Gotterkenntnis-Bund hetzt gegen Flüchtlinge

Erstveröffentlicht: 
14.01.2016

Ein Verein mit Nazi-Wurzeln dominiert die samstäglichen Anti-Asyl-Aktionen in Öhringen. Der Verfassungsschutz bescheinigt dem "Bund für Gotterkenntnis" eine "rassistische und antisemitische Weltanschauung".

 

Wenn sich samstags um 15 Uhr die Anti-Asyl-Aktivisten von "Hohenlohe wacht auf" in Öhringen treffen, fällt eine Rednerin durch besonderes rhetorisches Geschick auf. Sonnhild Sawallisch ist stets gut vorbereitet, macht Pausen, um ihre prägnanten Sätze wirken zu lassen. Zuletzt rief sie zur Bildung einer Bürgerwehr auf. Ihre Ansichten über die "aktuelle Flüchtlingspolitik" verbreitet die Frau in Retro-Look auch gerne in Leserbriefen oder im mehrseitigen Traktat, das für die Kanzlerin und den Bundespräsidenten bestimmt ist.

 

Die Geigerin aus Ingelfingen (Hohenlohekreis) ist im Landesamt für Verfassungsschutz bekannt. "Ach, die Frau Sawallisch", reagiert ein Sprecher der Behörde auf die Anfrage der SÜDWEST PRESSE. Sie wird einem Verein zugerechnet, der eine Ideologie aus der Nazi-Zeit konserviert. Der "Bund für Gotterkenntnis" (BfG), 1937 hervorgegangen aus dem "Verein Deutschvolk", basiert auf völkischen Ideen Mathilde Ludendorffs (1877-1966), Witwe des Generals Erich Ludendorff, der 1923 mit Adolf Hitler beim "Marsch auf die Feldherrenhalle" in München putschen wollte. Der BfG war von 1961 bis 1976 wegen Verfassungsfeindlichkeit verboten.

 

Die "Ludendorffer", wie sich die Anhänger nennen, werden vom Verfassungsschutz beobachtet, nicht überwacht. Der Verein, der sich gegen "Rassenmischung" wendet und an eine "weltweite Verschwörung des Judentums" glaubt, sei "keine Riesensache", heißt es in Stuttgart. Der BfG halte sich an die "antiparlamentarische, rassistische und antisemitische Weltanschauung" seiner Gründerin. Es handle sich um "eine Organisation, die eine antidemokratische und antimodernistische Grundausrichtung" habe. Der "Bund" weist solche Vorwürfe als "böswillige Angriffe und wahrheitswidrige Behauptungen" zurück.

 

In Herboldshausen, Ortsteil von Kirchberg/Jagst, unterhält der Verein seit 1972 einen Stützpunkt in einem ehemaligen Bauernhaus. Die Veranstaltungen haben für die Verfassungsschützer in Stuttgart "keinerlei Wirkung in die Öffentlichkeit hinein". Als in Kirchmösern bei Brandenburg gleichfalls ein Bauernhof in ein Tagungshaus umgewandelt wurde, stellten Verfassungsschützer in Potsdam fest, "der BfG propagiert Lehren, die als rechtsextremistisch gelten müssen". Genannt sind "rassebedingte Gotterkenntnis", "verstiegene Lehren" und "volkstümelndes Gebaren". Bereits 2002 notierten die Aufpasser: "Rassismus und Antisemitismus sind auch dann gefährlich, wenn sie nicht gewaltförmig in Erscheinung treten, sondern bloß' als Hirnverneblung."

 

Gut 13 Jahre später wird vor einem "ungeheuren Zustrom von Menschen fremder Abstammung" gewarnt. Dies sei "ein geschichtlich einmaliger Vorgang, der das Überleben unseres Volkes schwer gefährdet". Sonnhild Sawallisch glaubt den Grund zu kennen: "Mit völlig unsinnigen Versprechungen und riesigen materiellen Verlockungen wird den Flüchtlingen hier ein Schlaraffenland vorgegaukelt, wo man ohne Arbeit gut leben könne."

 

Führerin des Bundes mit Sitz in Tutzing (Bayern), eingetragen im Vereinsregister von Starnberg als Nummer 0467, ist seit 2010 eine Apothekerin aus Ingelfingen - die Mutter von Sonnhild Sawallisch.