Offener Brief und Demo-Mobi-Einladung: WE ARE HERE AND WE WILL FIGHT FOR OUR RIGHT TO STAY

oplatz.net

Der folgende Text wird am 19. November 2015 auf dem Refugee Schul- und Unistreik Berlin, der um 11 Uhr am Potsdamer Platz startet, an die anwesenden Schüler*innen und Studierenden verteilt. 


 

- WE ARE HERE AND WE WILL FIGHT FOR OUR RIGHT TO STAY -

 


Hallo ihr Schüler*innen und Studierende Berlins, heute schreiben wir, die sogenannten Refugees, euch direkt an:


Tausende von uns sind hergekommen, weil unsere Familien ermordetet wurden und werden, weil unsere Häuser zerstört sind und weil eure und unsere gewaltsamen Tyrannen in unseren Staaten unsere Existenzgrundlage ausgebeutet und unsere Menschenrechte weggenommen haben. Was uns bleibt, sind Vertreibung und Flucht. Das bedeutet, dass wir all unseren Besitz verkaufen und mit dem Allernötigsten zu Fuß, auf Schlauchbooten, in Bussen und durch Schlepper bis hierher kommen, um zu überleben.


Sobald wir in Deutschland Fuß fassen, verlieren wir unser Menschenrecht und werden als "Refugees" illegalisiert. Wir werden eingepfercht in Lagern, die Gefängnissen gleichen: 200 Menschen in einer Turnhalle, 2 Toiletten auf 600 Personen, kein Warmwasser, keine Küche, keine Privatsphäre; "Securities", die ihre Minderwertigkeitskomplexe an uns ausleben; "Sozial"arbeiter*innen, die uns und die helfende Nachbarschaftsinitiativen koordinierend ausbeuten; Ämter und Polizei, die uns systematisch schikanieren - all das ist unser Alltag in Deutschland und hier in Berlin; mitten in einer bürokratischen Industrie um uns, die aus unserer Lager-Isolation und Entwürdigung Geld macht, als wären wir mit der Absicht hergekommen, Sklav*innen zu sein. Wenn wir Fragen haben, gibt es kaum Menschen, an die wir uns wenden können. Ob es Dolmetscher*innen gibt? Wir haben sie selten gesehen. Wir müssen Deutsch lernen? Vielleicht wollt ihr auch unsere Sprachen lernen. Wenn es um uns und unser Image geht, dann sind wir momentan alle 'junge-männliche-islamistische Araber'. Nur blöd, dass es unter uns genauso viele aus Afghanistan, Kosovo, Bangladesch, Kamerun, Eritrea, Pakistan, der Roma-Diaspora und etliche andere unterschiedliche Menschen gibt - und NEIN: wir sprechen nicht alle arabisch, wir sind nicht alle Moslems, nur weil wir momentan nicht in euren Nachrichten auftauchen. Wir sind und haben Familien und Kinder - und eigene Geschichten, warum wir hier sind.


Warum wir uns nicht beschweren? Jeder Mensch hat doch das Recht auf Freie Meinungsäußerung hier in Deutschland, oder? Wir sind nicht frei, wir sind illegalisiert und fürchten uns um unseren Aufenthalt - oder vor unserer Abschiebung. Denn, was in all den Turnhallen, Hangars, Containern und sonstigen Lagern passiert, ist eine Einteilung in "gute und schlechte Flüchtlinge" und wenn wir nicht gehorchen, müssen wir mit Sanktionen rechnen. Das heißt, dass andere illegaliserte Menschen absichtlich bevorzugt und wir gegeneinander ausgespielt werden: von der Lager-Industrie und der Gesellschaft. Es wird von uns erwartet, dass wir, trotz allem, dankbar und gehorsam sind.


Und dann? Die deutsche Gastfreundschaft hört dort auf, wo alle von unserer "Flüchtlingskrise" anstatt der eigenen "Humanitätskrise" sprechen: Wir seien zu viele. Deutschland sei völlig überfordert. Wohin mit all den Menschen? Das Boot ist voll - am besten abschieben! Das ist es, was uns in den nächsten Monaten erwartet: MASSENABSCHIEBUNGEN! – Was das heißt für uns? Zurück ins Nichts. Wir haben bereits Alles aufgegeben: weil es keine Möglichkeit gibt, dort, wo wir herkommen, zu leben. Und wenn wir hier sind, werden wir versklavt und wie Nutztiere eingesperrt, so lange, bis die Träger der Lager genug Profit gemacht haben, dass sie uns nicht mehr brauchen.


Was WIR wollen? Es nicht länger hinnehmen! Wir wollen bald mit gemeinsam mit euch eine Großdemonstration von, mit und für geflüchtete und nun illegalisierte Menschen organisieren. Gemeinsam gehen wir auf die Straßen und nehmen uns dieses Recht auf Redefreiheit, das in Deutschland so selbstverständlich und für uns notwendig ist. Und wir fordern: BLEIBERECHT FÜR ALLE!


Wie könnt IHR uns direkt und praktisch helfen? Wenn ihr sagt, 'Solidarität muss praktisch werden', dann setzt sie auch um. Solidarisiert euch mit uns, anstatt unsere Stellvertreter*innen zu sein, ohne uns je persönlich kennengelernt zu haben. Wir sind hier und wir haben viele Stimmen und Gesichter, die gehört und gesehen werden müssen. Mobilisiert mit uns! Geht und kommt mit uns in die Lager – wo momentan alleine in Berlin mindestens 25.ooo von uns dort gelagert werden; verteilt Flyer und Informationen und sprecht mit unseren Schwestern und Brüdern, dass wir alle auf unser Recht auf Menschlichkeit und Würde bestehen dürfen, ohne deswegen um unser Leben zu fürchten. Jede Abschiebung aus welchem Grund auch immer ist ein staatliches Verbrechen am Menschenrecht. Bitte behaltet folgende Webseiten im Auge, damit wir bald zusammen mit der Mobilisierung beginnen. Spätestens Mitte Dezember 2015 soll unsere Demo stattfinden:

 

 

www.oplatz.net

facebook.com/refugeestruggle

facebook.com/refugeeschulstreikberlin

 

- WIR SIND HIER UND WIR WERDEN FÜR UNSER BLEIBERECHT KÄMPFEN -

 


- We are ONE -