Herbstmilch hinter der Staumauer der Freiheit

Herbstmilch hinter der Staumauer der Freiheit

Wenn ein Schwan Milch aus dem Wasser trinkt, dann trinkt er nur die Milch und es bleibt klares Wasser zurück. Dem Wasser ist es dabei egal um was für eine Art Milch es sich handelt, Hauptsache sie ist für den Vogel optisch wenigstens so klar auszumachen wie der Mond mit Hof. Der Anti-Kinderarbeits-Aktivist, der sich dieses Sprachbild ausgedacht hat, war genötigt als menschliches Schutzschild für ein militärisches Munitionslager zu arbeiten. Der große Wasservogel ist dem Unglück eine Nasenlänge voraus und macht wieder gut was unwiederbringlich verschüttet erscheint. Ist er allerdings nicht ohnehin bereits zur Stelle, wartet man wohl umsonst darauf. Aber wer meint auf unlautere Weise Tatsachen schaffen zu können muss sehen dass das von Grund auf vergebens ist. Das ist ein Bild der Kämpfe um Paris, wobei die Stadt die Wasseroberfläche, die informelle Vorhut der islamischen Aufstandsbewegung der Schwan und die dem muslimischen Eingriff vorausgehende Propaganda die Milch sind – und weil es diejenige aus der Todesfuge ist musste es auch ein Todesschwan sein.

 

Auf der anderen Seite der Steckdose ließe sich formulieren: Wäre Europa sein Stromnetz, dann entsprächen die Ereignisse von Paris dem Durchknallen einer Sicherung. Dem ging eine propagandistische Überbelastung voraus, die andernfalls irreparable Schäden angerichtet hätte. Nach Wiederherstellung des Überbelasteten und Auswechselung des Schaltelements stellt sich nun die Frage nach dem Auslöser des Vorfalls. Denn von dem ist nur klar dass er außerhalb dessen selbst aber innerhalb von dessen Tragweite liegt, es handelt sich also um eine Sanktion mit Datenschutz – die Angriffsziele sind nur passende Statisten, da die realen Täter, bestimmte Einzelpersonen des Staatsapparats, nicht direkt angreifbar sind ohne die von ihnen Geschädigten zu gefährden.

Was in Paris der Fall ist, ist die Karikatur einer Karikatur. Der totalitäre demokratische Staatsapparat quält die Menschen mit verdeckten Sinnentstellungen, denen diese nicht offen entgegentreten können ohne sich damit selbst ihrer Persönlichkeit zu berauben, und an ihrer Stelle stellt sich Muhammad als sich wehrendes Angriffsziel in die aufgepeitschte Öffentlichkeit. Dem christlichen Bericht zufolge soll Jesus am Kreuz die Sünden der anderen getragen haben. Muhammad am Pranger der Leitkultur hingegen trägt die Unschuld der anderen, daher tragen diejenigen die sich an ihm abarbeiten die Schuld von Dritten.

Der Karikaturist wird mit seinem Blut selbst zum Zeichenstift in der Hand dessen den er zeichnet, und von höherer Gewalt ergriffen um die Schändung derjenigen zu karikieren die sich dagegen nicht direkt wehren können weil sie damit einen Wahrnehmungs-Tsunami auf sich zögen. Der sogenannte Terrorismus ist lediglich die invertierte Fortsetzung des verdeckten Terrors mit offenen Mitteln, in dieser Abbildung auf den abstrakten Tatbestand ohne personenbezogene Einzelheiten reduziert. In der Öffentlichkeit ist nur zu sehen: Muslime, die als Extremisten diffamiert werden, begehen Gewalt – doch das Bild das diese Gewalt von den Vorgängen unter der Oberfläche und ihren Folgen zeichnet muss erst erkannt werden.

Und das obwohl solch offene Gegen-Gewalt ja gerade dazu dient all das von falschen Händen eingestreute Material schadlos wieder herauszunehmen. Zweck des Ganzen ist es, einen großangelegten demokratisch-staatlichen Identitätsbetrug in seiner Tragweite und Stoßrichtung offenzulegen und zu vereiteln, ohne lawinenartig Aufmerksamkeit darauf zu lenken wo und in welchem Gewande sich dieser abspielt. Ort und Ausstaffierung sind nachrangig, in der Veranschaulichung geht es allein darum die Dimension des Verbrechens wiederzugeben. Und der französische Staat hat mit seinem Schießbefehl gegen die offenbar ohne Abschlusstaktik ausgezogenen Kämpfer auch das Urteil über die Geschehnisse unter der Oberfläche gegeben, dessen Gewinnung sich die Helden von Paris geopfert haben.

Der Aggregatzustand der Freiheit, von der jetzt auf einmal so inflationär die Rede ist, ist der reinen Quellwassers. Es handelt sich um ein Naturrecht und nicht um ein Produkt das von einer „Terrorabwehr“ o. ä. hergestellt werden würde. Freiheit wird vom Staat nicht gewährt oder verweigert, sondern anerkannt oder missachtet. Die Freiheit der Andersdenkenden ist ein doppelter Prüfstein dafür ob der Begriff natürlich oder entfremdet gemeint ist, sowohl in subjektiver wie in objektiver Hinsicht. Freiheit bedeutet von dieser Warte aus zuallererst das eigene Wort nicht dazu zu missbrauchen Andersdenkenden das ihre im Mund herumdrehen zu wollen.

Deswegen beschränkt sich die Karikatur als politische Ausdrucksform auf die Lebenden und unter diesen auf diejenigen die sich selbst darstellen, so dass ein weiteres Bild nur Teil eines selbstbestimmten Ganzen ist. Obwohl Muhammad eine sehr öffentliche Person ist, ist es wegen des Abbildtabus der Muslime bei ihm so wie bei einer öffentlichkeitsarmen Person, das hinzugefügte Bild ist gleich das Ganze, doch anders als bei der öffentlichkeitsarmen Person steigt sein Öffentlichkeitsgrad nicht an. Daher kann es sein dass dessen Entstellung zuerst keine Beachtung findet, wenn es stellvertretend für diejenigen die sich nicht offen wehren können erforderlich wird aber scheinbar unvermittelt doch.

Der Karikaturist begibt sich also in die Lage dessen der im Regenrückhaltebecken parkt, wie die Wohnungslosen in der amiländischen Geldspielstadt Lasvegas – es könnte ein Unwetter ohne Warnung geben, darüber darf man sich keine Illusionen machen. Die jeweiligen Auslöser dafür liegen außerhalb der Öffentlichkeit im Verhalten des Staatsapparats gegenüber den Menschen. Da wo dieser seine Position jenen gegenüber missbraucht um die Freiheit der Andersdenkenden zu ersticken, die zu gering ist sich dagegen zu wehren, begibt sich Muhammad vor sie in die Rolle des Opfers, weil er sich daraus wieder zurückziehen kann, anders als diese.

Leider sind die dem Schwanen-Auftritt folgenden Aufmärsche des Entsetzens weit davon entfernt das zu verstehen, es ließe sich daher auch sagen es handelt sich um blanke Zeitverschwendung. Die Freiheit von der da die Rede ist ist eine Freiheit der Geringschätzung, man karikiert diejenigen die darüber stehen weil man sich aus eigener Kraft nicht über diese zu erheben vermag und doch selbst darin wiedererkennen mag. Angemessen wäre hier der Verzicht gewesen – doch jetzt wo alle aufgewühlt sind wäre es besser nicht von Freiheit zu reden als wäre die Sache unveranlasst geschehen.

Die Aufgewühltheit ist ja gut, denn so kann dem Vorgefallenen auf den Grund gegangen werden ohne dass ein Opferfokus eingenommen wird. Das tatsächliche oder vermeintliche oder zufällig oder absichtlich unklare Opfer verschwindet im Gesamtbild der Situation hinter Muhammad, so dass die repressive Toleranz hilflos auf sich allein gestellt ist. Der feige Angriff aus der taktischen Überlegenheit heraus auf irgendwen der sich nicht davon definieren lassen möchte wurde durch sein Spiegelbild vereitelt, die Karikaturisten selbst zu Stiften mit denen ein größeres Bild gezeichnet wurde ohne gleich Morsezeichen in Elektronik-Schrott zu ätzen. Die anschließende Wiederkehr des Musters dauert nur an bis sich die Oberfläche beruhigt hat.

Was ist das für ein unsichtbarer Übergriff des Staatsapparats, dessen Konturen von der islamischen Entwicklungsmethode sichtbar gemacht werden wie auf dem Grabtuch von Turin? Wie immer wenn die Sicherungen herausfliegen muss es zu einer Kraftprobe mit positivem Triumph des Willens gekommen sein. Was an der Oberfläche geschehen ist, ist ein von weitem verzerrtes Echo der Pariser Kommune, doch die französischen Muslime haben mehrere Fehler gemacht. Da ist zum einen die schlecht vorbereitete Absicherung für den Fall dass der erwartete alles umwerfende Effekt von einer Schockstarre gedämpft ist. Die Karikaturisten ahnten ja wenigstens zum Teil nicht was sie riskierten und dementsprechend krampfartig sind die Gegenreaktionen. Zur fehlenden Rückzugsstrategie kommen irregeleitete hierarchische Vorstellungen.

Man kann kein Schiff vom Mastkorb her bauen und keine Lotsen anwerben ohne offen über Weg und Ziel zu reden. Es muss erst das Vorhaben von seinen Grundlagen her selbsterklärend aufgebaut werden. Wenn die Gesellschaft dafür zu totalitär ist, dann sollte man auf den Schiffbau solange verzichten. Wer andere mit dem zu bestechen versucht was ihnen sowieso gehört macht sich nur lächerlich. Auf keinen Fall sollte man vergessen was man sucht. Nur so kann sich der Lotse absichern dass sein Tun nicht auf Betrug gebaut ist. Wenn sich Zweck und Mittel gegenseitig beißen weil sonst nichts zu erreichen ist, dann ist es angemessen aufzuschieben was sich nicht allein vollenden lässt, oder aber kleinere Brötchen backen. Es hat nichts Wahres im Falschen Bestand, und dass die Totalität nachlassen muss steht außer Zweifel, fraglich ist nur wann und mit welchen Todesfolgen das geschieht.

Der Fall Frankreich zeigt dass das Problem ist dass das Eindringen des Staates in das Leben der Menschen nicht nur nicht innehalten will, sondern auch nicht kann. Daher der Kurzschluss, und der mit der Nase wahrnehmbare Spannungsüberschlag, die Sicherheitsabschaltung und die Urteilsabfrage zum Gegenstand der Skizze. Die Entsetzens-Marschierer wollen eigentlich nur dass ihnen aus dem Chaos Heilung erwächst, und denken nicht weiter an morgen, aber all das was sich da als Solidaritätsveranstaltung auftischt ist von der Freiheit der Andersdenkenden so weit entfernt wie die Karikaturisten selbst. Nur ein kahler Baum kann es bei Sonnenschein regnen lassen, und nur an dem Tag im Frühling den er als Organismus in seiner natürlichen Umgebung selber vorgibt läuft sein Lebenssaft über. Nur eine öffentliche Person mit Abbildtabu kann eine jedem Andersdenken völlig verschlossene Totalität anfassen ohne sich daran zu verbrennen, und nur in Selbstbestimmung. Sind derartige Karikaturen von der Warte der Wahrheit aus betrachtet die toten Bäume wert, selbst wenn es keinen Anlass für die Gestalt des Mohammed gäbe stellvertretend für andere zurückzuschlagen?

PS: Nein. Angemessen wäre es gewesen den obersten Geistlichen der öffentlich kondoliert hat mit Krokodilstränen zu zeichnen, oder auch den arabischen Thronfolger oder einen seiner Ölmanager. Hätte ein islamisches Medium ein westliches Schwergewicht wirtschaftlicher oder staatlicher Art als dornengekrönten Jesus dargestellt, müsste es sich ebenfalls das Etikett „Lügenmedium“ gefallen lassen, oder auch „Lückenmedium“ wegen der damit ausgedrückten kulturellen Bildungslücke.

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