Leipziger Olbricht-Kaserne könnte Unterkunft werden / Ulbig plant weitere Großzelte in Dresden
Von Jürgen Kochinke
Dresden. Wegen rapide steigender Flüchtlingszahlen stockt
Sachsen die Unterbringungskapazitäten für die Erstaufnahme auf. Ständen
derzeit 11700 Plätze in rund 30 Einrichtungen zur Verfügung, so soll die
Bettenzahl noch in dieser Woche um 1500 auf dann rund 13200 steigen,
sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) gestern in Dresden. Geplant sei
unter anderem, die Unterkunft im früheren Technischen Rathaus in Dresden
auf 1500 Plätze zu erhöhen. Darüber hinaus sollen zwei weitere
Großzelte mit je 200 Plätzen in der Nähe des Dresdner Hauptbahnhofs
hinzukommen. "Wir arbeiten auf Hochtouren, aber an der Grenze", sagte
Ulbig.
Nach Aussage des Ministers hält "der Flüchtlingsstrom auf hohem Niveau
an". Teilweise erreichten täglich bis zu 10 000 Neuankömmlinge
Deutschland, vor allem das Nachbarland Bayern. Nach dem Verteilschlüssel
auf die Bundesländer nimmt Sachsen davon bis zu 510 auf. Ulbig rechnet
nach derzeitiger Lage mit rund 500 bis 700 Personen pro Tag. Um dem
gerecht zu werden, würden zunehmend auch Kasernen zu Flüchtlingsheimen
umfunktioniert - so in Dresden, Frankenberg sowie in Leipzig. In der
Messestadt laufe derzeit die Prüfung für die Olbricht-Kaserne. Darüber
hinaus komme eventuell auch der Dresdner Flughafen in Frage.
Gleichzeitig drängt der Minister auf eine zügige Verteilung der
Asylbewerber Richtung Kommunen. Ziel sei es, pro Tag rund 200
Flüchtlinge dort unterzubringen. Bereits heute finde ein Treffen mit den
Landräten statt, dabei werde es nicht zuletzt auch um dieses Thema
gehen. Insgesamt müsse das Überprüfungsszenario beschleunigt und
entzerrt werden. Um die Zeit von der Registrierung bis zu Anerkennung
beziehungsweise Ablehnung eines Antrags zu verkürzen, soll das dafür
zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf drei
Standorte erweitert werden. Bisher fand die Bearbeitung nur in Chemnitz
statt, jetzt kommen Dresden und Leipzig hinzu. Dabei funktioniere jene
in der Landeshauptstadt bereits, in Leipzig sei bis November damit zu
rechnen.
Darüber hinaus setzt der Minister darauf, dass in Zukunft vor allem jene
Asylbewerber bearbeitet werden, die eine große Chance auf Anerkennung
haben. Zu diesen zählen Bürgerkriegsflüchtlinge, aus Syrien vor allem.
Jene ohne Bleibeperspektive - zum Beispiel aus dem Westbalkan - sollten
dagegen möglichst erst gar nicht auf die Kommunen verteilt werden, da
sie anschließend sowieso abgeschoben würden.
Trotz der rassistischen Pöbeleien und Übergriffe in Freital, Heidenau
und zuletzt Bischofswerda lehnt Ulbig die generelle Einführung von
Schutz- und Kontrollzonen rund um Asylbewerberheime ab. Darüber müsse je
nach Lage entschieden werden, sagte er. Begründung: Der "braune Mob"
treibe nicht überall gleichermaßen sein Unwesen, "in vielen Orten gibt
es einen anderen, selbstverständlichen Umgang".
Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth (CDU) kündigte eine
Orientierungshilfe für Asylbewerber an. Die in mehreren Sprachen
herausgegebene Broschüre werde in Kürze vorgelegt, sagte er in Dresden.
Gleichzeitig will Mackenroth den von seinem Vorgänger Martin Gillo (CDU)
eingeführten Heim-TÜV übernehmen - allerdings in geänderter Form. Zum
einen stehe eine solche Überprüfung derzeit unter gänzlich anderen
Vorzeichen, da es erst einmal darum gehe, den Flüchtlingen überhaupt ein
Dach über dem Kopf zu bieten. Zum anderen will Mackenroth die
Überprüfung erweitern - auf alle Stellen, die mit dem Thema Asyl zu tun
haben.