Exzessive Polizeigewalt bei Räumung - Phantasie der Polizei kennt keine Grenzen - Heute wird es um 16:00 Uhr (Schusterplatz, Wuppertal) eine Demonstration gegen die erneute Räumung und gegen Polizeigewalt geben. Gestern Abend wurde das seit Jahren leerstehende Haus in der Marienstraße 41 erneut besetzt. Die Polizei ging auch gestern wie schon bei der ersten Besetzung am 30. August wieder ohne Ankündigung mit Gewalt gegen friedliche Unterstützer*Innen vor. Eine Pressemitteilung der Polizei macht deutlich, das die Phantasie der Ordnungshüter*Innen wohl keine Grenzen kennt.
Die Polizei behauptet in ihrer Presseerklärung "dass eine Gruppe von etwa 20 Personen des linksautonomen Spektrums erneut gewaltsam in ein leerstehendes Mehrfamilienhaus an der Marienstraße eingedrungen sei. Bei Eintreffen der Beamten versuchten die Personen mit einem Hammer die Eingangstür einzuschlagen. Aufgrund des Polizeiaufgebotes ließen sie von der weiteren Tatausführung ab. Drei Personen, die sich bereits im Objekt befanden, flüchteten über ein Vordach an der Gebäuderückseite." Die hier zitierten Schilderungen der Geschehnisse sind aber nur in der Phantasie der Wuppertaler Polizei passiert. Die Polizei widerspricht sich auch in dem von uns zitierten Teil ihrer Pressemitteilung. Sie behauptet das bei Eintreffen der Beamten Personen versuchten die Eingangstür einzuschlagen, um danach zu behaupten dass 3 Personen schon im Haus waren. Wie bitte? Die Besetzer*Innen waren drin bevor die Tür aufgebrochen wurde? Die Polizei versucht hier Aktivist*Innen zu kriminalisieren, die gegen den zunehmenden Leerstand und die Ghettoisierung der Wuppertaler Nordstadt kämpfen.
Wir haben mehrere Zeug*Innen gesprochen, die uns erzählten, dass die Gruppe vor dem erneut besetzten Haus lediglich stand, um gegen den Leerstand und das Verkommen vieler Immobilien in der Nordstadt zu protestieren. Die Aktivist*Innen vor dem Haus hatten gar nicht vor in das Haus zu gehen und haben auch keine Schäden verursacht. Die Wuppertaler Polizei berichtet ja selbst, dass die Besetzer*Innen schon längst im Gebäude waren. Natürlich hätten die Aktivist*Innen vor dem Haus und viele Ölberger Nachbar*Innen geholfen das geplante Centro Sociale Ölberg mit zu gestalten und natürlich wären viele dafür ins Gebäude gegangen, aber eben nicht gestern Abend als die Beamt*Innen eintrafen. Die Polizist*Innen haben bei Ankunft auch keine Platzverweise gegen die Menschen vor dem Haus erteilt. Sie mussten auch keine Gewalt einsetzen, von der kleinen Gruppe vor dem Haus ging keine Gewalt aus. Die Polizisten vor Ort haben sofort und ohne Vorwarnung Knüppel und Pfefferspray gegen friedlich agierende und unbewaffnete Personen eingesetzt. In den frühen Morgenstunden eskalierte die Polizei dann erneut, dieses mal auf dem Otto Böhne Platz. Unsere Zeug*Innen waren da aber schon längst weg, wir wissen also nicht genau was dann noch alles passiert ist.
Video: Polizeigewalt am 12.09.2014:
Warum und auf welcher rechtlichen Grundlage hat die Polizei aber überhaupt geräumt?
Abgesehen von der Märchenstunde im Polizeibericht, beantwortet der Bericht einige wichtige Fragen nicht. Warum hat die Polizei überhaupt geräumt und auf welcher rechtlichen Grundlage? Am 30. August räumte die Polizei die Marienstraße 41 innerhalb von etwa 20 Minuten. Es war an einem späten Samstagabend und um einen Räumungstitel zu bekommen, muss die Polizei damals innerhalb von 20 Minuten eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch von dem in London ansässigen, insolventen Finanzinvestor bekommen haben. Wir halten dies für ein Gerücht, die Polizei hatte am 30. August gar keinen Räumungstitel und hat eigenmächtig wie ein Staat im Staat gehandelt. Auch damals mit Gewalt, wir erinnern uns sehr gut aran, dass die Polizei am 30. August junge, friedliche und unbewaffnete Leute im Haus mit Schusswaffen bedroht hat. Wir halten es für gut möglich, dass die Polizei auch gestern, bei der erneuten Besetzung, ohne Räumungstitel auf eigene Faust gehandelt hat.
Nach den 30 August war gut zu sehen wofür die Polizei geräumt hatte: für weiteren Leerstand, für ein insolvente Finanz-Firma aus London, die das Gebäude als Spekulationsobjekt immer weiter verkommen lässt. Für eine holländische Bank, die das Immobilienpaket des insolventen Investor verwaltet. Denn nach der Besetzung und der Räumung am gleichen Abend am 30. August passierte außer weiterem Leerstand nur eins: Die Polizei fotografierte immer wieder die Zettel an der Pinnwand der Marienstraße 41 und hat sie mindestens ein mal auch entfernt. Die Pinnwand war auf der seit Jahren mit Holzplatten zugemachten, kaputten Scheibe entstanden, nachdem etwa 80 Nachbar*Innen während eines Treffen entschieden hatten, Zettel mit Anregungen und Wünschen für die Nordstadt dort aufzuhängen. M.a.w. für spekulierende Investment Firmen und Banken wird gerne geräumt, gerne auch mit exzessiver Gewalt. Anregungen und Wünsche der Anwohner*Innen dagegen werden einfach ignoriert und notfalls auch unsichtbar gemacht, indem Polizist*Innen Zettel von Pinnwänden reißen.
Derweil scheint das Problem des zunehmenden Leerstands und die Ghettoisierung der Wuppertaler Nordstadt für die große Koalition, auch wohl CDU und SPD genannt, einfach nicht zu existieren. Wenn die Politik denkt das Problem mit Polizeigewalt lösen zu können, werden sie schon bald merken, das dies nicht der Fall sein wird. Auch weitere Repression wird das Problem nicht aus der Welt schaffen. Auch die Ablenkungsversuche diverser Politker*Innen dass die Besetzungen in der Marienstraße 41 mit dem Konflikt rund um den Verbleib vom Autonomen Zentrum (AZ) an der Gathe zu tun haben, ist ein weitere Fehler. Das Autonome Zentrum bleibt so oder so an der Gathe. Wir werden den Kampf um den Erhalt des AZs an der Gathe gewinnen; wir rufen alle Menschen auf am 18. Oktober zur Demonstration für den Erhalt des AZs zu kommen. Nein, liebe WZ, es geht bei den Besetzungen in der Marienstraße 41 nicht um das AZ. Es geht um den Kampf gegen die Ghettoisierung und den zunehmenden Leerstand in der Nordstadt. Es geht um die Eröffnung eines Sozialen Zentrums (Centro Sociale Ölberg), eine von Nachbar*Innen gewünschte Reparaturwerkstatt, ein Anlaufpunkt für Flüchtlinge (Refugee Welcome Center), ein Infoladen und ein Ort wo Menschen sich einfach treffen können um sich auszutauschen ohne dafür zahlen zu müssen. Und wir werden weiter für die Entstehung solcher Orte kämpfen, liebe Politiker*Innen. Wir verlassen uns längst nicht mehr auf die Politik und werden diese sozialen Räume selbst erkämpfen, auf unterschiedlichste Art und Weise.
Mit der zweiten Räumung der Marienstraße 41 ist der Kampf gegen Leerstand und Verfall der Wuppertaler Nordstadt nicht vorbei. Wir werden uns weiter für Freiräume und eine für die Nachbar*Innen und Freund*Innen sinnvolle Nutzung von Räumen einsetzen. Es wird Menschen geben die die Räume besetzen, andere organisieren Leerstands-Spaziergänge und wiederum andere Spermüll-Feste, die Hexenküche und vieles mehr. Wir alle zusammen kämpfen für eine selbstorganisierte und schöne Nordstadt. Dieser Kampf hat gerade erst angefangen!
Wir wünschen allen, die durch den gestrigen Polizeigewalt verletzt wurden ein schnelle und gute Heilung; auch von dem seelischen Schmerz der diese Art der staatlichen Gewalt immer wieder auslöst und der oft sehr unterschätzt wird.
Solidarität mit den Refugees in der Thomaskirche in Berlin!
Solidarität mit Avanti in Dortmund!
Unsere Solidarität gegen eure Repression!
We Love Nordstadt!
Heute gibt es eine Sponti gegen die erneute Räumung, für ein Centro Sociale und gegen Polizeigwalt. Sponti Samstag 13. September – 16:00 Uhr Schusterplatz.
Eisbrecher, 13. September 2014