Innenminister Ulbig will nach Massenschlägerei heute Dresdner Flüchtlingslager besuchen
Von Simona Block
Dresden. Eine Massenschlägerei unter 100 Flüchtlingen im Dresdner
Zeltlager hat am Wochenende den Ruf nach besseren Lebensbedingungen für
die auf engem Raum campierenden Asylbewerber lauter werden lassen. Bei
den Tätlichkeiten wurden nach Angaben der Polizei vom Sonntag acht
Menschen, darunter eine Frau, verletzt. Rund 80 Beamte waren über
Stunden auf dem Areal präsent, um für Ruhe zu sorgen, die sich dann auch
einstellte.
Heute wollen Innenminister Markus Ulbig (CDU) und der Vorsitzende des
Landtags-Innenausschusses, Mario Pecher (SPD), die Notunterkunft
besuchen, die Ulbig nicht als Dauerlösung sieht. Aber angesichts des
Flüchtlingsstroms nach Deutschland gehe es akut um Vermeidung von
Obdachlosigkeit, hatte er am Freitag gesagt. Das Netzwerk "Dresden für
Alle" zeigte sich von den Ereignissen im Lager nicht überrascht. "Die
Nerven liegen blank, auch weil viele geflüchtete Menschen nicht wissen,
was mit ihnen passiert", sagte Sprecher Erich Hattke. Neben Defiziten
bei der Grundversorgung werde auch kaum Rücksicht auf kulturelle
Unterschiede zwischen den Bewohnern genommen.
Die Landesdirektion Sachsen bemühte sich unterdessen um eine bessere
hygienische Ausstattung der vor gut einer Woche errichteten
Notunterkunft und bereitete für 600 neue Flüchtlinge Quartier in
Sporthallen der Technischen Universität Dresden vor. Die Hallen können
nach Angaben von Behördensprecherin Mandy Taube frühestens heute bezogen
werden.
In dem vom DRK betriebenen Zeltlager sind zahlreiche Helfer am Werk, die
Situation der aktuell 1026 Bewohner zu verbessern. Dort war am
Samstagmittag ein verbaler Streit zwischen Syrern und Afghanen
eskaliert. Nach unbestätigten Medienberichten soll ein Ball der Auslöser
gewesen sein. Das DRK konnte sich die Eskalation nicht erklären und
sprach von "eigentlich guter Stimmung". Am Ende bewarfen sich die
jeweils 50-köpfigen Gruppen mit Pflastersteinen, Plastikstühlen und
-tischen, Zeltstangen, Teilen von Feldbetten und anderen Gegenständen.
Die Polizei trennte schließlich die Streitparteien und hielt sie über
Stunden auf Abstand. Erst am Abend war die Situation befriedet und die
zusätzlich eingesetzten Beamten wurden abgezogen, wie ein
Polizeisprecher am Sonntag berichtete. Gegen die Randalierer wird
ermittelt.
Auch Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) hält Zelte nicht für die
geeignete Flüchtlingsunterkunft. Asylsuchende, darunter viele Familien
und Kinder, in Zelten unterzubringen, "kann und darf kein Dauerzustand
sein", sagte Köpping und versprach Verbesserungen. Das geht laut
Landesdirektion jedoch nur in kleinen Schritten. Mit der Ankunft
weiterer Dusch- und Toilettencontainer sollen zum Beispiel die
Dixie-Klos bis nächste Woche komplett verschwinden. "Die hygienischen
Bedingungen haben sich schon verbessert", sagte Sprecherin Taube. So
müssten die Toiletten nicht mehr geleert werden, und Zeltbewohner
könnten auch ihre Sachen reinigen.
"Wir sind dabei, den Not- in einen Regelbetrieb zu überführen", sagte
DRK-Sprecher Kai Kranich. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Eva Jähnigen
mahnte vor allem eine bessere Gesundheitsversorgung und Ernährung der
Menschen an. "Die gesundheitliche Versorgung darf nicht allein auf
ehrenamtlichem Engagement fußen", sagte sie. Zudem seien die
Essensportionen zu klein, vor allem für Schwangere, Stillende und
Heranwachsende. "Hier muss schnell Abhilfe geschaffen werden." Familien
mit Kleinkindern und Schwangere sollten zudem schnell in feste Quartiere
umziehen.
Die beiden Uni-Sporthallen im Süden der Stadt bieten unter Umständen
auch die Möglichkeit für Verlegungen, sagte Taube. Dort bauten Helfer
von DRK und Technischem Hilfswerk sowie Freiwillige 605 Feldbetten auf,
sortierten Decken und Schlafsäcke - in erster Linie für Frauen und
Kinder unter den neuen Asylbewerbern. "Es gibt 52 Duschen, 30 Toiletten
und acht Dixie-Klos." Die TU arbeitet nach eigenen Angaben auch an einer
Kinderbetreuung.