Nach Krisengipfel: Lob von Sachsen, Kritik aus Thüringen
Von Andreas Debski und Christian Thiele
Dresden/Erfurt. Die Länder hatten über Monate hinweg auf mehr
Bundesmittel für die Unterbringung von Flüchtlingen gedrungen - nun gibt
es einen Einigung: Beim Flüchtlingsgipfel im Berliner Kanzleramt wurde
gestern eine Verdopplung der Zahlungen auf eine Milliarde Euro zugesagt.
Ab 2016 will sich der Bund dauerhaft an den Kosten bei der Versorgung
von Flüchtlingen beteiligen. Hintergrund ist die steigende Zahl von
Flüchtlingen, die Kreise und Städte vor große Probleme stellt.
Sachsen: Mit Aufstockung zufrieden
Sachsen begrüßte die Aufstockung der Bundeshilfen: "Damit wird den
Landkreisen und kreisfreien Städten die Unterbringung von Asylbewerbern
erleichtert", machte das zuständige Innenministerium gegenüber der
Leipziger Volkszeitung klar. Der Lenkungsausschuss Asyl hatte sich nach
heftiger Kritik aus den Landkreisen und Städten zuletzt auf eine
nochmalige Kostenberechnung geeinigt. Im Freistaat wird in diesem Jahr
mit 20400 neuen Asylanträgen gerechnet (2014: 11786). Sachsen hat für
2015 insgesamt 146 Millionen Euro für Zahlungen an die Kommunen sowie
für Erstaufnahmeeinrichtungen eingeplant - davon sollten bislang 23,5
Millionen Euro durch den Bund übernommen werden. Nach dem gestrigen
Beschluss wird sich diese Summe wohl verdoppeln.
Thüringen: Tropfen auf heißen Stein
Dagegen hielt die Thüringer Landesregierung die vom Bund zugesagte
Aufstockung für nicht ausreichend. "Angesichts der Problemstellungen,
die die Gemeinden und Landkreise zurzeit erledigen müssen, ist das nur
ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Linke) dem MDR. Zudem stamme das Geld aus dem Fluthilfefonds und werde
damit zur Hälfte von den Ländern finanziert, erklärte Ramelow: "Das
bekommen wir als langfristiges Darlehen vom Bund zur Verfügung gestellt,
aber die Länder müssen es selber bezahlen." Auch Migrationsminister
Dieter Lauinger (Grüne) bezeichnete die Erhöhung als zu gering: "Die
jetzigen Ankündigungen werden den Steigerungen der Flüchtlingszahlen
nicht gerecht - eine Erhöhung der Standards bei der Betreuung und
Versorgung gestatten sie schon gar nicht." In Thüringen haben sich die
Ausgaben für Flüchtlinge von 2013 mit 30,6 Millionen Euro auf 44
Millionen Euro im vergangenen Jahr erhöht. Im Haushalt 2015 sind 57
Millionen Euro eingeplant.
Böhlen: Hotel bleibt Flüchtlingsheim
Das Apart-Hotel in Böhlen (Kreis Leipzig) bleibt bis auf weiteres eine
Flüchtlings-Unterkunft. "Aufgrund des weiterhin starken Zustroms von
Asylbewerbern hat sich die Landesdirektion Sachsen entschlossen, die
Nutzung als Interimsunterkunft nochmals auszuweiten", erklärte gestern
Behördensprecherin Jana Klein. Das Hotel war zum Jahresanfang mit rund
hundert Flüchtlingen belegt worden, bis gestern stieg die Zahl auf 183.
Ursprünglich sollte der Betreibervertrag Ende April auslaufen. Das hatte
das Innenministerium vor mehr als vier Monaten versichert, nachdem
bekannt geworden war, dass der Eigentümer ein ehemaliges
Führungsmitglied der rechtsextremen Republikaner ist. Nun rudert die
Landesdirektion Sachsen - trotz gegenteiliger Zusagen - zurück und
spricht von der "zwingenden Notwendigkeit der erweiterten Belegung". Der
Vertrag war zuletzt bis Ende Mai verlängert worden. Zuvor hieß es über
Monate hinweg, dass alle Anstrengungen unternommen würden, "um die
Nutzung des Hotels in Böhlen so schnell wie möglich beenden zu können".