Asylbewerber verdrängen keine deutschen Jobsuchenden

Erstveröffentlicht: 
30.03.2016

In Sachsen sind derzeit 5500 Asylbewerber arbeitslos gemeldet. Das sind 1700 mehr als vor einem Jahr. Klaus Schuberth, Chef der Arbeitsagenturen im Freistaat, bleibt dennoch optimistisch. Er geht für dieses Jahr von weiterem Wirtschaftswachstum „und von einem anhaltenden Beschäftigungsanstieg“ aus. Einen Verdrängungswettbewerb mit deutschen Jobsuchenden gebe es nicht.

 

Chemnitz.  Gute Nachricht für alle Jobsuchenden: Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, eine Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit, erwartet für dieses Jahr in Sachsen 18 000 neue Stellen. Davon werden nach Einschätzung von Sachsens Arbeitsagenturchef Klaus Schuberth in erster Linie arbeitslose Männer, Absolventen sowie Menschen aus der stillen Reserve profitieren. Das sind diejenigen Menschen, die weder erwerbstätig noch arbeitslos gemeldet sind, aber durchaus wieder berufstätig werden wollen.

 

Schuberth rechnet damit, dass sich wegen der beschleunigten Asylverfahren mehr Menschen bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern melden werden. „Das ist auch gut so – wir müssen die Menschen kennen. Nur wenn wir wissen, wer bei uns ist, können wir mit gezielten Angeboten helfen und damit die Integration meistern.“ Von den derzeit registrierten arbeitslosen Flüchtlingen habe die Mehrheit „keine abgeschlossene Ausbildung nach unserem Verständnis“. Acht Prozent seien Akademiker, zwölf Prozent hätten eine Berufsausbildung im Heimatland durchlaufen. Die übrigen achtzig Prozent gelten formal als Helfer.

 

Sachsens oberster Arbeitsvermittler warnte vor zu hohen Erwartungen. „Wir können keine deutschen Maßstäbe von einer dualen Ausbildung ansetzen, wenn es um die Qualifikation von Flüchtlingen geht.“ Die meisten derjenigen ohne Abschluss hätten zwar Berufserfahrung und Kompetenzen, sie brächten Talente mit. „Daraus muss man einen Abschluss machen“, fordert Schuberth. Aber das brauche Zeit. „Deshalb werden mittelfristig keine Verdrängungseffekte auf dem sächsischen Arbeitsmarkt eintreten.“ Wenn die Integration gelungen sei, Menschen studiert oder eine Ausbildung abgeschlossen hätten, „dann stehen natürlich alle miteinander in Konkurrenz – hier entscheiden dann Know-how und Persönlichkeit.“ Da die Fachkräftebedarfe mit aktuell über 30 000 freien Stellen schon heute ihren Höchststand erreichten und künftig viel mehr Menschen in den Ruhestand gingen als nachrückten, würden langfristig die Chancen auf Arbeit für alle steigen. „Unabhängig von Religion, Hautfarbe, Herkunft oder sprachlichen Akzent. Deshalb unterstützen wir alle Menschen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind.“ Allein in den kommenden zehn Jahren dürfte die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung in Sachsen um über 400 000 Menschen abnehmen, weil Babyboomer in die Rente übergehen und weniger junge Menschen nachrücken.

 

Im vergangenen Jahr erhielten in Sachsen gut 900 Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis. Damit wurden zwei Drittel der Vorrangprüfungen positiv entschieden. Dabei wird untersucht, ob die freie Stelle mit einem deutschen Staatsbürger, einem EU-Bürger oder auch einem anerkannten Flüchtling besetzt werden kann. Gegenüber 2014 war das eine Steigerung der Prüfungszahlen um 1100. Für dieses Jahr rechnen die sächsischen Arbeitsagenturen mit weiter anziehenden Zahlen. „Die beschleunigten Asylverfahren führen dazu, dass mehr Menschen die Anerkennung erhalten und sofort arbeiten dürfen“, sagt Schuberth. Auch die Zahl der Geduldete werde steigen. Bevor diese Frauen und Männer eingestellt würden, müsse auch künftig weiter eine Vorrangprüfung erfolgen. Bundesweit erhielten im vorigen Jahr 21 500 Asylbewerber eine Arbeitserlaubnis.

 

Die Erwartungen bei den von den sächsischen Arbeitsagenturen Ende vorigen Jahres angeboten Sprachkursen wurden weit übertroffen. Ziel zu Beginn der Maßnahmen war, 4000 Menschen aus Syrien, dem Irak und dem Iran mit diesen Kursen zur deutschen Sprache zu führen. Bis Ende Dezember seien 11 500 Eintritte realisiert worden. Schuberth: „Das freut mich und beweist, dass viele Flüchtlinge motiviert sind, die deutsche Sprache zu lernen und dass die Bildungsanbieter bei der Rekrutierung gute Arbeit geleistet haben.“

Von Ulrich Milde