[HN] Kundgebung gegen AfD-Veranstaltung mit Alexander Gauland

Rechtspopulismus ist keine Alternative

Deutlich über 100 Menschen aus verschiedenen Spektren folgten am Freitag den 8. Mai 2015 dem Aufruf mehrerer Gruppen gegen eine Veranstaltung der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) mit dem rechten Hetzer Alexander Gauland zu protestieren. Aufgerufen hatten neben der „Organisierten Linken Heilbronn“ (OL), dem „Offenen Antifaschistischen Treffen Heilbronn“ (OAT), dem Kreisverband Heilbronn-Unterland der Partei „Die LINKE“, der „ver.di Jugend Heilbronn-Neckar-Franken“, der „Grünen Jugend Heilbronn“, den „Jusos Heilbronn“ und dem Kreisverband Heilbronn von „Bündnis 90/ Die Grünen“ auch das „Alevitische Kulturzentrum Heilbronn“ und das „Kurdische Gemeinschaftszentrum Heilbronn“.

 

In verschiedenen Redebeiträgen gingen Vertreter*innen der einzelnen Organisationen auf die Rolle der AfD in den aktuellen rassistischen Mobilisierungen und den reaktionären und sozialchauvinistischen Charakter der Partei ein und riefen dazu auf solidarisch gegen die rechte Hetze zusammen zu stehen. Einhellig verurteilten die Redner*innen die Provokation, ausgerechnet am Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus eine Veranstaltung mit einer reaktionären Symbolfigur wie Gauland in einer öffentlichen Räumlichkeit zuzulassen. An einem Infostand des „Sozialen Zentrums Käthe“ und eíner Stellwand des OATs konnten sich Kundgebungsteilnehmer*innen und Passant*innen über rechte und rechtspopulistische Strukturen in Heilbronn und darüber hinaus informieren. Ergänzt wurde der Ablauf der Kundgebung durch das gemeinsame Tanzen eines kurdischen Volkstanzes.

 

Stadt und Polizei zeigten sich derweil wieder einmal von ihrer unsympathischen Seite. Ein massives Aufgebot der „Beweissicherungs- und Festnahme Einheit“ (BFE) der Polizei und des Staatsschutzes sorgten für Drohpotential gegen den antirassistischen Protest. Den Demonstrant*innen wurde ein kleiner, weiß umrandeter Bereich auf dem Heilbronner Marktplatz zugewiesen, während der Hausmeister des Rathauses Menschen mit Wassereinsatz von der Rathaustreppe vertrieb. Bereits eine halbe Stunde nach Kundgebungsbeginn kontrollierte die Polizei zwei Aktivisten unter dem Vorwand sie hätten ohne Erlaubnis fotografiert.

 

Die AfD selbst befürchtete währenddessen auch antifaschistischen Protest im Inneren der Veranstaltung. Türsteher kontrollierten das Gepäck der Zuhörer*innen und verlangten von „verdächtigen“ Personen ihren Personalausweis auszuhändigen.

 

Nur wenige dutzend Menschen fanden ihren Weg in den Heilbronner Ratskeller um Gauland zu lauschen. Währenddessen zeigte auf dem Marktplatz eine bunte Mischung aus Antirassistinnen und Antirassisten ihren vielfältigen Protest gegen die rechte Hetze und trug ihr verschiedenen Visionen einer solidarischen Gesellschaft auf die Straße.

 

Im Anschluss an die Kundgebung veranstaltete das „Offene Antifaschistische Treffen“(OAT) einen Sektempfang mit Häppchen und historischen Bildern der Befreiung aus ganz Europa. Etwa 40 Antifaschist*innen feierten bis tief in die Nacht.

 

Wir dokumentieren an dieser Stelle unseren Redebeitrag auf der Kundgebung:


Liebe Passantinnen und Passanten, liebe Antirassistinnen und Antirassisten,

heute vor 70 Jahren kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos. Die Alliierten hatten gesiegt. Jahre der Zerstörung, der Massenmorde, des Krieges und der Unterdrückung waren damit zu Ende. Der 8. Mai ist darum ein historischer Tag der Freude für alle, die auch heute noch für eine Gesellschaft frei von Rassismus und Faschismus kämpfen.
Ausgerechnet heute veranstaltet der Heilbronner Kreisverband der reaktionären, rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ einen Vortrag mit dem rechten Hetzer Alexander Gauland, wenige Meter von uns im Ratskeller. Gauland ist Gründungsmitglied der „Alternative für Deutschland“ , zur Zeit fungiert er als Sprecher der Partei und ist Vorsitzender des Landesverbandes in Brandenburg.
Gauland verbreitet seine Hetze unter anderem in der rechten Zeitung „Junge Freiheit“.
In seinen dort veröffentlichten Artikeln warnt er populistisch davor, dass der „deutsche Nationalstaat“ sich durch „falsche Einwanderung“ und die „Zerstörung klassischer Bildungsinhalte“ angeblich abschaffe, agitiert gegen Flüchtlinge und den vermeintlichen „Gender – Wahnsinn grün – linker Moralindividualisten“.
Momentan macht Gauland, als einer der Erstunterzeichner und Initiatoren der „Erfurter Resolution“ von sich reden. Diese ist ein Versuch des nationalkonservativen Flügels der AfD rechte Positionen in der Partei mehrheitsfähig zu machen.
In der Resolution kritisieren die Unterzeichnenden den aktuellen politischen Kurs der AfD, womit auch die partielle Distanzierung der AfD – Spitze von der rassistischen Massenbewegung „PEGIDA“ gemeint ist. Gerade Gauland grenzte sich nie vom unverhohlenen Rassismus der „besorgten Europäer“ ab.

Doch auch die herrschende Linie in der AfD unterliegt einer sozialchauvinistischen, rassistischen und sexistischen Logik. Alle, die sich nicht ins Bild scheinbar „deutscher Interessen“ fügen, werden durch die Politik der Partei ausgegrenzt, diskriminiert und als „Menschen zweiter Klasse“ abgestempelt. Homo- und transsexuelle Menschen, Erwerbslose und Linke stehen dabei genauso in der Schusslinie der selbsternannten „Alternative für Deutschland“ wie Migrantinnen und Migranten. Mit ihren rechten Thesen lenken die Rechtspopulisten von den eigentlichen Problemen der deutschen Gesellschaft ab, greifen die Angst vor sozialem Abstieg und Armut auf und nutzen sie für ihr eigene Propaganda.
Trotz oder gerade wegen dieser Politik schaffte es die AfD im Jahr 2014 in gleich drei Landesparlamente, in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, einzuziehen. Im gleichen Jahr erreichte sie 7,1% der Stimme und damit sieben Sitze bei den Europawahlen. Auch an Heilbronn ist dieser deutschlandweite Rechtstrend nicht unbemerkt vorbeigezogen. Im Heilbronner Stadtrat ist die „Alternative für Deutschland“ seit den letzten Wahlen mit zwei Sitzen vertreten.
Aktuell versuchen die Rechtspopulisten ihre Strukturen im Raum Heilbronn zu festigen, sie veranstalten regelmäßig Vorträge und Stammtische und nutzen ihre neu gewonnenen Mandate um ihre Positionen öffentlich präsent zu machen. Immer wieder zeigte sich dabei auch deutlich der reaktionäre Charakter der Partei. So unterstützte der Kreisverband die homophobe „Demo für alle“ in Stuttgart, die von einer Allianz aus Rechtspopulisten und christlichen Fundamentalisten organisiert wurde und an der sich immer wieder auch Faschisten beteiligten.

Der Aufstieg rechter und rechtspopulistischer Parteien ist dabei allerdings nicht auf Deutschland begrenzt. Im Zuge der aktuellen Krise des Kapitalismus erzielen rechte Hetzer in vielen Ländern Europas hohe Wahlergebnisse. Gemeinsam ist der Front National in Frankreich, der FPÖ in Österreich und der PVV in den Niederlanden dabei das Schüren von Ängsten und damit einhergehend von Hass gegen einzelne Bevölkerungsgruppen. Sie bieten vermeintlich einfache Lösungen für die schwerwiegenden Probleme der Menschen in Europa an und lenken mit ihren populistischen Parolen davon ab, das die Grenzen nicht zwischen den Nationen verläuft sondern zwischen oben und unten. Sie spalten dabei diejenigen, die eigentlich solidarisch Seite an Seite stehen müssten, um die immer brutaleren Angriffe der herrschenden Klasse auf ihre Rechte abzuwehren.
Wer seinen Nachbarn erschlägt kann nicht gemeinsam mit ihm kämpfen.

Reaktionäre, wie Alexander Gauland, spielen denjenigen in die Hände, die die Krisenlasten gerne auf die Schultern der Bevölkerung abladen möchten. Ihre Propaganda steht damit in einer Reihe mit anderen Mitteln im Klassenkampf, der von oben schon seit Jahren immer offensiver geführt wird. Sie ist Teil einer Reihe von Angriffen auf die Rechte der Lohnabhängigen, Teil der Austeritätspolitik, die Millionen von Menschen im Süden Europas aber auch in Deutschland in ein Leben in Armut und Elend zwingt und Teil eines reaktionären Rollbacks, eines Generalangriffs auf die Rechte von Frauen, Homosexuellen und Migrant*innen.

Für uns als gesellschaftliche Linke gilt es, diesen Angriffen von oben einen breiten, internationalen und antikapitalistischen Widerstand von unten entgegenzusetzen. Im gemeinsamen Kampf um unsere Rechte und für eine Welt der Solidarität, in der ein gutes Leben nicht nur für eine kleine Minderheit sondern für alle möglich ist, in diesem Kampf weisen wir die reaktionäre Hetze zurück.
Gemeinsam setzen wir der Spaltung und der Hetze der Rückwärtsgewandten unsere Vision von einer solidarischen Gesellschaft und unseren gemeinsamen, antifaschistischen Widerstand entgegen.

Hoch die internationale Solidarität!