So gewaltbereit sind die Linksextremen in Leipzig Von M. PINTASKE Leipzig – Es waren Szenen, die Angst machen. Angst, in einer Stadt, die gerade fröhlich ihr tausendjähriges Jubiläum feiert: Rund 100 teils vermummte Angreifer haben am späten Freitagabend in der City randaliert. Bewaffnet, gewaltbereit – extrem.
Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz spricht von einem „Gewaltexzess” und verortet die Täter im linksextremistischen Spektrum. Es ist bereits der fünfte Angriff dieser Art in der Stadt in diesem Jahr. Das Entsetzen ist groß, der Ruf nach Konsequenzen wird laut.
Es war Freitagabend, kurz nach 22 Uhr, als sich laut Polizei rund 100 Randalierer in einem Park versammelten. Sie zogen in Richtung Stadtzentrum, zündeten eine Barrikade aus Reifen an, warfen Steine und Molotowcocktails. Unter anderem gingen am Bundesverwaltungsgericht Fenster zu Bruch.
Der Anlass für den Gewaltausbruch blieb zunächst unklar. Die Polizei will einen Zusammenhang mit dem G7-Gipfel in Bayern ausdrücklich nicht ausschließen. „Wir haben sie relativ früh am Ring gestoppt, so dass sie nicht in die Stadt reinkamen“, sagte Polizeipräsident Merbitz. „Sonst wäre vermutlich noch mehr passiert.”
Auch Oberbürgermeister Burkhard Jung (57,SPD) ist entsetzt: „Leipzig hat in der Nacht zu Samstag eine unfassbare Gewalt erleben müssen, eine Gewalt, die mit politischen Zielen nichts zu tun hat. Hier sind Kriminelle am Werk, die mittlerweile auch vor Gewalt gegen Personen nicht mehr zurückschrecken.“
Die Gewalt von Linksextremisten in Leipzig nimmt zu
Bereits am 29. Dezember letzten Jahres versammelten sich am Connewitzer Kreuz rund 250 Menschen zu einer Schneeballschlacht – traditionell zum ersten Schneefall –, die schließlich eskalierte. Brennende Mülltonnen wurden auf die Straße geschoben, Flaschen und Böller nach Polizisten geworfen.
In der Silvesternacht schlossen sich dann rund 300 teils vermummte Linksautonome zu einer Spontan-Demo zusammen, zogen mit einem Plakat mit der Aufschrift: „Nationalismus raus aus den Köpfen“ durch den Süden der Stadt. Wieder flogen Flaschen, Böller und Raketen in Richtung der Beamten.
Es waren Krawalle mit Ankündigung: Zuvor war auf der linken
Internet-Plattform „indymedia“ ein Gewaltaufruf für die Silvesternacht
aufgetaucht.
Nur eine Woche später, am 7. Januar, versuchten etwa 50 Vermummte den Polizeiposten in Connewitz zu stürmen. Sie kamen von beiden Seiten, waren mit Pflastersteinen, Farbbomben und gebogenen Stahlnägeln bewaffnet! Die Panzerscheiben splitterten, hielten aber.
Im Posten damals: zwei Beamte. Sie riefen Verstärkung, während ein Brandsatz in den Einsatzwagen vor der Tür geworfen wurde. Als die herbeigerufenen Kräfte eintrafen, waren die Täter längst geflüchtet. Später bekannten sie sich anonym im Linkenportal „indymedia.org“ zu dem Anschlag.
Die Woche darauf, am 15. Januar, nahm das Ausmaß zu: Mehr als 600 Chaoten zogen randalierend durch Leipzig.
Polizisten wurden mit Steinen und Nebelbomben angriffen, allein am
Amtsgericht gingen 40 Scheiben zu Bruch. Der Schaden: im hohen
fünfstelligen Bereich.
Die Polizei setzte mehrere Hundertschaften aus drei Bundesländern ein. Dennoch konnten nur zwei Randalierer (26, 30) festgenommen werden.
Am 24. April attackierten Chaoten schließlich das Technische Rathaus in Leipzig und bombardierten den Sitz der Ausländerbehörde
mit brauner Farbe und Steinen. Sie schmierten „#stopasyllaw“ an die
Scheiben und verschwanden. Und wieder tauchte kurz nach dem Anschlag im
linken Onlineportal ein Bekennerschreiben auf.
Bei allen Angriffen kam es kaum zu Festnahmen. Den maskierten Tätern gelang immer wieder die Flucht in die Dunkelheit.
Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz überlegt nun eine Soko einzurichten. „Das A und O ist die Präsenz”, sagte Polizeipräsident Merbitz. „Die dürfen überhaupt nicht zur Entfaltung kommen.”
In Leipzig gibt es nach Einschätzung des Polizeichefs eine militante, gewaltbereite, linksextreme Szene. Für die sei es kein Problem, ein paar Hundert Leute zu einer sogenannten Spontandemo zu mobilisieren. Merbitz sagt: „Wenn wir Präsenz zeigen wollen, brauchen wir mehr Polizeikräfte.”
Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) versprach Merbitz „volle Unterstützung bei der verstärkten Arbeit gegen Linksextremismus”. Die Gewaltausschreitungen seien alarmierend. „Die Polizeidirektion Leipzig wird sich die Reihe der Vorfälle genau anschauen. Wir müssen die Strategie bei der Arbeit gegen die linksextremistische Szene überdenken”, erklärte Ulbig.