Am kommenden Donnerstag, dem 23. April ist einer der Besetzer der Neugasse 17 in Jena wegen Hausfriedensbruch angeklagt. Das Haus wurde am 6. Dezember 2013 besetzt und am 7. Dezember brutal geräumt. Seitdem stand es wieder leer - wie schon die rund zehn Jahre vor der Besetzung. Gegen die drei im Haus Festgenommenen wurde mehrere Tage nach der Räumung erst Strafantrag vom Eigentümer, Jenawohnen, gestellt.
Solidarität mit einem Besetzer der Neugasse 17 - Solidarität mit allen Hausbesetzer*innen
Kurzinfos zu Donnerstag, 23.4.:
- Ab 8 Uhr Kundgebung vorm Amtsgericht Jena: Häuser besetzen sowieso!
- Ab 9 Uhr Hauptverhandlung in Saal 1 gegen einen Besetzer wegen Hausfriedensbruch
- Zur Besetzung -
Am 6. Dezember 2013 wurde nachmittags in der Jenaer Innenstadt die Neugasse 17 besetzt (http://wolja.noblogs.org/post/2013/12/06/jetzt-hausbesetzung-in-jena/). Nachdem mehr als Hundert Menschen sich vor und in dem Haus versammelten und mithilfe von Barrikaden die Neugasse blockierten, hielt die Polizei nach kurzen Aufforderungen, den Ort zu verlassen bis zum Vormittag des 7. Dezember Distanz. Die Besetzer_innen hatten verlauten lassen, nicht auf unseriöse Pseudoangebote einzugehen, sondern sich konkret dieses Haus aneignen zu wollen. Der Geschäftsführer von Jenawohnen Stefan Wosche-Graf und Oberbürgermeister Albrecht Schröter zeigten keine ernsthafte Verhandlungsbereitschaft. Mit dem fingierten Argument, das Haus sei einsturzgefährdet, wurde stattdessen die Räumung angeordnet. Um die Mittagszeit des 07.12. stürmten zwei Züge der Thüringer Bereitschaftspolizei die Straße, prügelten die weiterhin rechtmäßig angemeldete Kundgebung weg und räumten das besetzte Haus (Chronologie der Ereignisse: http://wolja.noblogs.org/post/2013/12/07/hausbesetzung-der-neugasse-17-b...). Im Haus wurden drei Personen festgenommen und wegen Hausfriedensbruchs zum Verhör auf die Polizeiinspektion gebracht.
- Zu den Strafverfahren -
Nachdem Jenawohnen Strafantrag gegen die drei Festgenommenen stellte, bekamen zwei von ihnen mehrere Monate später Strafbefehle wegen Hausfriedensbruch. Gegen einen der beiden wurde Einspruch eingelegt; eine Ladung zur Hauptverhandlung steht bisher noch aus. Die dritte Person erhielt gar keinen Strafbefehl. Gegen diese Person wurde nun Anklage erhoben und die Verhandlung auf den 3.3. terminiert. Somit fällt am kommenden Dienstag die Justiz ihr erstes Urteil über die Strafbarkeit bzw. Höhe der Strafbemessung für das Betreten der seit mindestens zehn Jahren leerstehenden Neugasse 17 und gleichzeitig den Willen der Besetzer*innen zur Errichtung eines öffentlichen "Raumes für Debatte und Intervention - Infocafe Wolja".
- Zum Geschehen am Donnerstag -
Ab 8 Uhr startet direkt vor dem Haupteingang zum Jenaer Amtsgericht (Rathenaustr. 13, am Westbahnhof) eine Kundgebung, die für die gesamte Dauer der Verhandlung angemeldet ist. Es kann an diesem Tag nicht darum gehen, sich auf ein irgendwie als glimpflich zu verklärendes Ende der Gerichtsverhandlung zu konzentrieren. Wenn die Justiz schon Menschen in ihre Gebäude zwingt, dann sollte vorne an der Versuch stehen, sich möglichst viel dieser Räume selbst anzueignen. Daher wird mit der Kundgebung die Solidarität mit dem Angeklagten Besetzer und allen anderen bekundet und die Verhandlung als Raum für Politisches begriffen. Interessant dürfte in diesem Zusammenhang neben der Positionierung des Angeklagten die Vernehmung der geladenen Zeugen von Polizei und Jenawohnen werden. So sind u.a. der Jenaer Staatsschutzkommissar Tuche und JenaWohnen-Geschäftsführer Wosche-Graf als Zeugen geladen (http://wolja.noblogs.org/post/2015/02/07/update-repression-strafbefehle-...).
Wer die Auseinandersetzungen um die Strafbarkeit von selbstorganisierten Raumaneignungen außerhalb der Eigentumsordnung spannend findet, der_die sei dazu aufgerufen, den Angeklagten im Saal zu unterstützen und sich selber Gedanken und Pläne zu machen, wie dort eigene Akzente gesetzt werden können. Wer das lieber bei frischer Luft und weniger beklemmender Atmosphäre tut, sei dazu ermuntert, die Kundgebung mitzugestalten.
Es empfiehlt sich, frühzeitig zu kommen, da die Einlasskontrollen erwartungsgemäß eine Weile dauern. Bringt eure Ausweise mit und lasst alles Kriminalisierbare zu Hause.
Weitere Infos und Hintergründe unter: wolja.noblogs.org
Solidarität mit allen Besetzer*innen - von Jena über Berlin nach Hamburg, Dortmund und darüber hinaus !
Während sich in Jena bislang die staatlichen Reaktionen auf die Besetzungen (im Juli 2014 wurde mit der Carl-Zeiss-Straße 11 ein Gebäude der uniklinik besetzt und 24h später ebenfalls brutal geräumt http://wolja.noblogs.org/post/2014/07/01/erklaerung-zur-hausbesetzung-de...) auf physische Gewalt und Strafbefehle wegen Hausfriedensbruch beschränkte, haben Besetzer*innen andernorts mit viel weitreichenderen Folgen zu kämpfen. Da deren Kämpfe genauso unsere sind, darf hier ein - notwendigerweise unvollständiger - Aufruf zur Solidarisierung mit den Betroffenen und zur Verknüpfung unserer Kämpfe nicht fehlen.
In Berlin sitzen weiterhin drei Besetzer der Schule an der Ohlauer Straße in U-Haft: http://oplatz.net/2015/04/01/drei-unserer-freunde-sind-angeklagt-pressem...
In Greifswald wurde die Brinke 16-17 im November 2014 geräumt: http://brinke16bis17.de/wordpress/?p=768#more-768
In Hamburg sind mehrere Besetzer*innen infolge der Aneignung der leerstehenden Breiten Straße 114 wegen versuchten Totschlags angeklagt, eine*r sitzt noch immer in Untersuchungshaft: http://breitesoli.noblogs.org/
In Bremen wurde vor Kurzem das Alte Sportamt für besetzt erklärt: https://altes-sportamt.de/
In Hannover wurde im Dezember 2014 die Im Moore 6 besetzt und geräumt: https://linksunten.indymedia.org/de/node/129000
In Wuppertal wurde im August 2014 die Marienstraße 41 besetzt und geräumt: http://www.az-wuppertal.de/2014/09/03/zur-hausbesetzung-am-30-august-auf...
In Dortmund wurde vor knapp einer Woche der im Rahmen der Freiraumtage besetzte Supermarkt geräumt: http://avantizentrum.noblogs.org/post/2015/04/11/polizei-raumt-besetzten...
Und es gibt noch so viele mehr, deren Kämpfe uns inspirieren und deren negative Konsequenzen wir kollektiv und solidarisch tragen sollten.
Unterstützt eure lokalen Hausbesetzer*innen und nehmt euch, was ihr braucht!