KÖLN/DÜSSELDORF – „Für nächsten Montag sind KEINE offiziellen PEGIDA Spaziergänge in NRW geplant! Der Spaziergang in Düsseldorf findet nicht statt!“ und „Veranstaltung steht und ist genehmigt! Wir werden jeden Montag in Düsseldorf spazieren.“ Diese beiden Statements finden sich auf den Facebook-Seiten verschiedener Grüppchen, die für sich in Anspruch nehmen, PEGIDA in NRW zu vertreten.
Die Heumanns treten ab
Der Spaltung ist ein Streit innerhalb des „Orga-Teams“ von PEGIDA NRW vorausgegangen. Bereits im Dezember hatte der Düsseldorfer AfDler Alexander Heumann seinen Rückzug aus dem Gremium öffentlich gemacht. Der Rechtsanwalt hatte diesen Schritt mit der designierten PEGIDA-Pressesprecherin Melanie Dittmer und ihrer Aussage gegenüber „Spiegel-TV“ , für sie sei „es auch völlig unerheblich, ob es den Holocaust gegeben hat oder nicht“, begründet. Daraufhin zog seine Frau Angela Heumann die Anmeldung für den nächsten Termin in Düsseldorf am 12. Januar zurück, die Veranstaltung wurde aber aus dem Kreis um Melanie Dittmer sofort neu angemeldet.
Melanie Dittmer wird rausgeworfen
Nach der Veranstaltung am 5. Januar in Köln, bei der die Anzahl der Teilnehmenden weit hinter den Erwartungen der OrganisatorInnen zurückblieb und der geplante „Spaziergang“ von GegendemonstrantInnen verhindert worden war, krachte es weiter im „Orga-Team“. Dittmer kritisierte das schnelle Einknicken ihrer Mitorganisatoren Sebastian Nobile und “Marco Carta”, nachdem die Polizei mitgeteilt hatte, der Spaziergang könne aus Sicherheitsgründen nicht stattfinden. Die beiden, so Dittmer, hätten sich von der Polizei „einlullen lassen“. Dies habe zum Zerwürfnis geführt. Um sie „abzustrafen“, habe man ihr dann die Rolle der Pressesprecherin entzogen und ihr gesagt, dass sie keine Demonstrationen mehr anmelden und auch nicht mehr als Rednerin auftreten dürfe. Dittmers Reaktion: „Wer mich kennt, weiß, dass ich mich nicht einfach so abwatschen lasse von jemandem der nie mit Politik zu tun hatte wie Carter sowieso nicht. Vielleicht klappt seine Attitüde ja im Rockerclub wo er Mitglied war. Aber derartige Einschüchterungsversuche wie: ‘Du weiß gar nicht, mit wem Du Dich anlegst und was ich für Leute kenne. Sei vorsichtig.’, fruchten bei einer gestandenen Straßenaktivistin bei mir nicht.“
Rocker und Rechtspopulisten
Der Vorwurf, “Marco Carta”, der auch als “Marco Probach” durch das Internet geistert und zeitweise als „Teamleiter“ von PEGIDA NRW bezeichnet wurde, habe Kontakte ins Rockermilieu, wird auch durch Einträge auf Facebook gestützt. Dort richtete er im Dezember 2013 als „Marco Chicanos Unna“ Grüße an ein anderes Chapter der „Chicanos“, einem Unterstützerclub der „Bandidos“. Fotos zeigen ihn in der Kluft eines „Prospects“ (Anwärters) zusammen mit weiteren Rockern. In Unna wurde im Dezember auch ein PEGIDA-Ableger namens „Unna gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (UNGIDA) gegründet.
Kein Hakenkreuz im Mülleimer
PEGIDA NRW verkündete nach dem Zerwürfnis in einer Erklärung lapidar: „Nach inneren Streitigkeiten, aber auch inhaltlichen Differenzen, was die Ausrichtung und Parteilichkeit von PEGIDA-NRW angeht, sind wir sowohl vor Ort, als auch in Rücksprache mit der Orga in Dresden zu dem Schluss gekommen, dass dieser Schritt notwendig ist, wenn auch sehr unangenehm.“ Dittmer habe gute Arbeit geleistet, wofür man ihr danke. Der neue Pressesprecher Sebastian Nobile hingegen plaudert in einem Statement auf Facebook aus dem Nähkästchen. Das BOGIDA-Transparent habe auf Dittmers Bestreben hin im leicht abgeänderten Design als die übrigen PEGIDA-Transparente gedruckt werden müssen – nämlich ohne den Mülleimer, in dem sich unter anderem in extremismustheoretischer Manier sowohl ein Antifa-Logo als auch ein Hakenkreuz befinden. Dittmer habe nicht gewollt, „dass ein Hakenkreuz im Mülleimer zu sehen ist, um ‘bestimmte Leute’ nicht vor den Kopf zu stoßen (zu denen sie schon lange gute Kontakte pflegt und die sie wohl von den Demos nicht abschrecken wollte)“.
Wer ist denn nun das Volk?
Wohl aufgrund dieser Streitigkeiten verkündet PEGIDA NRW nun, es werde am 12. Januar keine „autorisierte“ Veranstaltung in Düsseldorf geben. Allerdings sei man „bereits in der Planung für neue, regelmäßige Spaziergänge in NRW, im Sinne PEGIDAs“. Man “arbeite mit Hochdruck” an einem eigenen “Spaziergang”, Details würden “noch in dieser Woche bekannt gegeben”. Dittmer ihrerseits verkündete, dass es ab dem 12. Januar wöchentliche montägliche „Spaziergänge“ in Düsseldorf geben würde. Angemeldet wurden diese bereits bis Ende April (sogar am Rosenmontag), Startpunkt ist nicht mehr der Landtag, sondern der Hauptbahnhof (das Antifa-Infoportal Düsseldorf berichtete). PEGIDA NRW wirft Dittmer die „missbräuchliche Verwendung des Namens DÜGIDA“ vor. “Demonstrationen von Frau Dittmer” würden “weder befürwortet, noch mitgetragen oder verantwortet”. Dittmer hingegen beharrt: „Wir sind noch dasselbe Team bis auf zwei Personen und wir machen das für Euch! Alles bleibt wie bisher. Und wird sogar noch besser. Jetzt jeden Montag in Düsseldorf!“
Nach dem mörderischen Anschlag in Paris kündigte zudem die Gruppierung “Köln gegen Islamisierung und den Asylmissbrauch – KÖGIDA” an, sich “mit neuem Konzept und Orga-Team” am “politischen Widerstand gegen die Islamisierung” zu beteiligen, in Vorbereitung seien wöchentliche “Abendspaziergänge” ab dem 14. Januar. Hinter “Köln gegen Islamisierung und den Asylmissbrauch” dürfte erneut der Kreis um das “pro NRW”-Parteivorstandsmitglied Melanie Dittmer stecken, die Kölner Aktionen werden ebenso wie die Düsseldorfer von “pro NRW” beworben. Auf den offiziellen PEGIDA-Seiten findet sich erwartungsgemäß keinerlei Werbung für diese Aktionen, die Facebook-Seite von “Köln gegen Islamisierung und den Asylmissbrauch – KÖGIDA” ist im Gegensatz zur reaktivierten Facebook-Seite der PEGIDA Region Köln-Düsseldorf zudem nicht als offizielles PEGIDA-Sprachrohr ausgewiesen. Ob die “Wir sind das Volk” skandierende AnhängerInnenschaft der offiziellen und nichtoffiziellen PEGIDAs dieses Chaos durchblickt, sich ebenso aufspaltet oder sich sogar teilweise angenervt zurückzieht, bleibt noch abzuwarten.
Update 1 vom 9. Januar 2015, 17.00 Uhr
In einer Pressemitteilung von heute Nachmittag teilte PEGIDA-NRW-Pressesprecher Sebastian Nobile mit, “dass sämtliche Veranstaltungen, die unter den Namen KÖGIDA, BOGIDA und DÜGIDA angemeldet und durchgeführt werden, keine PEGIDA-Kundgebungen mehr” seien, da sie von “Melanie Dittmer und Akteuren aus der Partei Pro NRW für ihre eigenen Zwecke gekapert” worden seien. PEGIDA NRW werde “seine nächste offizielle Veranstaltung am 19.01.2015 im Ruhrgebiet haben”.