Dresden: Anti-Islam-Bündnis Pegida bringt 15000 Menschen auf die Straße

Erstveröffentlicht: 
16.12.2014

5600 Gegendemonstranten fordern weltoffene Stadt und Toleranz in der Asylpolitik

 

Dresden/Leipzig. Trotz der bundesweiten Kritik verzeichnet das rechtspopulistische Pegida-Bündnis weiter Zulauf. Laut der Polizei folgten gestern Abend in Dresden rund 15000 Menschen dem Demonstrationsaufruf der Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) und gingen unter anderem gegen eine angebliche Überfremdung sowie für ein schärferes Asylgesetz auf die Straße. Es war die neunte und bisher größte Pegida-Demonstration in Folge. Am Montag vor einer Woche waren in Dresden mehr als 10000 Pegida-Teilnehmer gezählt worden.


An Gegenkundgebungen, zu denen die Bündnisse "Dresden für alle" und "Dresden Nazifrei" aufgerufen hatten, beteiligten sich gestern laut der Polizei mehr als 5600 Menschen. Sie demonstrierten für Weltoffenheit und Toleranz. Dem Marsch vom Bahnhof Neustadt zur Semperoper schlossen sich auch die Grünen-Bundesvorsitzenden Simone Peter und Cem Özdemir an.


In Zusammenhang mit der Dresdner Mobilisierung rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bürger auf, die Ziele der Anti-Islam-Bewegung Pegida kritisch zu hinterfragen. Jeder Teilnehmer der Kundgebungen müsse "aufpassen, dass er nicht von den Initiatoren solcher Veranstaltungen instrumentalisiert wird", sagte Merkel. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) rief Politiker auf, auf die demonstrierenden Pegida-Anhänger zuzugehen. Die Politik müsse besser erklären, "warum wir Zuwanderung brauchen". Neonazis müssten energisch bekämpft werden, doch man könne nicht Zehntausende kriminalisieren, sagte er im Deutschlandfunk mit Blick auf die teils nachdrückliche Kritik seiner Parteikollegen an den Pegida-Märschen.

 

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte die Demos als "Schande für Deutschland" bezeichnet. "So einfach ist die Antwort nicht", so Thierse. Auf "Entheimatungsängste" und Ängste, die der islamistische Terror erzeuge, müsse eingegangen werden. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, kritisierte die Nähe der rechtskonservativen Alternative für Deutschland (AfD) zu Pegida. "Sorge bereitet mir, dass AfD-Funktionäre sich mit den Pegida-Protesten solidarisieren", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Unter den Dresdner Pegida-Demonstranten war gestern auch Alexander Gauland, AfD-Landespartei- und Fraktionschef in Brandenburg.


Nachdem sich immer mehr abzeichnet, dass die Demos nicht auf Dresden beschränkt bleiben, formiert sich besonders in Leipzig Widerstand gegen den Pegida-Ableger "Legida". "Wir werden in Leipzig am 12. Januar eine breite Gegenbewegung auf die Beine stellen", sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) der LVZ. Er reagierte auf eine angekündigte "Legida"-Demonstration. Er rufe die Leipziger dazu auf, deutlich zu zeigen, dass "wir zu dem Recht auf Asyl stehen". Jung: "Selbstverständlich werde ich mich einreihen." Leipzig sei seit 1000 Jahren eine offene und gastfreundliche Stadt, der es so gut wie nie seit 1989 gehe. "Wer jetzt Ausländerhass und Intoleranz schürt, der setzt diese ausgesprochen gute Entwicklung mutwillig aufs Spiel", sagte der OBM.