Verfassungsgericht fordert mehr Beweise

Erstveröffentlicht: 
24.03.2015

NPD-Verbotsverfahren: Karlsruhe will Klarheit darüber, ob die Partei weiter ausgespäht wurde

 

Von Dieter Wonka

 

Berlin/Karlsruhe. Der vom Bundesrat am 14. Dezember 2012 beschlossene und ein knappes Jahr später beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereichte Antrag auf ein NPD-Verbot reicht in seiner Substanz den obersten Richtern nicht aus. Wie schon 2003, als das erste Verbotsverfahren gescheitert war, ist auch jetzt der Umgang mit den V-Leuten des Verfassungsschutzes ein zentrales Problem.


In einem vierseitigen Beschluss forderte das Bundesverfassungsgericht jetzt den Bundesrat auf, er möge "darstellen und belegen", wie die verdeckten Informanten aus der NPD-Szenerie zurückgezogen worden seien. Nach dem Urteil von 2003 ist ein neues Verbotsverfahren nur dann möglich, wenn dies auf Material beruht, das die Verfassungsschutzbehörden nicht über V-Leute aus der NPD bezogen haben. Es mussten also vorher alle V-Leute, die auf NPD-Funktionäre angesetzt waren, abgezogen werden.


Die Länder hatten die entsprechenden Testate über ihre Innenminister "erst auf ausdrückliches Insistieren der Antragsgegnerin vorgelegt", hatte der Prozessbevollmächtigte der NPD bei Gericht zuvor beklagt. Die Vizepräsidentin des Bundestages, Petra Pau (Linke), sprach bereits von der "V-Mann-Falle", in die die Antragsteller erneut getappt seien. CDU-Bundesvize Thomas Strobl sagte dieser Zeitung: "Es hat seine Gründe, weshalb der Deutsche Bundestag sich dem damaligen Verbotsantrag nicht angeschlossen hat. Unser Unbehagen, ein Verbotsverfahren anzustrengen, bleibt." Der richtige Ansatz sei, die NPD politisch zu bekämpfen. "Die NPD wird zunehmend bedeutungsloser, wie ihre Ergebnisse bei den letzten Wahlen gezeigt haben. Das bestätigt unsere Linie", betonte Strobl.


Ausgerechnet Hessen, das sich als einziges Bundesland beim Beschluss zum NPD-Verbotsantrag enthalten hatte, ist derzeit federführend für den Fortgang des Verfahrens. Das hessische Innenministerium hatte bei einer Besprechung im Kreis der Innenminister ein wachsendes Unbehagen der Prozessbevollmächtigten des Bundesrats bekundet - weil das Verfahren in Karlsruhe sich so lange hinzieht. Der hessische Berichterstatter für die Innenministerkonferenz hatte bereits dafür geworben, die Materialsammlung der Länder gegen die NPD in jedem Fall noch einmal fortzuschreiben und zu aktualisieren.


Der Anwalt der NPD, Peter Richter, hatte Anfang März in einem Schriftsatz an das Gericht schlüssige Beweise dafür verlangt, dass er selbst - inzwischen auch NPD-Funktionär - nicht Gegenstand nachrichtendienstlicher Beobachtung geworden ist. Daraufhin hat Karlsruhe nun offenbar eine Nachbesserung der Unterlagen der Antragsteller verlangt. Die Richter wollen Klarheit darüber, dass keines der Erkenntnisse, die jetzt zum Verbot der Partei führen sollen, über den Weg von V-Leuten gewonnen wurde. Das Problem ist, dass die Innenministerien dafür die Arbeitsweise ihrer Verfassungsschutzämter offenlegen müssten - ein Schritt, den die Innenminister nur höchst ungern tun.

 


 

Rechtsextreme treffen sich in Russland


Rechtsextreme Internationale: Zum Entsetzen russischer Juden haben Rechtsextreme und Ultranationalisten aus vielen Teilen Europas und den USA in St. Petersburg am vergangenen Sonntag einen Kongress veranstaltet. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, dass Präsident Wladimir Putin über das Forum informiert worden sei. Die Föderation der jüdischen Gemeinschaften Russlands kritisierte die Teilnahme von Rechtsextremen unter anderem aus Österreich, Frankreich und Italien. Medien zufolge hatten die französische Partei Front National und die österreichische FPÖ ihre Zusagen zu einer Teilnahme zurückgezogen, weil sie daheim Wahlen organisieren mussten. Laut Rednerliste trat bei dem Forum der deutsche EU-Parlamentarier Udo Voigt (NPD) auf. Auch Referenten aus Griechenland, Belgien und Schweden wurden genannt. Die Polizei hatte bei Protesten von Antifaschisten am Sonntag vier Menschen festgenommen. Es sei "zynisch", ein solches Forum in der einst von Nazis belagerten Stadt abzuhalten, kritisierte die Föderation der jüdischen Gemeinschaften Russlands.