Hambi T(h)ree: Brief und Aufruf aus dem Knast

Free the T(h)ree

Seit Oktober befinden sich die T(h)ree, drei Anarchist_innen von der Waldbesetzung im Hambacher Forst, in Untersuchungshaft (nähere Infos auf abcrhineland.blackblogs.org). Einer von ihnen, Florian, hat nun einen Text über den Knast, seine Funktion und den Kampf gegen ihn geschrieben, der hier im folgenden dokumentiert wird.

 

Erhalten am 17. November 2015


Wieso? Weshalb? Warum? Blinder Gehorsam; Konditionierung zum Konsum: Gedanken aus dem Knast über den Knast.


Wenn ich von einer Gesellschaft ohne Knäste spreche, fragen [mich] viele, ob   ich   eine   Meise   habe.   Ich   stelle   hiermit,   im   Vollbesitz   meiner geistigen Kräfte klar: Ich habe keine Meise. Ich halte nichts davon ein Lebewesen, auch keine Meise, in einem Käfig zu halten und auch nichts von Staaten,   die   sich   Mensch,   Tier,   Pilz   und   Pflanze;   ihre   Stimmen, Standorte,   ihr   Fleisch,   ihr   komplettes   Sein   zu   Eigen   machen.   Was   sie nicht   draußen   für   ihre   Zwecke   kontrollieren   [können],   muss   beseitigt, umerzogen, eingesperrt werden. Leben, das nicht in ihrem Sinne wächst, muss geschnitten, gefällt, getötet werden.


Meine Post unterliegt der Postkontrolle. Gespräche mit Freund*innen, die mich   von   draußen   besuchen,   und   Telefonate   darf   ich   nur   im   Beisein   von Beamten   führen,   meine   Zelle   wird   stichprobenartig   durchsucht.   Ich   bin davon überzeugt, sie tun dies nicht zuletzt, weil sie hoffen, Gedanken, die   ich   nicht   aufschreibe   oder   ausspreche   verlieren   sich.   Ich   denke, gerade   bei   Anarchist*innen   ist   [es]   ihr   Ziel,   das   wir   uns   selbst verlieren.


Ich   halte   Knäste  und   den   Knast­Alltag  für   einen  architektonischen   und bürokratischen  Ausdruck   ihrer   Angst.  Angst   vor   einer   sozialen Gesellschaft,   in   der   sie   ihr   Privileg   über   Anderen   zu   stehen,   sie   zu instrumentalisieren,   über   sie   zu   herrschen,   verlieren   und   somit   gleich
sind. Sie versuchen uns ihre ökonomischen Staatstreue [zu] lehren [und] hier in Gefangenschaft zu vermitteln. Sie zehren uns geistig mit Isolation und
körperlich mit schlechter oder wenig Nahrung und sehr stark begrenztem Bewegungsspielraum aus. Dann lassen sie uns die wachsende Leere mit für Geld erhältliche Artikeln füllen. Ihre Lehre vom Gehorsam beinhaltet die Konditionierung   auf   Konsum.   Annehmlichkeiten   wie   Gesprächsrunden, Sportgruppen,   etc.   müssen   beantragt   werden,   wer   „nicht   auffällig“   sich verhält,   hat   Chancen   an   diesen   Aktivitäten   Teil   zu   nehmen.   In   der Hausordnung   steht:   Zuwiderhandlung   wird   mit   Ausschluss   von   den Freizeitmaßnahmen und/oder Disziplinarmaßnahmen geahndet.


Wir bekommen einen Teil unserer von ihnen gestohlenen Freizeit z.B. auf Bewegung für das Erdulden ihrer Autorität und Herrschaft wieder, wenn wir auf die Freiheit Widerstand zu leisten verzichten. Diese   Art   der   Selektion   hat   im   schlimmsten   (für   sie   besten)   Fall   das traurige   Resultat,   das   der   Mensch,   ihr   selbst     verliehenes   Recht   au Autorität   und   Herrschaft,   nicht   mehr   in   Frage   stellt   oder   [aber] anerkennt. Einzig das Wissen darüber, das es Knäste gibt, hat oft diesen antirevolutionären   Effekt.   Sie   nennen   das   weiterhin   soziale Rehabilitation und Prävention.


Das sind meine Eindrücke aus der JVA Köln Ossendorf. Das geht an alle:


Lasst euch nicht ängstigen! Euer Hass auf die Herrschenden und eure Liebe zur Utopie sollen euch antreiben! Knäste sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems!