City
Leipzig. Überraschung gestern im Neuen Rathaus: Bei der Unterzeichnung eines Übergangsvertrages mit dem Stadtmöblierer JCDecaux, der den Weiterbetrieb seiner Fahrgastunterstände und Außenwerbewände in Leipzig bis zum 30. Juni 2019 sichert, verkündete Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) fast beiläufig eine Kehrtwende. Die Stadt strebt nun doch nicht mehr die Eigenbeschaffung von knapp 900 Wartehäuschen an den Bus- und Straßenbahnhaltestellen an.
„Ich glaube nicht, dass es unser Ziel sein sollte, als Stadt Leipzig Wartehäuschen und Außenreklame selbst zu organisieren“, sagte Jung und ging damit deutlich auf Distanz zu seiner Baubürgermeisterin. Dorothee Dubrau (parteilos) hatte angekündigt, nach dem gescheiterten Vergabeverfahren der Außenwerberechte die Wartehäuschen künftig selbst zu beschaffen, hatte dafür aber weder Geld noch einen konkreten Plan. Er wolle die kommunale Lösung zwar nicht gänzlich ausschließen. Aber, so Jung, „besser ist natürlich ein Weg mit einem privaten Partner“. Dubrau war bei dem Termin gestern im Rathaus nicht mit dabei. Das Klima zwischen ihr und JCDecaux gilt inzwischen als vergiftet.
„Wir waren in einer schwierigen Situation“, räumte Jung ein. Die Ausschreibung der Konzession für die Werbung auf städtischen Flächen, zu der auch die Wartehäuschen gehören, habe nicht zu dem von der Kommune erhofften Ergebnis geführt. Wie berichtet, hätte die Stadt künftig für den Betrieb der Haltestellenhäuschen zahlen sollen. Bislang bekommt sie dafür ein Entgelt von JCDecaux. Für Jung stand daher die Frage: „Wie können wir mit einem bewährten Partner doch noch einmal ins Gespräch kommen?“
JCDecaux betreibt seit 25 Jahren die Anlagen in Leipzig, der aktuelle Vertrag endet am 31. Dezember. Ab Januar hätte die Firma mit dem Abbau von Wartehäuschen, Werbewänden und -vitrinen beginnen müssen. Mit dem ab 1. Januar 2017 geltenden Übergangsvertrag hat die Stadt nun Zeit, eine neue europaweite Ausschreibung zu erarbeiten. Diese soll nach den Worten von Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, Mitte nächsten Jahres vorliegen.
JCDecaux will sich wieder bewerben. „Die Stadt Leipzig war immer ein sehr guter Partner“, betonte Jean-Francois Decaux. Der 56-jährige Co-Geschäftsführer ist Sohn des Gründers des Unternehmens, das weltweit mehr als 13 000 Menschen beschäftigt – in Leipzig sind es 25.
Die Verstimmungen im Zuge des Ausschreibungsverfahren waren gestern für ihn kein Thema mehr. „Das ist Schnee von gestern“, sagte er und richtete den Blick nach vorn. Leipzig soll für sein Unternehmen eine „Schaufenster-Modellstadt“ bleiben. „Ich habe Leipzig als Schaufenster für unsere Expansion nach Osteuropa ausgesucht“, berichtete der Franzose. „Wir haben die ersten Wartehallen im Frühjahr 1990 direkt gegenüber der Thomaskirche aufgestellt, waren auf den Straßen das erste Zeichen der Wende.“
JCDecaux will nun auch neue Trends in der Außenwerbung nach Leipzig bringen. In London baut die Firma gerade an den Bushaltestellen tausend 84-Zoll-Werbe-Bildschirme auf. Ähnliche Projekte starteten in Hamburg und Köln. Für Leipzig vereinbarten Stadt und Unternehmen einen Testlauf mit zehn digitalen Werbevitrinen in der Innenstadt. 400 000 Euro investiert JCDecaux dafür. Im Oktober soll das Projekt starten. Über diese Screens könnten dann auch kurzfristige Informationen der Stadtverwaltung an die Bürger laufen.
Und woran scheiterte letztlich die Ausschreibung? „Die Investitionen muss man in Relation zu den möglichen Einnahmen stellen“, sagte Decaux. „Es gab von der Stadt eine Reihe von technischen Anforderungen, die die Gesamtinvestition nach oben getrieben haben.“ Das Unternehmen könne diese nur durch Werbeeinnahmen refinanzieren. Decaux: „Doch der Werbemarkt ist sehr umkämpft. Wir machen heute weniger Umsatz als 2007 oder 2008.“ So sollte der neue Konzessionär in Leipzig nicht nur alle Wartehäuschen erneuern, sondern mehr als 200 zusätzliche Haltestellen damit bestücken und an jedem Unterstand auch noch einen Stromzähler anbringen. Allein die hätten schon zwei Millionen Euro gekostet.