Rechtsradikale bei der AfD-Jungendorganisation: Zufall oder gezielte Unterwanderung?

Erstveröffentlicht: 
10.03.2016

Die „Junge Alternative Deutschlands“ (JA) werde gezielt von rechtsradikalen Personen verschiedener Herkunft bis hin zur NPD infiltriert, behauptet ein Rechercheteam der „Autonomen Antifaschisten“ in Freiburg.

 

Von Heinz Siebold 10. März 2016 - 19:35 Uhr

 

Freiburg - Mit der Spaltung der „Alternative für Deutschland“ (AfD) im Sommer 2016 verließen neben der Professorenriege um Bernd Lucke und Hans-Olaf Henkel eine Reihe von „gemäßigten“ Rechtskonservativen die Partei. Wie die Lücken geschlossen wurden, ist vor allem im Jugendbereich möglicherweise nicht dem Zufall überlassen worden. Die „Junge Alternative Deutschlands“ (JA) sei gezielt von rechtsradikalen Personen verschiedener Herkunft bis hin zur NPD infiltriert worden, behauptet ein Rechercheteam der „Autonomen Antifaschisten“ in Freiburg. Die Gruppierung ist seit Jahren mit tragfähigen Enthüllungen rechtsextremer Zusammenhänge hervorgetreten.

 

Ein Teil der Erkenntnisse über die AfD-Jugendorganisation stammt aus der Beobachtung des rechtsextremen und völkisch angehauchten Teils der Burschenschaften, deren Dachverband, die „Deutsche Burschenschaft“ (DB) seit Jahren von Richtungskämpfen zwischen liberalen und rechtsextremen Aktiven und Alten Herren geschüttelt wird. Große Teile der Freiburger Verbindungen sind aus dem Dachverband ausgetreten – nicht jedoch die „Saxo Silesia“, dessen „Alter Herr“ Dubravko Mandic wichtige Funktionen in JA und AfD bekleidet. Rechtsanwalt Mandic ist seit Jahren mit provokanten Äußerungen hervorgetreten, zuletzt mit dem Spruch auf seiner Facebook-Seite: „Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte.“ Multifunktionär Mandic sitzt im Führungsgremium der „Patriotischen Plattform“ um den thüringischen AfD-Chef Björn Höcke und ist Vorsitzender des JA-Landesschiedsgerichts Baden-Württemberg und Mitglied im AfD-Bundesschiedsgericht. Die Freiburger JA wurde im August im Verbindungshaus der Saxo-Silesia neu gegründet. Dabei habe der in Tübingen wohnende neue JA-Bundesvorsitzende Markus Frohnmaier laut Mandic eine „Brandrede“ gehalten. Frohnmaier war früher Mitglied der rechtsextremen Kleinpartei „Die Freiheit“ und nach eigenem Bekunden auch der „German Defense League“, die mit „Messerkampf-Seminaren“ auffiel. Frohnmaier kandidiert derzeit im Wahlkreis Villingen-Schwenningen für den Landtag.

 

Antifa sagt, es gebe Querverbindungen zwischen JA und Neonazigruppen

Querverbindungen zwischen der AfD-Jugendorganisation gibt es nach den Antifa-Recherchen auch zu Neonazigruppen, die Brücke dazu soll die neurechte „Identitäre Bewegung“ (IB) sein. Der neue JA-Landesvorsitzende Moritz Brodbeck sei ein Kader der IB gewesen und habe laut einem Schriftwechsel mit dem Offenburger AfD-Landtagskandidaten Stefan Räpple die Junge Alternative mit Gesinnungsgenossen „unter unsere Kontrolle“ gebracht. Im Mai 2015 war der zweite Bundesvorsitzende der JA, Hagen Weiß, zurückgetreten und hatte gewarnt, es gebe „Bestrebungen, die JA als Machtinstrument verschiedener Gruppierungen aus dem äußeren Rand des rechten Spektrums zu nutzen, um innerhalb der AfD und mittels der Partei eine ‚Konservative Revolution’ durchzuführen.“ Der Düsseldorfer Sozialwissenschaftler Alex Häusler hat die JA als „Brückenkopf“ zur Neuen Rechten bezeichnet. Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg kann und will zu den Vorgängen nicht Stellung nehmen. Schon gar nicht vor einer Wahl. Die AfD und ihre Jugendorganisation stünden „derzeit nicht unter Beobachtung“, betont Amtssprecher Georg Spielberg.

 

Verfassungsschutz beobachtet die „Identitäre Bewegung“

Ob sich das ändert, ist noch nicht entschieden, die SPD-Innenminister haben unlängst einen Kurswechsel angeregt. Beobachtet wird die „Identitäre Bewegung Deutschlands“, sie wird wohl auch im nächsten Verfassungsschutzbericht auftauchen. Das Landesamt rechnet die zahlenmäßig schwache Organisation mit drei Ablegern im Land „der islamkritischen Szene“ zu. Aktivitäten wurden in Stuttgart, Rottweil, Ellwangen, Aalen, Karlsruhe und Mannheim registriert. Sowohl AfD als auch JA haben die Vorwürfe einer rechtsextremen Unterwanderung mehrfach dementiert. Beide Organisationen stünden auf dem Boden des Grundgesetzes. Offensichtlich ist: Seitdem Markus Frohnmaier Bundesvorsitzender der Jungalternativen ist, hat sich ihr Profil extrem verändert. Die Kontakte auf internationaler Ebene zu rechtspopulistischen Partnern wurden verstärkt, etwa zur schweizerischen SVP, der österreichischen FPÖ und den „Schwedendemokraten“.

Innenpolitisch wurde der Ton radikal verschärft. Nachdem in Januar 2016 Karlsruhe angeblich auf einen Mann geschossen wurde, der AfD-Plakate aufhängte, schrieb die JA neben einem Fahndungsaufruf mit dem Bild des SPD-Politikers Ralf Stegner: „Gesucht wegen Anstiftung zum Mord“ über führende Politiker: „Ralf Stegner, Wolfgang Schäuble und viele andere, die uns ständig diffamieren und uns mit ihrer Hetze buchstäblich die Existenzberechtigung absprechen, sind die wahren Hintermänner des Mordschützen. Sie haben in Karlsruhe mitgeschossen.“ Der Vorfall ist nicht aufgeklärt.