Debatte bei ostdeutscher CDU-Zukunftskonferenz / Heute Regierungserklärung
VON ROLAND HEROLD
Schkeuditz/Berlin. Bundeskanzlerin Angela
Merkel weht in Sachen Flüchtlingspolitik ein scharfer Wind von der
sächsischen CDU-Basis entgegen. Die Bundeskanzlerin sprach gestern Abend
in Schkeuditz (Kreis Nordsachsen) vor rund 1000 Delegierten auf der
Zukunftskonferenz der CDU-Landesverbände von Sachsen, Sachsen-Anhalt,
Thüringen, Brandenburg und Berlin. Sie versprach, die Bundesregierung
wolle Asylverfahren künftig schneller abwickeln, ihren Umgang mit
Asylbewerbern verschärfen, aber auch eine bessere Integration
ermöglichen.
Sachsens CDU-Fraktionschef Frank Kupfer entgegnete
unter Beifall, er erwarte ein "Zeichen, dass der Zustrom in dieser
Größenordnung eingedämmt wird". Der Umgang mit Flüchtlingen, die falsche
Angaben machten, werde viel zu lax gehandhabt. Auch der Sprecher der
Leipziger CDU, Michael Weicker, kritisierte: "Wir haben das Gefühl, dass
diese Partei nicht mehr unsere ist." Der Leipziger Abgeordnete Volker
Schimpff kritisierte: "Die Mehrzahl derer, die kommen, sind gar keine
Flüchtlinge."
Merkel entgegnete: "Unsere Generation steht vor
Herausforderungen, wie es sie so noch nicht gab." Ihre Aufgabe sei es,
ehrliche Antworten zu geben. Man könne Deutschland nicht mit einem Zaun
umgeben, um es vor Flüchtlingen abzuschotten. Gleichzeitig kündigte sie
Gespräche mit der Türkei an, um dort anzusetzen, "wo die Probleme
auftreten". Das werde auch Geld kosten..
Die Flüchtlingskrise wird
heute auch im Mittelpunkt der Regierungserklärung von Merkel zum
EU-Gipfel und zum Gesetz über die Beschleunigung von Asylverfahren
stehen. Anschließend fliegt sie zum EU-Gipfel nach Brüssel. Der
Bundestag berät nach Merkels Regierungserklärung heute das Asyl- und
Flüchtlingspaket der Bundesregierung. Danach stimmen die Abgeordneten
namentlich über die Gesetzesänderungen ab. Sie sehen eine Reihe von
Verschärfungen und Leistungskürzungen im Asylrecht sowie eine
Beschleunigung der Verfahren vor. Auf der anderen Seite werden
Integrationsangebote für Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive
ausgebaut. Der Bund will Ländern und Kommunen zudem mehr Geld für die
Versorgung der Flüchtlinge geben.
Der Kurs der Kanzlerin wühlt
unterdessen die Union immer mehr auf. Der Kritik von prominenten CDU-
und CSU-Mitgliedern an Merkels Leitsatz "Wir schaffen das" folgte
gestern die Verteidigung der Regierungschefin durch namhafte
CDU-Politiker. Zunehmend unterzeichnen Parteimitglieder Briefe gegen und
für Merkels Haltung.
Nach einer Umfrage fallen CDU und CSU in der
Wählergunst momentan auf den tiefsten Stand seit der Bundestagswahl
2013. Würde am Sonntag gewählt werden, dann käme die Union im neuen
INSA-Meinungstrend auf 38 Prozent (2013: 41,5 Prozent), berichtete
"Bild". Die SPD liegt bei 24,5 Prozent (2013: 25,7 Prozent). AfD und FDP
würden im Gegensatz zu 2013 die Fünf-Prozent-Hürde überspringen.