Breiter Widerstand gegen Neonazimarsch in Stralsund

Let's fight white pride!

Unerwartet viele Gegendemonstranten traten Neonazis am Samstag in Stralsund entgegen. Rechter „Fackelmarsch“ wurde mehrfach blockiert. Erneut gewalttätige Übergriffe durch die Polizei. Letzten Endes mussten die rund 100 Neonazis ihre Marschroute verkürzen, obwohl die Polizei wieder einmal alles daran setzte die faschistische Veranstaltung gegen intensiven Widerstand durchzusetzen.

 

Zuvor versuchten rund 700 Nazigegner_innen immer wieder den Aufmarsch zu blockieren. Bereits am Hauptbahnhof, dem Startpunkt des „Trauermarschs“, probierten Antifaschist_innen die größtenteils herangekarrten Neonazis einzukesseln. Die Polizei drängte die Menschen jedoch ab und führte den Marsch auf der vorgesehenen Route Richtung Theater. Dort sammelten sich ca. 400 Menschen, die den Weg in die Altstadt versperrten. Neben einigen angereisten Demonstrant_innen, waren es vor allem Stralsunder_innen, die den Marsch an dieser Stelle maßgeblich behinderten. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Polizeiführung gute Argumente gehabt, um den Aufzug zum Hauptbahnhof zurückzuführen. Stattdessen suchten die Einsatzleiter und Hundertschaftsführer fieberhaft nach Ausweichmöglichkeiten und führten die Neonazis letztlich an einer schmalen Uferpromenade entlang. Danach gewann der Abend mehr und mehr an Dynamik und die Polizei verlor zeitweise den Überblick über das Geschehen. Überall sammelten sich Nazigegner_innen und versuchten die Ausweichrouten zu blockieren. Schließlich griff die Polizeiführung wieder einmal zu ihrem „Allheilmittel“ und ließ die BFE-Einheit von der Kette. Die stürmte in eine friedliche und angemeldete Versammlung und prügelte wahllos auf Menschen ein. Das Verhalten der vermummten Berufsschläger weckte Erinnerungen an die antifaschistischen Proteste in Demmin im Mai diesen Jahres. Damals schlugen Gewalttäter der selben Einheit einen Antifaschisten ins Koma.

 

Eine erneute Blockade formierte sich auf dem Alten Markt. Hunderte Gegendemonstranten übertönten hier die Geschichtsverdrehungen der Neonazis. An dieser Stelle entschied sich die Polizei die Faschisten ohne große Umwege zur Abschlusskundgebung und schließlich zum Bahnhof zu geleiten. Auf dem Weg dorthin wurde der Aufzug immer wieder von Protesten begleitet. Zwar konnten die NPD und ihre Anhänger nicht gestoppt werden aber die deutliche Verzögerung und der lautstarke Unmut ließen den von den Neonazis erhofften „würdigen Rahmen“ nicht aufkommen.

 

Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern, zeigte bereits zum dritten Mal in diesem Jahr, dass sie Neonaziaufmärsche trotz massiver Proteste mit allen Mitteln durchsetzt. Dazu gehörte gestern beispielsweise auch die dreistündige Kontrolle von gemeinsam anreisenden Gegendemonstrant_innen. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob die für derartige Einsätze Verantwortlichen und ihre Untergebenen nicht eigentlich gerne selbst an den Naziaufmärschen teilnehmen wollen würden. Der Hass auf Nazigegner_innen, der sich in Äußerungen und Gewalttaten der unteren Chargen und im Erfindungsreichtum in der Durchsetzung der Märsche durch die Oberen widerspiegelt, lässt dies jedenfalls vermuten. Es muss sich überlegt werden, wie mit derart heftigen Gewaltausbrüchen zukünftig umgegangen werden soll.

 

Hintergrund des Neonazimarsches war die Bombardierung Stralsunds am 6. Oktober 1944. Ein allierter Bomberverband warf seine Bomben auf die Hansestadt, nachdem er wegen schlechten Wetters sein eigentliches Ziel nicht erreichen konnte. Dabei starben einige hundert Menschen.

 

Letztlich bleibt zu konstatieren: Eine äußerst geringe Teilnehmerzahl, lautstarker und physischer Protest, vor allem von Einwohner_innen der Hansestadt, und eine verkürzte Route. Für die Neonaziszene im Land kann der gestrige Abend kein Erfolg gewesen sein!

 

Antifa Rostock

 

Fotos: Sören Kohlhuber