DONNERSTAG, 19.00 Uhr – Antifaschistische Proteste an der Paracelsusstraße, Ecke Kollwitzstraße in Freimann.
Über die Situation in München-Freimann und Aufruf zu Protesten gegen die Nazi-Kundgebung am Donnerstag, den 14.08
Am vergangenen Samstag veranstaltete die NPD-nahe 'Bürgerinitiative Ausländerstopp' (BIA) eine Kundgebungsserie im Stadtteil Freimann, im Norden Münchens. Hintergrund ist die seit etwa zwei Wochen eskalierende rassistische Hetze von Anwohner_innen und organisierten Neonazis gegen die Bewohner_innen der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in der ehemaligen Bayernkaserne in Freimann.
Für kommenden Donnerstag, den 14. August planen die Neonazis der BIA eine weitere Kundgebung in der unmittelbaren Nähe der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende. Wie bereits letzten Freitag rufen antifaschistische Gruppen zu Gegenprotesten und zur Solidarität mit den Refugees in der Bayernkaserne auf.
Im Folgenden wollen wir eine kurze, vorläufige und sicherlich unvollständige Einschätzung der Situation in und vor allem um die Bayernkaserne herum geben. Das Fazit jedoch gleich vorab: Die Gemengelage aus staatlichem Rassismus, agitierenden Nazis und aufgebrachten Wutbürger_innen ist brandgefährlich. Antirassistische Solidarität und antifaschistische Aktionen sind das Gebot der Stunde! Kommt daher alle zu den antifaschistischen und antirassistischen Protesten gegen die Nazis am Donnerstag, 14.8.!
Die Hetze der Anwohner_innen:
Am Dienstag, den 29. Juli, gab es eine spontane Versammlung aufgebrachter Anwohner_innen in einem Park in der Nähe der Bayernkaserne. Sie hatten sich über eine zwei Tage zuvor gegründete Facebookgruppe verabredet. Zu dieser unangemeldeten Aktion kamen ca. 100 Personen, offener Rassismus und Anstachelung zur Gewalt gegen die Refugees prägten den Ausdruck der Versammlung. Ein Kamerateam des bayrischen Rundfunks begleitete die Anwohner und sendete am nächsten Tag einen Beitrag, über die angeblich unhaltbaren Zustände rund um die Bayernkaserne. Unhaltbar für die Anwohner_innen, nicht für die Refugees die nach langer Flucht unter menschenunwürdigen Bedingungen in der vollkommen überfüllten Bayernkaserne untergebracht sind und sich außerhalb mit der Hetze eines Teils der Anwohner_innenschaft konfrontiert sehen.
Die Facebookgruppe „gegen das Asylheim München Heidemannstraße“ hatte nach zwei Tagen bereits über 1700 Mitglieder, die ohne jegliche Scheu rassistisch hetzten. Initiator der Gruppe ist Christian Krems, der sich auf Facebook als martialischer Boxer und stolzer Deutscher inszeniert. Seine Tätowierungen weisen zudem auf eine Affinität zum Rockermillieu hin.
Inhaltlich bestimmte ein offen artikulierter und Gewalt propagierender Rassismus die Diskussionen auf der Facebookseite. Die Beschwerden über angebliche Verschmutzung des Viertels durch die Refugees, eine gesteigerte Kriminalität im Viertel bis hin zu von Nazis geschürte Verschwörungstheorien zu einer bevorstehenden Ebola-Epidemie im Münchner Norden kulminierten in Mordaufrufen und Vernichtungsphantasien.
Zunächst sah es so aus, als würden die Anwohner_innen weitere Aktionen, Kundgebungen oder Demonstrationen planen. Doch nachdem es zu Anzeigen gegen einige der Gewaltaufrufenden und zu einer medialen Thematisierung der rassistischen Hetze kam, verzichteten oder verschoben die Anwohner_innen weitere organisierte Aktionen im Viertel.
Dies hingegen rief die organisierten Nazis der BIA auf den Plan.
Die Hetze der Nazis:
Wie letzten Freitag bekannt wurde, plante die NPD-nahe BIA für den folgenden Tag (Samstag, 9.8.) eine Serie von drei Kundgebungen im Umfeld der Bayernkaserne. Verschiedene antifaschistische Gruppen und Initiativen riefen spontan zu Gegenprotesten auf. Die BIA griff bei ihrer Kundgebungsserie auf eine Strategie zurück, die sie bereits seit einigen Jahren in München anwendet: Anstatt breit und öffentlich zu mobilisieren, planen sie die Kundgebungen konspirativ und treten nur mit wenigen Nazis öffentlich auf, meist nicht mehr als die Insassen eines Autos, das ihnen gleichzeitig als Lautsprecherwagen dient. Während der BIA-Stadtrat Karl Richter spricht, verteilen weitere Nazi Flugblätter in der Umgebung. Nach ungefähr einer halben Stunde wechseln die Nazis den Ort, während die Gegendemonstrant_innen zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Nazis hinterher eilen müssen.
Letzten Samstag veranstalteten die Nazis drei Kundgebungen. Die erste fand vor einem Supermarkt am Werner-Egk-Bogen statt. Zu Beginn waren nur sehr wenige Antifas vor Ort, zudem einige bürgerliche Antifaschist_innen und Lokalpolitiker_innen. Die Nazis standen – nicht wie sonst üblich – in einem Gitterkäfig, sondern konnten sich frei bewegen und relativ ungestört Flyer verteilen und mit den Anwohner_innen ins Gespräch kommen. Dabei stießen die Nazis auf erschreckend viel Sympathie seitens der Anwohner_innen, die bisweilen die Nazis in ihren Aussagen noch rechts überholten. Erst gegen Ende der ersten Kundgebung, als mehr Antifas eingetroffen waren, konnten die Nazis besser gestört werden.
Nach einer halbstündigen Pause fand eine zweite Kundgebung einige hundert Meter entfernt an der Kreuzung Werner-Egk-Bogen/Karl-Richter-Straße statt. Hier bauten die Cops vorsorglich Gitter auf, um Nazis und Antifas zu trennen. Der Protest war hier lauter als zuvor, mit mehr Leuten wäre allerdings auch hier mehr und effektiverer Protest möglich gewesen. Immer wieder versucht insbesondere, der seit seiner Haftzeit wieder in München aktive Philipp Hasselbach, Gegendemonstrant_innen anzuzeigen (vor allem wegen angeblicher Nötigung). Darauf muss mit einem breiten, entschlossenen und solidarischen Auftreten Nazis gegenüber reagiert werden.
Die dritte Nazikundgebung fand an der Karl-Kögelsperger-Straße auf dem Parkplatz eines Supermarktes statt. Hier war die Zahl der Gegendemonstrant_innen am höchsten und die Nazis wurden in ihrem Gitter von allen Seiten von Antifas umringt. Auch wenn sich hier ein paar wenige Anwohner_innen sich zu den Gegendemonstrant_innen gesellten, wurde die widerliche Hetze der Nazis mit wohlwollendem Interesse aufgenommen. Am Rande der Kundgebung sammelten sich auch eine Handvoll rechter Fußball-Fans, die anwesende Antifas bedrohten und anzugreifen versuchten. Interessant war auch die Anwesenheit von Christian Krems (siehe oben), welcher sich zwar im Hintergrund hielt, sich jedoch trotzdem durch aggressive Kommentare gegenüber Gegendemonstrant_innen bemerkbar machte.
Inhaltlich versuchten die Nazis an den rassistischen Nährboden im Viertel anzuknüpfen. Dabei hatten die Nazis die Taktik, nicht allzu offen aufzutreten. Vielmehr versuchten sie – nicht ohne Erfolge – sich als einzige Partei zu inszenieren, die die Probleme im Viertel ernst nehmen würde. Dies führte zu Situationen, in denen Passant_innen ihren Rassismus noch viel offener artikulierten als die Nazis. Der Zuspruch, den die Nazis erhielten, war ohne Frage groß, was eine antifaschistische Intervention umso dringlicher macht! Karl Richter träumte in einer Veröffentlichung auf der Internetseite der BIA schon davon, München-Freimann zu einem neuen Berlin-Hellersdorf zu machen und tatsächlich haben Nazis hier wie dort viele Anknüpfungspunkte und Überschneidungen mit Teilen der Anwohner_innenschaft.
Heute (12.08.) wurde angekündigt, dass die Erstaufnahmeeinrichtung nächstes Jahr noch um einen weiteren Komplex in der Nachbarschaft erweitert werden soll, hinzu kommt eine geplante Unterbringung von bis zu 600 Refugees in der ehemaligen Funkkaserne in der Lotte-Branz-Straße 2. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Meldungen die rassistische Stimmung vor Ort weiter befeuern.
Was tun?
Antifas haben die letzten Wochen viele Flyer an die Anwohner_innen verteilt und auf die rassistische Hetze im Viertel aufmerksam gemacht. Es ist wichtig, auch Menschen aus Freimann dazu zu bewegen gegen Nazis und Rassist_innen auf die Straße zu gehen und sich mit den Refugees zu solidarisieren.
Die Situation um die Bayernkaserne ist mehr als gefährlich, wir wissen alle um die menschenunwürdigen Verhältnisse unter denen die Refugees dort zu leben gezwungen sind. Die rassistische Mobilisierung im Viertel ist brandgefährlich, das wissen wir aus ähnlichen Nazimobilisierungen gegen Refugees bspw. in Hellersdorf oder Schneeberg. Es ist wichtig, dass es gerade jetzt massive und breite Proteste gegen Nazis und Rassismus vor Ort gibt!
Antifa hat keine Sommerpause. Kommt alle nächsten Donnerstag zu den Protesten gegen die Nazikundgebung!
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DONNERSTAG, 19.00 Uhr
Antifaschistische Proteste an der Paracelsusstraße, Ecke Kollwitzstraße in Freimann.
Vorabtreffpunkt für die gemeinsame Anreise:
18.10 Uhr unter dem Torbogen am Sendlinger Tor.
zum weiterlesen:
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/freimann-neue-unterkunft-fuer-fluech...
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/fluechtlinge-in-der-bayernkaserne-wi...
http://www.sueddeutsche.de/muenchen/bayernkaserne-in-muenchen-rechte-het...
http://antifa-nt.de/?p=2038
http://aida-archiv.de/index.php?option=com_content&view=article&id=4727:...
https://linksunten.indymedia.org/de/node/119724