Dölziger Kommunalpolitiker kritisieren Vorgehen der Landesregierung beim Thema Asylbewerber
VON OLAF BARTH
Dölzig. Wie das Landratsamt Nordsachsen auf
LVZ-Nachfrage diese Woche mitteilte, ziehen ab nächste Woche nun auch im
ehemaligen Dölziger Hotel Magnet die ersten der dort geplanten 60
Asylbewerber ein. Das Haus im Gewerbegebiet Westringstraße befindet sich
nur wenige Meter entfernt von der vom Freistaat bereits eingerichteten
Erstaufnahmeeinrichtung für, laut Landesdirektion Sachsen, bis zu 700
Asylbewerber und Flüchtlinge (die LVZ berichtete).
Während das
Landratsamt allerdings bereits im vorigen Jahr begann, die
Öffentlichkeit über seine Pläne zu informieren, wurden die Dölziger mit
der Einrichtung des Freistaates ohne jegliche Informationen vor
vollendete Tatsachen gestellt. Und genau diese Art der
Informationspolitik hatte auch die Ortschaftsräte des rund 1800
Einwohner zählenden Dorfes auf die Palme gebracht, sodass sie jetzt
einen offenen Brief an Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillisch
(CDU) schrieben. "Empört sind wir über die Arroganz der Behörden bis auf
Landesebene und deren Unfähigkeit, einfachste Regeln des politischen
Miteinanders zu beachten", heißt es darin unter anderem. Und weiter: "Es
ist in keiner Weise entschuldbar, dass das Finanzministerium in Gestalt
des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) in
einem kleinen Ort mit dörflichem Charakter Immobilien zur Einrichtung
einer Erstaufnahmeeinrichtung erwirbt und weder die Stadt noch die
Stadträte über diese Absicht informiert. ... Der Frust der Menschen über
diese Desinformationspolitik war und ist enorm. Aber im Gegensatz zu
Ihnen und Ihren Behördenmitarbeitern müssen wir uns den Menschen
tagtäglich stellen. Wir müssen uns direkt und unmittelbar den Fragen,
Ängsten und manchmal auch Anfeindungen unserer Einwohner stellen. Wir
müssen hilflos mit ansehen, wie einzelne Gewerbetreibende im betroffenen
Gewerbegebiet zwischen die Räder ministerialer Bürokratie geraten und
ohne Aussicht auf Hilfe oder Entschädigung in den Ruin getrieben werden.
... Mit einer solchen Vorgehensweise, Herr Ministerpräsident, zerstören
Sie die Grundlagen der Demokratie."
Es schließen sich Fragen etwa
bezüglich der Unterstützung des Freistaates für Kommunen mit großen
Flüchtlingsheimen und der Errichtung der nötigen sozialen Infrastruktur
an. Das Schreiben war vergangene Woche während der Ortschaftsratssitzung
in Anwesenheit zahlreicher Bürger verlesen worden. Ortschaftsrätin
Katrin Sachsenröder: "Wir wollen aufgrund der aktuellen Situation mit
dem Brief darauf aufmerksam machen, wie mit dem Ort und uns als hier
ansässige Kommunalpolitiker umgegangen wird." Es gehe nicht darum,
irgendetwas verhindern oder abschaffen zu wollen, denn solche
Forderungen würden an der Realität vorbeigehen. "Die Politiker in
Dresden sollen merken, welche Sorgen und Ängste es gibt, die an uns
herangetragen werden. In dem Sinn hoffen wir auch auf entsprechende
Antworten", sagte die 47-Jährige. Tillich solle die deutlichen Worte
nicht nur zur Kenntnis, sondern sich auch zu Herzen nehmen. "Wir
erwarten, dass Sie Ihre Behörden für einen angemessenen Umgang mit den
Bürgern und deren gewählten Volksvertretern sensibilisieren. Andernfalls
besteht die Gefahr, dass sich bei den nächsten Wahlen nicht mehr
genügend Menschen finden, die bereit sind, ihre Freizeit für erlebbare
Demokratie und Bürgernähe in den Kommunen zu opfern", heißt es
abschließend in dem Brief.
Inzwischen ist das Schreiben im
Ministerpräsidentenbüro eingegangen. "Der Brief liegt den zuständigen
Fachkollegen zur Bearbeitung vor. DenAntwortbrief wird der
Ministerpräsident an den Ortschaftsrat Dölzig senden", teilte gestern
die stellvertretende Regierungssprecherin Lea Mock auf LVZ-Anfrage mit.