Landesdirektion will Bürger zu einer Informationsveranstaltung einladen
Von Olaf Barth
Dölzig. Die Anzeichen waren mehr als deutlich, gestern folgte
erstmals die Bestätigung aus der Landesdirektion Sachsen (LDS): In eines
der leerstehenden Bürogebäude im Dölziger Gewerbegebiet Westringstraße
ziehen vorerst maximal 150 Asylbewerber ein. Die ersten von ihnen werden
am 11. September erwartet, war gestern von der Landesdirektion Sachsen
(LDS) zu erfahren.
Eigentlich wollte die Behörde eine Medieninformation dazu
veröffentlichen, doch wurde die auf nächste Woche verschoben. "Wir
wollen ja auch mitteilen, wo und wann wir eine
Bürgerinformationsveranstaltung durchführen. Aber die Suche nach einem
Raum ist noch nicht abgeschlossen", sagte gestern Nachmittag
LDS-Pressesprecher Holm Felber. Bis zum Einzug der Flüchtlinge in den
Bürotrakt würden noch ein Zaun aufgestellt und ein Wachschutz
eingerichtet. Auch die Polizei, die ebenfalls zu der Info-Veranstaltung
eingeladen werden soll, wäre über die Pläne informiert und würde sich
darauf einstellen.
Aus Sicht der Dölziger kommen diese Informationen zu spät. Die
Dorfbewohner haben längst die Aktivitäten im Gewerbegebiet mitbekommen
und seit Tagen Informationen gefordert. Wie sich zu Wochenbeginn bei
einer nichtöffentlichen Beratung mit dem Ortschaftsrat, der
Stadtverwaltung und dem Landratsamt Nordsachsen herausstellte, waren die
hiesigen Behörden und Volksvertreter nicht in die Pläne des Freistaates
involviert und hatten keine Informationen (die LVZ berichtete). Viele
Bürger fühlen sich deshalb von der Politik im Stich gelassen. "Es war so
offensichtlich, dass hier im Gewerbegebiet eine Erstaufnahmeeinrichtung
oder Sammelunterkunft hin soll. Aber offiziell sagte uns keiner was.
Wir werden hier nur verarscht", schimpfte gestern eine Dölzigerin.
Die 57-Jährige will ihren Namen nicht in der Zeitung lesen, um nicht
gleich in die rechte Ecke gestellt zu werden. Dort gehöre sie nicht hin,
sie arbeite selbst viel mit Ausländern zusammen. "Hier geben sich die
Architekten und Bauleute schon seit Tagen die Klinke in die Hand. Dabei
wird über einen Ausbau für bis zu 5000 Asylbewerber geredet, was stimmt
denn nun?", fragte die Dölzigerin. Der Landtagsabgeordnete Volker
Tiefensee (CDU) hatte gegenüber der LVZ gesagt, dass bis zu 200
Asylbewerber kommen sollen.
Angesichts der Informationspolitik des Freistaates schütteln auch
Gewerbetreibende in der Nachbarschaft mit dem Kopf. "Die Entscheidung,
dass der Freistaat die Immobilie nutzen will, war schon vorige Woche
gefallen, der Eigentümerwechsel da längst vollzogen. Denn schon vorigen
Freitag wurden die Namen der Büros und die Werbebanner für diese
Immobilien überklebt oder entfernt", erzählte ein Firmenmitarbeiter, der
gleichfalls namentlich nicht erwähnt werden möchte. Die genannte Zahl
von 200 Flüchtlingen halte er für viel zu gering. Dagegen spreche schon
allein die Größe und Menge der lmmobilien, die hier veräußert wurden. Es
würden viel größere Zahlen kursieren.
Die Dölziger Pfarrerin Ines Schmidt kritisiert ebenfalls die
Informationspolitik des Freistaates Sachsen. "Damit erreicht man doch
genau das Gegenteil von dem, was angestrebt werden soll. Wenn so
offensichtliche Vorgänge Tage lang unkommentiert bleiben, nimmt man die
Bürger eben nicht mit und gewinnt nicht deren Verständnis für solche
Maßnahmen." Sie frage sich zudem, inwieweit die gewählten Volksvertreter
vom Freistaat noch ernst genommen werden: "Egal ob Ortschaftsräte oder
Oberbürgermeister, die tun mir schon etwas leid, denn die kriegen hier
die Prügel ab, obwohl sie sich sehr um Transparenz bemühen, selbst aber
keine Informationen bekommen."
Ortsvorsteher Thomas Druskat sagte zu den neuen Nachrichten nur: "Wenn
das so ist, können wir nichts machen. Die Meinung des Ortschaftsrates
bleibt aber, dass das Gewerbegebiet für die Unterbringung von
Asylbewerbern nicht geeignet ist, wir lehnen das ab". Dennoch akzeptiere
man inzwischen die Pläne des Landratsamtes, demnächst in dem
Gewerbegebiet im Hotel Magnet 60 Asylbewerber unterzubringen. "Wenn der
Freistaat in dem Gebiet nun selbst 150 Asylbewerber unterbringt, dann
ist das gut für diese Menschen, die damit ein Dach über dem Kopf finden.
Aber wie hier vom Freistaat mit den Verantwortlichen vor Ort und den
Bürgern umgegangen wurde, ist skandalös." Die Dölziger plädierten
mehrfach für dezentrale Unterbringung. Die rund 1800 Einwohner leben im
Dorf bereits mit ausländischen Familien zusammen.