Am 14. November wollen Neonazis und Rassist_innen erneut in Rostock auf die Straße gehen. Die Veranstaltung reiht sich damit ein in eine Serie von rassistischen Aufmärschen in MV. Doch es ist klar: In Rostock, der Stadt des Pogroms von 1992, dürfen Rassist_innen nicht widerstandslos durch die Straßen laufen können. Auf die Barrikaden! hat einen Aufruf gegen die geplante Zusammenrottung veröffentlicht.
Standortbestimmung im wilden Nordosten
Wer momentan verstehen möchte, wer wann und
wo gegen Flüchtlinge demonstriert, wer wann als Bürgerwehr durch
die Straßen spaziert, oder einfach gegen alles ist, kann in
Mecklenburg-Vorpommern derzeit schnell verwirrt sein. Anfang des
Jahres war die Situation zwar schon gruselig, aber zumindest war sie
auch überschaubarer. Es gab die sogenannten „Freien Kräfte“,
die sich gegen vermeintlichen Asylmissbrauch wehrten, ein paar
Menschen, die sich in Rostock und Güstrow als Stadtpatrouille
aufspielten, die NPD, die eben die NPD war, und MVGIDA als
PEGIDA-Ableger, bei dem sich alle treffen konnten. Jetzt sind MVGIDA
und NPD quasi eins, und daneben tauchen in den letzten Wochen immer
mehr Gruppen auf, die sich mal konkret gegen Flüchtlinge wehren
wollen, und damit das eh schon enge Netz von Nazigruppen auf diesem
Terrain verdichten, oder solche, die sich Patrioten nennen oder sich
einfach so „wehren wollen“, und sei es auch nur in jenen Dörfern
am östlichen Rand Vorpommerns oder im tiefsten Süden Mecklenburgs,
in denen jede_r mit anderem Familiennamen schon als fremd erscheinen
muss. Dass sich hier vermutlich besonders gegen die Langeweile des
eigenen Seins und Scheiterns gewehrt wird, ist dabei banal gewordene
Erkenntnis, wenn diese Langeweile am Ende den Brandsatz entzündet,
weil das gerade so viele andere auch machen. Dass diese rassistischen
Happenings, wohlmeinend wird noch von Demonstrationen gesprochen,
eben keine diskursorientierte Perspektive auf aktuelle Tagespolitik
sind, sondern eher ein Versuch das Nachmittagsprogramm von
Privatsendern einem Realitätscheck zu unterziehen, ist dabei zum
Verständnis genauso wichtig, wie das Vergegenwärtigen der Tatsache,
dass diese alkoholorientierten Vergemeinschaftungen der Nährboden
und die Deckungsmasse für jene sind, die dann Nachts losziehen und
Häuser angreifen. Der Mob befriedigt mitten im Leben stehend beide
Perspektiven eines volksgemeinschaftlichen Brennpunktes, wie ihn sich
keine Soap besser hätte ausdenken können. Zum einen die der
Abgehängten, die dort als schlechte Schauspieler_innen und hier als
noch schlechtere Rassist_innen jedes Klischee bedienen sollen und
können, das ein vermeintlich besseres Publikum von ihnen hat, und
die Perspektive von eben jenem Publikum, das statt seines
Sozialchauvinismus lieber den Rassismus vom Sofa auf die Straße
trägt. Hier vereinen sich Pack und Eliten, und sind sich, ihren
gegenseitigen Abscheu vergessend, einig in ihrem Hass, ihrem Gefühl,
als einzige zu verstehen und doch missverstanden zu werden. In so
einer Vereinigung konnte kürzlich die AFD in Rostock Menschen
zusammenbringen, die außerhalb dieses Rahmens sich niemals positiv
aufeinander beziehen würden, und dabei sind die defizitären
Verhältnisse zum Rechtsstaat noch einer der kleinsten Gegensätze.
Am Ende treffen sich alle, die gerne mal „Volk“ spielen und den
öffentlichen Raum als Bühne nutzen wollen, als wären sie
Darsteller_innen ihrer eigenen Soap, oder um sich dazu zu bekennen,
dass man eben doch einfach mal ganz ehrlich rassistisches Arschloch
ist, auf den Straßen dieses Bundeslandes, und so am 14.11 auch in
Rostock.
Wir wiederholen uns, aber…
Als zu Beginn des Jahres dieser Haufen unter
dem Label Rogida nach Rostock kommen wollte und schließlich auch
kam, haben wir uns in ähnlicher Form schon mal zu Wort gemeldet,
gegen die Versuche den angeblich besorgten Bürger_innen und Nazis
eine Plattform für einen inhaltlichen Output zu bieten. Die
Tatsache, dass diese Demonstrationen von Neonazis und anderen
Rassist_innen organisiert und getragen wird, macht eine Inhaltliche
Auseinandersetzung mit den vermeintlich „bürgerlichen“ Inhalten
eigentlich überflüssig. Klar ist leider jedoch auch, dass in dieser
Gesellschaft Sympathien für Parolen der Bewegung nicht nur bei
Neonazis weit verbreitet sind. Deshalb soll die folgende
Argumentation erläutern, welche rassistischen und nationalistischen
Ansichten der gesamten PEGIDA & „Stadt XY – wehrt sich“
Bewegung zugrunde liegen und weshalb es in Rostock zwingend notwendig
ist, diese zu stoppen!
Inhalte überwindent
Diese ganze rechte Ansammlung vertrat lange keine konkreten Forderungen und Inhalte. Erst Anfang Dezember letzten Jahres wurde via Facebook ein „Positionspapier“ von PEGIDA vorgelegt. In diesem finden sich viele Positionen bzgl. der Asylpolitik. So wird dort beispielsweise sogar die „dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen“ gefordert. Scheinbar wahllos fügen sich 18 weitere Forderungen wie „Stopp von Waffenlieferungen“, nach „sexueller Selbstbestimmung“ und andererseits aber auch „gegen die nahezu schon zwanghafte Geschlechtsneutralisierung unserer Sprache“ ein. Zwischen den Forderungen, welche PEGIDA auf ihrer Facebookseite formuliert, und dem wöchentlichen Auftreten der sogenannten Montagsdemonstrant_innen gibt es jedoch erhebliche Unterschiede. Schnell wird deutlich: Das Positionspapier soll PEGIDA in verschiedene Richtungen unangreifbar und in viele Richtungen anschlussfähig machen. Ein Versuch den die verschiedenen Bewegungselemente in MV aufgriffen. Doch was ist die tatsächliche Motivation für etliche tausend Menschen Woche für Woche auf die Straße zu gehen? Es handelt sich weniger um konkrete politische Forderungen. Vor und bei den Demonstrationen kann jede_r fordern, was gerade so im Kopf passiert, notfalls wird sich danach distanziert oder eine Verschwörung der Lügenpresse gewittert. Eine Position braucht es inzwischen nicht mehr, was zählt ist die „wir gegen die“-Einstellung und eine inhaltlich kaum zu erfassende diffuse Angst, die die Masse der Demonstrierenden umtreibt. Eine Angst, die im Frühling noch konkret auf die konstruierte Bedrohung durch eine vermeintliche Islamisierung projiziert wurde, inzwischen sich aber viel allgemeiner als Behauptung von Angst vor Überfremdung, Überlastung und Benachteiligung fassen lässt.
Euer Problem heißt Rassismus!
Die Angst vor der „Islamisierung des Abendlandes“ oder auch „Asylmissbrauch“ ist, dem Namen der Bewegung zufolge, der gemeinsame Nenner aller Teilnehmenden. Der Begriff ist jedoch keine Neuheit. In der Rhetorik der rechtsradikalen Kräfte und Parteien, die ihn etablierten, wird jedoch etwas allgemeiner von Überfremdung gesprochen. Der Begriff bedient sich verschiedener Konstrukte. Zum einen ist da die eigene Gesellschaft oder Kultur, welche sich über bestimmte homogene Merkmale, wie z.B. Werte und Traditionen, definieren ließe. Zum anderen eine, als generell anders und daher als „fremd“ gewertete, Gesellschaft bzw. Kultur, welche sich ebenfalls zu einer homogenen Gruppe zusammenfassen ließe. Der Mythos der Überfremdung beschreibt nun den, als übermäßig wahrgenommenen, Einfluss des „Fremden“ auf das „Eigene“. Ganz allgemein lässt sich dieser Mythos leicht widerlegen. Denn Menschen aufgrund ihrer Nationalität zu kulturell einheitlichen Gruppen zusammenzufassen, verklärt die erheblichen Unterschiede zwischen den Individuen einer Gesellschaft und reduziert diese auf die vermeintliche Gruppenzugehörigkeit. Es ist schlichtweg Rassismus unter dem Deckmantel kultureller Abgrenzung.
Ist schon wieder Weihnachten?
Am Fall der PEGIDA lässt sich dies jedoch auch konkretisieren. Denn die beiden vermeintlich gegensätzlichen Elemente werden hier klar benannt: das „christlich-jüdisch geprägte Abendland“ verteidigt sich vor dem Einfluss des Islams. Es ist eine Abgrenzung zwischen einem „Wir“ und den „Anderen“. Doch wer ist dieses „Wir“? Anders als der Name behauptet, geht es hier nicht um die Verteidigung christlicher Werte. Diese kommen nur deshalb ins Spiel, weil es hier gilt, sich gegenüber einer als Bedrohung wahrgenommen Religion abzugrenzen. Denn statt Kreuzen, wehen auf den Demonstrationen Schwarz-Rot-Goldene Fahnen. Hier ist es nur passend, dass die Islamisierung als Startpunkt der Angst etwas in den Hintergrund gerückt ist, mussten die Rassist_innen doch erkennen, dass sie sonst gezwungen wären bei Flüchtlingen noch mehr zu differenzieren. Da Weihnachten als Fixpunkt sich aber nähert, steht zu befürchten, dass auch die Islamisierung wieder auf die Agenda gesetzt wird, geht es doch um die Bildung eines Kollektivs aufgrund nationaler Identität und dazu gehört für diese Menschen der Christstollen, völlig außer Acht lassend, dass ihnen diesen niemand nehmen möchte. Dieses Kollektiv dient als Fluchtpunkt für alle Menschen, die um den Verlust ihrer Privilegien fürchten, und alle gesellschaftlich Marginalisierten, die fürchten, dass „Fremde“ besser behandelt würden. Unter dem Motto „Wir sind das Volk“ versucht die Gemeinschaft aus ihrer imaginierten Ohnmacht auszubrechen und sich gegen die Politik „der da oben“ zu ermächtigen.
„Irgendwas mit Steuern, irgendwas mit Arbeit, aber ganz sicher nichts gegen Ausländer...“
Wer dieser Volksgemeinschaft angehört, versuchen sowohl das wütende Kollektiv, als auch „die da oben“ zu definieren. Die weiße Mehrheitsgesellschaft findet problemlos ihren Platz darin. Alle anderen dürfen über den Weg der „Integration“ auf einen Platz hoffen. Doch genau wie diese, vermeintlich homogene, Volksgemeinschaft konstruiert ist, so ist es die Integration. Auf einer Ebene bedeutet Integration die Bereitschaft sich auf dem Arbeitsmarkt zu verwerten – integriert ist, wer der Volkswirtschaft nützt. Auf der anderen Ebene bedeutet Integration die Anpassung der „Fremden“ an die „deutsche Kultur“. Die Bewertung dieser Anpassung, und damit einhergehend die Definition der „deutschen Kultur“, erfolgt irrational und rein willkürlich. Deshalb haben die vermeintlich Fremden auch keinen Einfluss darauf, ob sie als integriert gelten. So können auch Freund_innen oder Geschäftspartner_innen von Stammtischrassist_innen „Ausländer“ sein, der liebste „Ausländer“ bleibt ihnen eben doch jener, der nicht in Deutschland lebt. Der Befund über ihre Integrationsleistung unterliegt schlussendlich immer der Deutungshoheit des Stammtisches oder dem bekannten Neonazi Sven Krüger, der kürzlich bei NDR verkündete, dass man die Ausländer nicht mehr hassen könne, wenn man sie erstmal kenne. Was Neonazis und Dorfgemeinschaft aber eint, ist, dass sie es nicht auf den Versuch ankommen lassen wollen, und deshalb lieber Unterbringungsmöglichkeiten abbrennen. Das ist zwar auch nicht gut für ihre Kriminalitätsstatistik, erscheint den bekennenden Antirassist_innen von Rechts aber immer noch als die Methode, mit der sie nachts am besten schlafen können.
Liebe ist, wenn die Regierung das Asylrecht verschärft
Die Forderung nach Integration bedient also genau jenen Ausgrenzungsmechanismus von einem „Wir“ und den „Anderen“, welcher Menschen in kulturellen Schubladen ablegt. Diese Schublade benennt die Bewegung als „islamischen Kulturkreis“, von dem eine Islamisierung ausgehe. Da der geistige Horizont der Besorgten wohl nicht über Weihnachtsmärkte und Christstollen hinaus reicht, machen sie sich keine Vorstellung davon, wie gering die Anzahl der Menschen muslimischen Glaubens in ihrer Nachbarschaft ist. Außerdem scheinen sie nicht in der Lage oder willens zu sein, in ihrer Vorstellung vom Islam zu differenzieren. Denn der Islam weist, wie andere Religionen, von radikal orthodoxen bis liberalen Denkarten alles auf. Genauso werden die Verhältnisse der Menschen zu ihrer Religion oder die Frage, ob jemand überhaupt Teil einer religiösen Gemeinschaft ist, ignoriert. Wichtig ist allein die Reduzierung auf die vermeintliche Herkunft aus dem islamischen Kulturkreis. Dieser Kulturkreis wird dem eigenen, also dem des „christlich-jüdischen Abendlandes“ gegenüber als Bedrohung aufgefasst (Sorge um die Umbenennung von Weihnachtsmärkten, Angst vor dem Verlust von Schweinefleisch in den Kantinen etc.). Dieser Mangel an Differenzierung und als Angst getarnter Kulturchauvinismus drückt sich dann im Kampf gegen Islamisierung und der Sorge vor religiösen Stellvertreterkriegen in Deutschland aus. Dadurch werden tatsächliche Probleme verschleiert und die mordenden Islamist_innen, in beispielsweise Syrien und Nigeria, in ihrer Bedeutung verharmlost. Islamisierung ist also ein rassistischer Kampfbegriff. Genau wie die von Nazis konstruierte Überfremdung ist der Begriff „Islamisierung“ das Produkt einer nationalistischen Weltanschauung. Die besorgten Anwohner_innen, priviligierten Wutbürger_innen, marginalisierten Sozialneider_innen, Verteidiger_innen des „Abendlandes“, Stammtischrassist_innen, geistige Brandstifter_innen und Neonazis liegen deshalb vereint in den Schützengräben ihres kulturellen Ghettos, zur Verteidigung vor allem was ihnen fremd scheint. Auch wenn sie dort gerade miteinander fremdeln, und sich eine Beziehungsauszeit nehmen wollen, was sonst sind „Merkel muss weg“-Rufe, als völkischer Liebesentzug und Mahnung, während gleichzeitig die angeblich so volksfeindliche Regierung dem Mob als Anerkennung für seine rassistische und brandstiftende Leistung in diesem Jahr eine Verschärfung des Asylrechts schenkt, die bestätigt das sich auch in Beziehungskrisen noch zugehört wird.
„Dann ist das nicht mehr mein Land...“
Dass die Bewegung Rassismus selten offen
artikuliert, sondern hinter verschiedenen Begriffen verbirgt, macht
sie nicht weniger gefährlich, dafür aber umso anschlussfähiger.
Besonders viel Zustimmung dürften daher ihre Parolen zur
Flüchtlingspolitik erfahren. Denn diese reihen sich in eine seit
geraumer Zeit wieder verstärkt stattfindende Mobilmachung gegen
Flüchtlinge ein. Gingen im Sommer für einen kurzen Moment die
Bilder um die Welt, wie Flüchtlinge unter Jubel an Bahnhöfen
begrüßt wurden, und konnte auch die Ahnung, dass zumindest die
Dublin-Verordnungen der EU durch die Kraft des faktischen immer noch
außer Kraft gesetzt werden, in den Herbst gerettet werden. Es
häuften sich die sogenannten Zweifler_innen, Kritiker_innen, die
sogar meinten, Engagierte zu schützen, wenn sie doch nur lange genug
verbreiteten, dass das alles zuviel sei. Von staatlicher Seite äußert
sich diese in einer Verschärfung der Asylpolitik, durch
beispielsweise die Ausweitung der Drittstaatenregelung, der
Diskussion um Transitzonen, das Stoppen von Winterabschiebestopps
oder den Ausbau des Todesstreifens an den europäischen Außengrenzen.
Angesichts der Toten an diesen Grenzen zeigen sich die
Verantwortlichen des Grenzregimes betroffen, beraten jedoch lieber
weiter über effektivere Abschiebung und Maßnahmen gegen
„Sozialtourismus“, als die tatsächlichen Fluchtursachen zu
bekämpfen. Dieses Handeln ist nicht zuletzt eine Reaktion auf in der
Bevölkerung aufkommende Forderungen. Politisch Verfolgten Asyl zu
gewähren, sei zwar „Menschenpflicht“, die aber auch eine
Obergrenze kenne. Besonders müsse aber zwischen Politischen- und
Wirtschaftsflüchtlingen unterschieden werden. Letztere, so fordert
der Mob, gehören abgeschoben. Etablierte Politik, Medien und
Bürgerbewegungen schaffen so eine Auslegung des Asylrechts, die eine
universelle Willkommenskultur unmöglich macht. Denn die
Unterscheidung verschleiert die Zusammenhänge hinter Armut und
Flucht. Schließlich kann es im Kapitalismus, Gewinnende nicht ohne
Verlierende geben. So resultiert der Wohlstand Einiger aus der
Ausbeutung Vieler. Während den vor Ausbeutung Flüchtenden klar
gemacht wird, dass Boote voll und ein Staat nicht das „Sozialamt
der Welt“ sei, garantiert der Staat den Fortbestand der
Ausbeutungsverhältnisse. So ist die staatliche
Einwanderungsgenehmigung kein humanistisches Zugeständnis sondern
Ausdruck kapitalistischer Verwertungslogik. Denn um weiterhin
„Gewinner“ des Systems zu bleiben, müssen die bestehenden
Verhältnisse gewahrt werden. Wer vor Armut flüchtet, tut dies nicht
aus weniger politischen Gründen als vor Verfolgung Flüchtende. Im
Kapitalismus ist jeder Fluchtgrund politisch!
Der Mob hat immer noch Bock
Wo Bürger_innenbewegungen von folgenschwerer, fehlerhafter Theorie zur politischen Praxis übergehen, kann aus den besorgten Bürger_innen der Mob werden, dem, nach unten tretend, die selbstauferlegte Unterscheidung zwischen guten und schlechten Fremden nichts mehr zählt. Dort wird das Feindbild des Fremden, der dem Mob etwas wegnehmen könnte, herausgekramt und das eigene Volk zum Schutzgut erklärt. Seit Heidenau und Freital, seit den Brandanschlägen in Laage und Boizenburg, seit jede Woche mehrere Aufmärsche parallel stattfinden, sollten wir alle wachsamer sein. Dazu gehört auch sich einzugestehen, dass es nicht möglich sein wird, jeden Aufmarsch zu verhindern oder überhaupt mit Protest zu begleiten, dazu gehört auch die Erkenntnis, dass der nächtliche Anschlag nicht zu verhindern ist, wenn der Mob denn loslegen will. Zu den Erkenntnissen gehört aber auch, dass wir viele sind, dass wir viele ansprechen, und dass wir uns organisieren können. Die Herrschenden wollen zu geordneten und klaren Verhältnissen zurück, zumindest in einem Punkt können wir diese Forderung aufgreifen. Wir werden solche Ausrutscher wie eine AFD-Zusammenrottung mit über 1000 Teilnehmer_innen nicht weiter dulden, und uns entsprechend vorbereiten müssen. Nehmen wir unsere Freund_innen mit und bereiten uns vor, denn zu den klaren und geordneten Verhältnissen gehört eben auch, dass Rassist_innen hier nicht einfach so herkommen können und sich benehmen, wie sie es zu Hause tun.
Parallel dazu, lauft ihr hier halt nicht!
Wenn nun unter dem Label Patrioten Rostock oder Infoflut Rostock ein neuer Anlauf von Rassist_innen stattfinden soll, müssen wir Grundsätzliches wieder vor Augen führen: Den abgehängten und besorgten Bürger_innen, die immer noch meinen ein Ventil für ihr Leiden an den kapitalistischen Zumutungen oder ihre grenzenlose Langeweile und ihren Frust bei solchen Veranstaltungen zu finden: Es gibt viele Gründe, wütend zu sein und dem Gefühl der eigenen Ohnmacht begegnen zu wollen. Dabei dürfen aber weder vermeintlich „Fremde“, noch im Besonderen Flüchtlinge Leidtragende dieser Gefühlsregungen sein. Wer unzufrieden ist, der_die soll sich organisieren, gegen Verwertungslogik und gegen Ausbeutung, aber nicht gegen, sondern mit anderen Menschen. Wer in seiner eigenen geistigen Armut so gefangen ist, dass ein Miteinander mit Flüchtlingen nicht möglich erscheint, sollte sich ganz schnell in das heimische Drecksnest zurückziehen, und nicht denken, dass unsere Plätze ein Ort sind, an dem man ein Rederecht für die eigenen Komplexe geltend machen kann. All jenen, die offen als Nazis und Rassist_innen erkennbar sind, muss verdeutlicht werden, dass sie hier nicht auf Zustimmung stoßen werden und sich an den Straßen dieser Stadt gewaltig verheben. Allen, die denken, man könne ungestört völkische Stimmung machen und einen Mob formieren, stellen wir uns entgegen. Wir können euch nicht überall stoppen, aber das hier ist unsere Stadt. Wer den rationalen Argumenten lange abgeschworen hat, wird in seinem Alltagsrassismus an weiteres Alltagswissen erinnert werden, das wir festlegen und von dem wir keinen Meter abweichen werden. Und dieses Wissen lautet, es gibt keinen Naziaufmarsch in dieser Stadt, ohne unsere Gegenwehr. Wir geben keine Ruhe, solange Hetze gegen Flüchtlinge betrieben wird, und das Menschenrecht auf Asyl nur ein Lippenbekenntnis bleibt.
Am 14. November gegen den Rassistenmarsch in Rostock Widerstand leisten!