Die Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen diskutierten im MDR über Flüchtlingsunterbringung und Gewalt
Von Roland Herold
Leipzig. "Chefsache Flüchtlinge" - im MDR-Fernsehen stellten
sich gestern Abend die Regierungschefs von Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen den Fragen zum wichtigsten politischen Thema dieser Tage. Live
sollte gezeigt werden: Die Brisanz des Problems ist inzwischen in den
obersten Landesebenen angekommen, seine Bewältigung hat absolute
Priorität. Stanislaw Tillich, Reiner Haseloff (beide CDU) und Bodo
Ramelow (Linke, aus Mailand zugeschaltet), wurden von MDR-Chefredakteur
Stefan Raue und Moderatorin Annett Glatz befragt. Dabei ging es um zwei
Kernthemen: Wie können die Bundesländer die Aufnahme von immer mehr
Flüchtlingen bewältigen? Und: Wie weisen sie ausländerfeindliche
Randalierer in die Schranken?
"Der Staat wird auch mit Härte das Gesetz durchsetzen", versprachen
Haseloff und Tillich unisono, wobei der sächsische Regierungschef bei
den Protestierern in Heidenau einen "tiefen Hass gegen alles Fremde"
ausgemacht hat. Ein Dialog sei da "kaum möglich". Tillich bestand
darauf, sich beim Thema Flüchtlinge früh deutlich positioniert zu haben.
Vielleicht "nicht oft genug", räumte er allerdings auch ein. Die
Entscheidung für Heidenau sei kein Fehler gewesen. Die Eskalation der
Proteste dort widerspiegele nicht den Willen der Mehrheit in der
Bevölkerung.
Auch Ramelow forderte, der Staat dürfe nicht vor Rechtsradikalen und
Nazis in die Knie gehen. "Wo Hetze digital betrieben wird, muss es auch
möglich sein, digital Anzeige zu erstatten", sagte er im Hinblick auf
die Angst von Helfern, deren Fotos ins Netz gestellt wurde. Was die
Flüchtlinge anbelange, solle mehr darauf geachtet werden, dass "die
Menschen ethnisch und religiös beieinander" bleiben. Die herrschende
Überbürokratisierung bei den Asylanträgen müsse schnellstens beendet
werden.
Der Tröglitzer Ex-Bürgermeister Markus Nierth, der noch immer unter
Polizeischutz steht, verlangte mehr Sozialarbeiter für die Flüchtlinge.
Haseloff erklärte: "Wir haben den Kommunen zugesagt, dass wir als Land
die Kosten für das Ehrenamt bezahlen." Tillich appellierte in diesem
Zusammenhang an das Verständnis der Arbeitgeber. Ramelow: "Ehrenamtliche
Helfer kann es gar nicht genug geben." Auch die Zuschauer konnten vor
und während der Sendung an die Ministerpräsidenten Fragen schicken.
Viele formulierten ihre Angst, dass Terroristen ins Land kommen könnten
und die Kriminalität steige.
Tillich, Haseloff und Ramelow demonstrierten immer wieder
Geschlossenheit. Selbst das oft kritisierte Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge war kein Thema. Ramelow wagte sich zumindest in einem Punkt
vor: Die Bundesrepublik brauche dringend ein Zuwanderungsgesetz, um
offene Ausbildungsplätze zu besetzen. Das sehen Tillich und Haseloff
anders. Aber, so Ramelow: "In der Sache sind wir uns hoch einig."