Deutsche Bahn hält Angebot aufrecht / Kommune hat Bedenken, steht aber für Hilfe bereit
Die Stadt Leipzig konkretisierte gestern ihre Haltung zu einem möglichen Flüchtlings-Drehkreuz am Güterbahnhof am Flughafen Leipzig/Halle. "Die Entscheidung liegt nicht bei uns, sondern beim Bund und bei der Bahn", sagte Stadtsprecher Matthias Hasberg. Wie die Entscheidung auch ausfalle, Leipzig werde helfen und stehe bereit. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) könne aber Bedenken gegen das Gelände nachvollziehen.
So hätten die Innenministerien von Land und Bund
sowie die Bahn seit Tagen mehrere Standorte im Norden geprüft. Zum
fraglichen Bahngelände sagte Hasberg: "Wegen der Nähe zum Flughafen gab
es im vorläufigen Ergebnis der Prüfung zum einen Sicherheitsbedenken."
Zum anderen fehle dort jede Infrastruktur. Dass Flüchtlinge dort ankämen
und über Stunden oder länger ohne Schutz und Unterkunft ausharren
müssten, sei nicht wünschenswert. Auf die Prüfungsergebnisse von Bahn
und Behörden habe sich Jung bei seinen Äußerungen auf einem
Unternehmerforum am Mittwochabend bezogen. Dort hatte Jung geäußert: "Es
wird keinen Verteilbahnhof für Flüchtlinge in Leipzig geben." Er
widersprach damit Informationen des Freistaates, wonach Leipzig zum
Drehkreuz einer Aufteilung von Flüchtlingen für Ostdeutschland werden
solle.
Gestern Morgen betonte Sachsens Innenminister Markus Ulbig
(CDU), dass noch keine Entscheidung zum Drehkreuz gefallen sei. Er habe
sich mit seinen Ressortkollegen aus Bund und Ländern in einer
Telefonkonferenz abgestimmt. Die Äußerung von Leipzigs Oberbürgermeister
Jung vom Mittwoch kommentierte Ulbig mit den Worten: "Solange nichts
wirklich entschieden sei, halte ich es für nicht geboten, das zu
kommentieren; egal ob von Kommunal- oder Landesebene." Beim
Bundesinnenministerium sei der Vorschlag noch nicht endgültig vom Tisch.
"Die Gespräche laufen nach wie vor", verlautete aus dem sächsischen
Innenministerium.
Von Seiten der Deutschen Bahn hieß es am
Donnerstag, das Unternehmen habe am vergangenen Wochenende den
zuständigen Behörden ein Drehkreuz für Flüchtlinge auf dem
Luftfracht-Umschlag-Bahnhof des Flughafen Leipzig/Halle angeboten. "Hier
können Züge direkt auf das geschützte Gelände des Flughafens einfahren
und die nötige Infrastruktur kann errichtet werden", so ein
Bahnsprecher. Er stellte fest: "Dieses Angebot steht nach wie vor."
In München versucht ein Krisenstab seit Tagen, Städte zur Einrichtung
von Drehkreuzen für die Verteilung der Flüchtlinge zu finden. Dabei war
am Montag auch der hiesige Airport ins Spiel gebracht worden.
Währendessen müssen Sachsens Städte und Gemeinden angesichts steigender
Flüchtlingszahlen mehr Kapazitäten zur Unterbringung schaffen. Seien
bislang pro Monat rund 2000 Asylbewerber vom Land auf Städte und
Landkreise verteilt worden, seien es nun etwa 5000 , erläuterte
Innenminister Ulbig nach einer Sitzung des Lenkungsausschusses Asyl in
Dresden.
Die Erstaufnahmekapazität des Freistaates liege derzeit
bei 8845 Plätzen, hieß es. Noch im Juli sei man von nur 5000 Plätzen
ausgegangen. Derzeit müssten jeden Tag zwischen 500 und 750 neue
Flüchtlinge untergebracht werden, sagte Sachsens Integrationsministerin
Petra Köpping (SPD). "Die kommunale Ebene steht in dem gleichen Dilemma,
in dem wir stehen", meinte Innenressortchef Ulbig. Beide Staatsminister
betonten, die Herausforderungen seien nur gemeinsam zu meistern. Sie
sprachen sich für eine schnelle Entscheidung über das Schicksal von
Bürgerkriegsflüchtlingen etwa aus Syrien aus. "Die, die hierbleiben,
sollen sofort eine Entscheidung kriegen", kündigte Ulbig an. Dann
könnten sie aus dem System herausgenommen und in normale Wohnungen
untergebracht werden. Dies könne sich auch positiv auf die Akzeptanz in
der Bevölkerung auswirken. Laut Köpping gibt es bei der Zusammenarbeit
mit den Kommunen kein einheitliches Bild. A. T./chk/nöß/lyn/jv