Linke Aktivisten demonstrierten gegen Burschenschaft

Erstveröffentlicht: 
06.09.2014

Bonner Südstadt

Bonn. Etwa 80 Aktivisten der linken Szene haben sich am Samstagmorgen in der Bonner Südstadt zusammengefunden. Sie demonstrierten gegen eine Veranstaltung der Bonner Burschenschaft Raczeks in der Johannes-Henry-Straße.

 

Von Axel Vogel

Zu teilweise massiven Handgreiflichkeiten ist es am Samstagvormittag bei einer spontanen Demonstration vor dem Haus der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn an der Johannes-Henry-Straße in der Südstadt gekommen. Rund 80 Demonstranten versuchten dabei, die Messe "Zwischentag" zu blockieren.

Dazu aufgerufen hatte die Bonner "Antifaschistische Aktion". Gegen zwei Protestler wurde Anzeige erstattet, berichtete Polizeisprecher Frank Piontek auf GA-Anfrage.

 

Einer der Störer habe einen Beamten aus der Polizeikette beleidigt und getreten. Eine weitere Person wehrte sich laut Piontek bei der Feststellung der Personalien. Vorwürfe aus den Reihen der Demonstranten, die Polizei sei unverhältnismäßig vorgegangen, wies Piontek zurück.

Die als "freie Büchermesse" angekündigte Veranstaltung sollte ursprünglich in Düsseldorf stattfinden. Nachdem den Veranstaltern dort die Räume gekündigt worden waren, hatte man das Ganze am Freitag kurzfristig in das Haus der Bonner Burschenschaft verlegt, wo die Messe um 11 Uhr planmäßig begann.

"Wir treten hier heute nur als Vermieter für die rund 20 Aussteller auf", erklärte Volker Lange, Vorstandsmitglied der Burschenschaft. Bei der Veranstaltung handele es sich um eine "wertkonservative Publikationsmesse". Für seine Burschenschaft betonte Lange mit Blick auf den Protest: "Auch wir sind keine Nazis. Darum verstehe ich den Aufwand nicht."

Für die Demonstranten um Simon Ernst, von ähnlichen Protestveranstaltungen bekannt, war es indes bezeichnend, dass die Veranstalter auf das Raczekhaus ausgewichen sind: "Das bedeutet, dass sie nirgendwo anders in NRW einen Platz bekommen haben."

Das Raczekshaus sei bereits "in Dutzende Vorfälle mit Naziaktivitäten direkt verwickelt gewesen", behauptet Ernst. Zugespitzt hatte sich die Lage bereits vor Beginn der Messe, als gegen 9.30 Uhr einige Demonstranten zum Hauseingang vorgedrungen waren.

 

Dort kam es zu Wortgefechten mit Burschenschaftern und Veranstaltungsbesuchern. Laut Ernst habe eine Besucherin "eine Chemikalie gesprüht". Er selbst sei auch getroffen worden, schlimmer habe es einen Demonstranten neben ihm erwischt: "Der musste weggetragen werden." Vorwürfe erhob er vor allem gegen die wenig später mit einem Großaufgebot anrückende Polizei, die eine Sicherheitskette vor dem Haus bildete: "Wir sind von den Beamten angegangen worden, haben Schläge ins Gesicht bekommen und wurden geschubst."

Auch einen Pfefferspray-Einsatz der Polizei soll es gegeben haben. Dieser Darstellung widersprach Polizeisprecher Piontek: "Da es sich um eine Spontanversammlung handelte, wurde mit einem im Sinne des Versammlungsgesetzes Verantwortlichen ein Kundgebungsort in der Nähe des Burschenschaftshauses vereinbart." Der befand sich einen Steinwurf entfernt in Höhe der Lennéstraße.

Da sich die Teilnehmer auch nach dreimaliger Aufforderung der Polizei nicht dorthin begeben hätten, "wurden sie von der Polizeikette bis zu dem vereinbarten Punkt geschoben", erklärte Piontek. Tatsächlich war es dabei zu weiteren Handgreiflichkeiten gekommen. Etwa zu Schubsereien, bei der mindestens eine Person stürzte.

Auch ein Demonstrant wurde von Beamten gewaltsam zu Boden gebracht und anschließend zur Feststellung der Personalien hinter die Polizeikette geführt. Von dem Einsatz von Reizgas oder ähnlichem weiß Piontek aber nichts: "Dieser Sachverhalt konnte vor Ort nicht weiter verifiziert werden. Es wurden keine Anzeigen erstattet."

Aber eine 54-jährige Besucherin der Messe habe Anzeige gegen Demonstranten erstattet, weil sie von diesen beschimpft und attackiert worden sei. Die Täter blieben indes unerkannt. Auch die Kritik eines Nachbarn konnte Piontek nicht teilen: Michel Peters wunderte sich darüber, dass die Polizei die Demonstranten zurückdrängte, den Messebesuchern aber den Zutritt zur Messe regelrecht "freihielt".

Dass genau dies der Rechtslage entspricht, verdeutlichte Frank Piontek: "Das war eine Veranstaltung in geschlossenen Räumen, die nicht verboten war." Gegen 12 Uhr war die Protestaktion beendet.