Ein 64-jähriger Deutsch-Inder beklagt am Verwaltungsgericht Dresden rassistische Auswahlkriterien der Polizei.
Von Alexander Schneider
Er hat es oft erlebt, aber irgendwann keine Lust mehr, es nur einfach hinzunehmen. Biplab Basu, ein 64-jähriger Deutscher indischer Herkunft, klagt vor dem Verwaltungsgericht Dresden gegen die Bundesrepublik Deutschland – wegen der seiner Meinung nach rassistischen Praxis der Bundespolizei, bei Grenzkontrollen gezielt Farbige auszusuchen. Nur wegen seiner dunklen Hautfarbe hätten sich die Beamten von ihm den Pass zeigen lassen. Alle anderen Fahrgäste im Waggon, Weiße, seien nicht behelligt worden. „Das ist erniedrigend.“
Im Juli 2012 reiste Basu im Zug von Prag Richtung Berlin, wo er lebt. Kurz nach der Landesgrenze seien die Beamten zugestiegen und gezielt in das Abteil gegangen, in dem nur Basu und seine Tochter saßen. „Guten Tag, Ausweiskontrolle“, habe der Uniformierte gesagt. Basu war aufgefallen, dass die Beamten im ganzen Waggon nur ihn überprüften. Auf Nachfrage habe der Beamte von einer stichprobenartigen Kontrolle gesprochen. Basu entgegnete, er sei wohl ausschließlich wegen seiner Hautfarbe ausgesucht worden und empfinde dies als rassistisch.
Basu lebt seit 35 Jahren in Deutschland und sagt, er sei daher einiges gewohnt. In solchen angeblich „verdachtsunabhängigen“ Passkontrollen – er habe schon zig in dieser Art erlebt – sehe er sich in seinen Grundrechten verletzt. Daher habe er im Sommer 2013 die Klage angestrengt. Ihm ginge es nicht um das Verhalten einzelner Beamter, sondern um die generelle Praxis solcher „rassistischer Kontrollen“. Gestern fand der Prozess statt.
Die Vorsitzende Richterin Mariette Bastius fragte gezielt nach, wie Basu die Kontrolle empfunden habe, ob sie andere Fahrgäste mitbekommen hätten oder warum er sich mit seiner Klage ein ganzes Jahr Zeit ließ, wenn die Sache ihn so bewegt habe. Sie sagte, sie habe Verständnis, dass der Kläger die Kontrolle als belastend empfindet. „Ob wir das aber auch so sehen, ist eine andere Frage.“ Eine Ausweiskontrolle sei die geringste Maßnahme, die polizeilich möglich ist. Dem widersprach Kläger-Anwältin Maren Burkhardt: „Wenn sich alle Augen auf einen richten, der wegen seiner Hautfarbe kontrolliert wird, ist das diskriminierend.“ Sie warnte vor einer Wiederholungsgefahr. Das Gericht solle diese Kontrolle als rechtswidrig feststellen.
Anwalt Nikolaus Zitzl von der Bundespolizeidirektion Pirna forderte, die Klage abzuweisen. Die Beamten gingen nach verschiedenen Kriterien vor. Bei der geringen Anzahl dieser Kontrollen könne man ohnehin nur von Stichproben sprechen.
Menschenrechtsorganisationen werfen der Polizei vor, gerade an Bahnhöfen und Grenzen Menschen zur Kontrolle auszusuchen, weil sie anders aussehen. Auch in anderen Städten wird derzeit über „racial profiling“ gestritten. Ähnlich wie Basu argumentiert ein Kläger mit indischen Wurzeln am Verwaltungsgericht München.
Die Dresdner Kammer will ihre Entscheidung im Sommer verkünden. Große Hoffnung machte sie Basu nicht. Dem Vernehmen nach war der Eingriff eher nicht sehr gravierend. Sollte die Klage aber zugelassen werden, könnten die bundesdeutschen Kontrollregelungen insgesamt auf dem Prüfstand stehen. Dem Europäischen Gerichtshof sind die gesetzlichen Möglichkeiten zu umfassend. Auch die Europäische Kommission habe ein „Vertragsverletzungsverfahren“ gegen die Bundesrepublik eingeleitet, um die Grundlagen der Grenzkontrollen zu überprüfen, wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts sagte.