Rechtspopulismus in Schleswig-Holstein -Parteien und Organisationen-

Die rechten Aktivisten Lennart Krakow (rechts), Teja Teufel (2.v.l.) und dessen Bruder Thore Ragnar (2.v.r.)

Zweiter Teil einer dreiteiligen Artikelreihe.

Insbesondere nach der Veröffentlichung von Thilo Sarrazins Buch “Deutschland schafft sich ab” im Jahr 2010 versuchten sich in ganz Deutschland rassistische Organisationen, Parteien und selbsternannte “Bürgerbewegungen” in Stellung zu bringen. Neben neuen Mitgliedern und Strukturen schienen auch langjährige Protagonist_innen, beflügelt durch die Aussicht im Zuge der breiten rassistischen “man wird ja wohl noch sagen dürfen”-Debatten, ihre eigene Machtbasis zu stärken und sich und ihren Organisationen schon einmal für zukünftige Wahlerfolge eine günstige Ausgangsstellung zu sichern.

 

Wie oft in der Geschichte des Rechtspopulismus herrschte eine Goldgräberstimmung um ein gesellschaftliches Potential, das in der Form noch gar nicht existierte. Diese Hoffnung gründet sich auf die Überzeugung, den verborgenen “wahren” Willen der Mehrheitsgesellschaft zu vertreten, der nur noch nicht offen zu Tage treten würde, da Politiker_innen und Medien versuchen würden, das “Volk” mit Denkverboten zu belegen und mit Falschmeldungen zu manipulieren.

 

 

Parteien und Organisationen in Schleswig-Holstein


Im Jahr 2011 trat in Schleswig-Holstein verstärkt ein Personenspektrum auf den Plan, das sich sowohl als “Bürgerbewegung Pax Europa“, “Die Freiheit” und “PI-News” bezeichnete. Damit konterkarierten die Protagonist_innen die Bemühungen auf Bundesebene der jeweiligen Organisationen, ihre Unabhängigkeit voneinander zu betonen. Die regionalen Schwerpunkte lagen, bedingt durch die Wohnorte der Mitglieder, vor allem im nördlichen Umland von Hamburg und in Kiel. Aktionistisch fielen Flugblatt-Aktionen und Info-Stände zu einem breiten Themenspektrum ins Auge, deren einziger gemeinsamer Nenner die rassistische Deutung der Geschehnisse zu sein schien. So richteten sich die Aktivitäten gegen spezielle Badezeiten für Frauen in Schwimmbädern, schließlich seien diese ein Beleg für die schleichende Etablierung der Scharia in deutschen Amtsstuben, gegen die “Diktatur der EUdSSR” oder allerlei andere lokale oder zeitgeschichtliche Ereignisse, die mit Hang zu Verschwörungstheorien islamophob instrumentalisiert wurden. So wurde gemutmaßt, dass “Albaner-Clans” die Kieler CDU unterlaufen würden, um diese für ihre angeblichen Machenschaften zu missbrauchen.
Organisatorisch gliedert sich das Spektrum vor allem in einen parteipolitischen Flügel in der “Freiheit” und in die Ortsgruppen von “PI-News”. Die “Bürgerbewegung Pax Europa” scheint in Schleswig-Holstein ein reines Label ohne organisatorische Bedeutung zu sein. Personell sind die Organisationen ohnehin eng verzahnt. “Die Freiheit” gründete ihren Landesverband Schleswig-Holstein in Frühjahr 2011. Innerhalb der Kleinstpartei waren schnell zwei Sparten erkennbar: Ein junger, aktionistischer Teil vor allem aus dem Umfeld der Kieler Burschenschaften und ein älterer, eher spießbürgerlicher Flügel um den Landesvorsitzenden Steffen Rotermundt (Ahrensburg) und dessen Stellvertreter Rüdiger Mischuretz (Kaltenkirchen).
Zunächst gelang es den beiden Flügeln, in den jeweiligen sozialen und politischen Umfeldern eine personelle Basis für ihre Aktionen zu rekrutieren. Während der Finanzmakler und ehemalige CDU-Lokalpolitiker Steffen Rotermundt (Betreiber einer Niederlassung der Deutschen Vermögensberatung in Hamburg) und sein Vize Rüdiger Mischuretz (Betreiber des dubiosen Finanzberatungsunternehmens “mischuconsult”) verstärkt ältere Konservative mobilisierten, die sich aufgrund eines vermeintlichen “Linksrucks” von der CDU abwendeten, versuchten die Führungsfiguren in Kiel die studentischen Verbindungen und deren Umfeld für die vermeintlich gemeinsame Sache zu gewinnen. Zunächst kam den Kieler Mitgliedern des Landesvorstands der Jugendorganisation der “Freiheit” um Lennart Krakow, Teja Teufel, Kristof Heitmann (inzwischen verzogen nach Innsbruck) und Felix Schnoor (inzwischen verzogen nach Frankfurt am Main) die traditionelle Rechtslastigkeit und das burschenschaftliche Gebaren des Kieler Verbindungswesens entgegen. Ausgehend von der Pennälerschaft der nationalistischen Burschenschaft “Teutonia” konnten sie ungestört in weiten Teilen der Kieler Verbindungen agieren. Begünstigt durch den traditionellen “Corpsgeist” in den elitären Männerbünden, schienen auch Kritiker ihrer Machenschaften sie gewähren zu lassen. Erst als sich die Öffentlichkeit für die “Teutonia” aufgrund ihrer rechten und völkischen Verstrickungen zu interessieren begann, kam es zum Machtkampf zwischen der Führungsebene der Burschenschaft und den radikaleren “Freiheit”-Aktivisten. Lennart Krakow, Teja Teufel und dessen Bruder Thore Ragnar (inzwischen verzogen nach Geraberg, Thüringen) verließen Ende 2011 die Burschenschaft und wurden für das Verbindungshaus mit einem Hausverbot belegt. Als Auffangbecken für die Geschassten diente die “Gymnasiale Burschenschaft Germania”, die sich das Haus mit der “Alten Königsberger Burschenschaft Alemannia” teilt. In Kreisen der “Alemannia” mussten die “Germanen” keinerlei Abgrenzung mehr fürchten: Als Mitglied des radikalen Dachverbands “Deutsche Burschenschaft” machte die “Alemannia” u.a. damit Schlagzeilen, einen Vortrag mit einem Veteranen der “Legion Condor” organisiert zu haben. Passend dazu konnten die Neu-”Germanen” nun auch auf alle taktische Zurückhaltung verzichten. Die Farben der “Germania” dürften nicht zufällig Schwarz-Weiß-Rot sein und die Verbindungen in neonazistische Kreise wurden intensiviert. 2013 machte die Kieler “Germania” Schlagzeilen aufgrund ihrer “Hatz” mit der “Chattia Friedberg” aus Hamburg, ausgetragen in dem Haus der “Germania Hamburg”, einer neonazistischen Burschenschaft die gern mit den Slogan “Heil Germania” für sich wirbt. Mit der Radikalisierung der Kieler Mitgliederschaft gingen ihre Aktivitäten für die Partei “Die Freiheit” allerdings nach und nach zurück, sodass sich deren Aktionen zunehmend auf das nördliche Hamburger Umland konzentrierten.

Allerdings bröckelte auch dort zunehmend die Fassade. Nachdem Rüdiger Mischuretz nur kurze Zeit aktiv war, wurde er als Vize durch Claus Schaffer (Bad Oldesloe) ersetzt. Während Steffen Rotermundt zwar stets eine gute Verbindungen zu den radikal-rassistischen Kräften innerhalb der “Freiheit” hatte, gilt seine Unfähigkeit intern als ausgemachte Sache. Nachdem er 2012 in den Bundesvorstand gewählt wurde, begründete der rechte Multifunktionär Christopher von Mengersen seinen Austritt aus der Partei neben der inhaltlichen Ausrichtung auch mit der Unfähigkeit Rotermundts. Als sich auch der Elmshorner Aktivposten Daniel Buhl Richtung “Wahlalternative 2013″ bzw. später AfD abwandte, hing die Verantwortung allein an Schaffer. Dieser organisierte die letzten Treffen Anfang 2013, versuchte Mitglieder zu rekrutieren und pflegte die virtuellen Auftritte des Landesverbands. Nach seinem Ausstieg im Frühjahr 2013 existiert der Landesverband nur noch auf dem Papier.

 

Mit der “German Defence League” (GDL) gründete sich parallel zu den Parteien und reinen Internetprojekten eine aktionistische Organisation mit inhaltlicher und personeller Nähe zu der “Pro”-Bewegung, “PI-News” oder “Die Freiheit”. Während insbesondere die Parteien zumindest nach außen ihre demokratische Grundhaltung und ihre Bürgerlichkeit betonen, pflegen der Anhänger_innen der GDL lieber den martialischen Auftritt. In Anlehnung an das Vorbild der “English Defence League” wird mit Symboliken aus dem Hooliganmilieu gespielt und sich als heroische Verteidiger_innen Deutschlands inszeniert. Slogans wie “never surrender” oder “maximum resistance” zeugen von dem aktionistischen und gewaltaffinen Selbstverständnis.
Auch in Schleswig-Holstein gründeten sich zwei “Divisionen”, also Ortsgruppen, der GDL in Lübeck und Kiel. Die inzwischen wieder aufgelöste Lübecker GDL-Formation wurde dominiert von Anja und Stephan Buschendorff. Im Jahr 2012 und Anfang 2013 organisierten die Buschendorffs mehrere Kundgebungen in Lübeck und Hamburg, meist unterstützt von weiteren GDL-Mitgliedern aus ihrem persönlichen Umfeld wie Tobias Beese, u.a. Veranstalter von Grauzonenkonzerten in Lübeck. Die größte Aufmerksamkeit zog ein neu-rechter Aufzug in Hamburg-Horn im März 2013 auf sich, der von Stephan Buschendorff angemeldet wurde und an dem verschiedene Gruppierungen insbesondere des islamophoben Spektrums teilnahmen. Vor allem Stephan Buschendorff hatte nie Berührungsängste mit neonazistischen Kreisen und diese Tendenzen verstärkten sich im Jahr 2013. So wurde die “German Defence League Lübeck Division” zugunsten des Anti-Antifa-Projekts “Antilinke Aktion Nord” eingestellt. Stephan Buschendorff ist inzwischen Teil der schleswig-holsteinischen Kameradschaftsszene und setzt seinen persönlichen Schwerpunkt unverändert in der Anti-Antifa-Recherche. Auch wenn Buschendorff sich öffentlich meist zurückhaltend äußert und versucht, allgemeine Querfrontstrategien gegen Gewalt, welche seiner Meinung nach selbstredend von Linken und Migrant_innen ausgehen würde, anzuwenden, bedeutete sein Eintritt in die Neonaziszene das Ende der GDL in Lübeck. Eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Spektren über die persönliche Ebene hinaus ist dauerhaft kaum vorstellbar, schließlich werfen die Neonazis der GDL jüdische Traditionen (vermeintliche Anlehnung des Namens an die Jewish Defence League) und einen zu “weichgespülten” Kurs vor.
Die GDL in Kiel existiert bisher weitgehend virtuell. Entstanden aus im Umfeld der Burschenschaften “Germania” und “Alemannia”, den Kieler Resten der “Freiheit” und der “Identitären Bewegung” kam die Gruppierung nie über heroische Durchhalteparolen und Aufforderungen zum intensiven Kampfsport-Training auf dem zugehörigen Facebook-Profil hinaus. Nach wenigen Treffen scheint auch dieses Kapitel der selbsternannten neu-rechten Strassenbewegung wieder beendet, bevor es richtig begonnen hatte.

Die meist rein virtuell auftretenden Zusammenschlüsse innerhalb der inzwischen wieder im Niedergang befindlichen neu-rechten “Identitären Bewegung” (IB) versuchten sich auch in Schleswig-Holstein vereinzelt in Stellung zu bringen. Eigenständig aktionsfähig waren diese losen Zusammenhänge nie, lediglich im Bereich der Reste der “Freiheit” und im Umfeld der GDL in Kiel und Lübeck gab es eher sporadische Aktionen. Vereinzelte virtuelle Auftritte der IB aus kleineren Städten, wie beispielsweise Eckernförde, scheinen keine aktive Basis vor Ort zu haben. Die Aktionen beschränkten sich meist auf das kleben von Aufklebern oder intern mobilisierte kleine Veranstaltungen. Interessant ist darin vor allem die Mischszene aus Burschenschaftlern, Neonazis und Rassist_innen aus dem Umfeld von “PI-News” und “Die Freiheit”, die unter dem gemeinsamen Label der IB scheinbar problemlos zusammenarbeiten. Insbesondere an dem oben erwähnten Aufmarschversuch in Hamburg-Horn und bei einem internen Treffen mit anschließender Spontandemonstration im Januar 2013 in Kiel nahmen neben Mitgliedern der neu-rechten und rechtspopulistischen Organisationen, wie Lennart Krakow, auch Mitglieder der Ostholsteiner Neonaziszene teil, die mit der “Identitas Gemeinschaft” den Versuch begehen, ihrem Neonazismus ein moderneres Erscheinungsbild zu geben.

 

In Schleswig-Holstein konnte die vor allem auf Provokation setzende “Pro“-Bewegung, vorrangig bestehend aus den zerstrittenen Teilen “Pro Deutschland” und “Pro NRW”, nie eine echte Basis gewinnen. Zur Bundestagswahl 2013 versuchte “Pro Deutschland” in allem Bundesländern mit eigenen Landeslisten anzutreten. In Schleswig-Holstein sollte Stephan Buschendorff von der GDL Lübeck den ersten Platz einnehmen. Es folgten weitgehend unbekannte Personen, die zum Teil nicht aus Schleswig-Holstein stammen. Einziger wahrnehmbarer Wahlkampfversuch war eine Kundgebung in Lübeck, organisiert von Lars Seidensticker (Bundesgeschäftsführer “Pro Deutschland”) und Mitgliedern der GDL Lübeck. So scheiterte schon das Sammeln der benötigten Unterstützungsunterschriften und in Schleswig-Holstein wurde, wie in zwei weiteren Bundesländern auch, die Landesliste gar nicht erst zur Wahl zugelassen.

 

Die Alternative für Deutschland sorgte in den letzten Monaten sowohl in zivilgesellschaftlichen wie auch in antifaschistischen Kreisen für Debatten. Grundsätzlich geht es um die Frage, ob die AfD rassistisch oder rechtspopulistisch sei und auch über Verbindungen in neonazistische Kreise wird vereinzelt berichtet. Wir möchten zu diesen Fragen auf lesenswerte Texte, insbesondere im Rahmen der Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative” verweisen und werden hier auf eine generelle Einordnung des grundsätzlichen Rassismus und Chauvinismus der AfD verzichten. Wir wollen lediglich aufzeigen, dass die von der Parteiführung stets und ständig wiederholte Distanz zu offen rassistischen Organisationen in Schleswig-Holstein schon in der Entstehung nicht bestand, die AfD demnach nicht von einzelnen Personen aus dem rassistischen Spektrum unterwandert wurde, sondern maßgeblich von einem ehemaligen Aktivisten der “Freiheit” aufgebaut wurde. Somit ist das ganze Fundament des Landesverbands rassistisch, auch wenn dies inzwischen durch die Partei zu kaschieren versucht wird.

Die AfD ging vor der Bundestagswahl 2013 aus einer Bewegung namens “Wahlalternative 2013” (WA2013) hervor. In ganz Deutschland hatte die WA2013 regionale Strukturen, die Mitglieder und Interessent_innen für die Parteigründung gewinnen sollten. Hierzu gab es “Regionalkoordinatoren”, die in ihren jeweiligen Bundesländern oftmals allein oder mit wenigen anderen versuchten, lokale Verankerung zu schaffen. Der “Regionalkoordinator” für Schleswig-Holstein war Daniel Buhl aus Elmshorn. Buhl machte sich einen Namen als langjähriger Aktivist der “Freiheit” und im Umfeld von “PI-News”. Er war an Flugblattaktionen beteiligt und vor allem virtuell aktives Mitglied der rassistischen Bewegung in Schleswig-Holstein und Hamburg. Anfang des Jahres 2013 lud er potentielle Interessent_innen der WA2013 zu Informationsveranstaltungen ein, pflegte die Internetauftritte der Gruppierung und fungierte als Ansprechpartner für die bundesweiten Strukturen. Nach Gründung der AfD im Februar 2013 wechselte Daniel Buhl von der Rolle als Hauptorganisator ins zweite Glied und fungierte als stellvertretender Sprecher des AfD-Kreisverbands Pinneberg. Offenbar war den Verantwortlichen der Partei die Brisanz der Personalie Buhl durchaus bewusst. Auch aktuell ist seine Frau Katja Jung-Buhl verantwortlich für die Telefonsprechzeiten des AfD-Landesverbands und werden die Wahlkämpfe der AfD zur Bundestagswahl 2013 und Europawahl 2014 von Daniel Buhl bei Kundgebungen, als Plakatierer und über soziale Netzwerke unterstützt. Inzwischen ist mit Eberhard David, ehemaliger Schriftführer des Landesvorstands der “Freiheit”, ein weiterer “Die Freiheit”-Aktivist aus dem Umfeld von Buhl als Schatzmeister im Vorstand des AfD-Kreisverbands Pinneberg. Neben seinem langjährigen Engagement in rassistischen Organisationen protestiert David als Mitglied der “Bürgerinitiative Lebensqualität” gegen eine Erweiterung eines Gewerbegebiets in seinem Heimatort Halstenbek.
Angesichts des organisatorischen Ursprungs der AfD in Schleswig-Holstein aus dem Spektrum der “Freiheit” und der personellen Kontinuität erscheinen Versuche der Parteiführung, die Nähe zum offen rassistischen Spektrum zu leugnen oder durch Unwissenheit zu erklären, als reine Makulatur.

 

Neben den genannten Organisationen existieren mit der “Rechtstaatlichen Liga” in Lauenburg um den ehemaligen Landesvorsitzenden der Schill-Partei und ehemaligen NPD-Kreisvorsitzenden Kay Oelke und “Wir sind das Volk” um Wilfired-Hassan Siebert und Hans Müller aus Norderstedt zwei Zusammenschlüsse, deren Programmatik zum Teil rechtspopulistisch ist, aber aufgrund ihrer personellen Nähe zur Neonaziszene eher in diesem Zusammenhang zu betrachten sind.

 

Mobilisierungspotential und Ausblick


Das Mobilisierungspotential ist in dem beschriebenen Spektrum nicht einheitlich zu fassen.

Insbesondere die Diskrepanz zwischen der Teilnahme an Diskussionen in sozialen Netzwerken, dem Agitieren im näheren sozialen Umfeld oder gelegentlichen Einzelaktionen wie dem Verkleben von rassistischen Aufklebern auf der einen und der Bereitschaft zum dauerhaften Engagement auf der anderen Seite, ist hier besonders ausgeprägt. So könnten die vermeintlich gemäßigteren Positionierungen breitere Personenkreise ansprechen als die Propaganda der Neonazis. Bis auf die AfD hat aber keine rechtspopulistische Organisation in Schleswig-Holstein ein mit der NPD oder den Kameradschaften vergleichbares Personenpotential für öffentlichkeitswirksame Aktionen, obwohl auch die Neonazis aktuell schwächeln. Viel wird von der weiteren Entwicklung der AfD abhängen. Gelingt die weitere Etablierung, könnte das Spektrum um “PI-News”, “Die Freiheit”, “German Defence League” oder “Pro” endgültig zwischen AfD und Neonazis aufgerieben werden. Die aktuellen Wahlergebnisse und die personellen Abwanderungen sprechen für das Potential einer stärkeren und bürgerlich auftretenden AfD und einer schwächeren aber gefestigten radikalen Neonaziszene. Ob sich abseits dieser beiden rechten Positionierungen noch ein radikal-aktionistisches, aber nicht neonazistisches Spektrum halten kann, ist zur Zeit fraglich. Diese Situation könnte sich aber ändern, wenn sich innerhalb der AfD mit der Übernahme von Mandaten auch die Positionierungskämpfe zwischen rechts-liberalen und offen rassistischen Kräften verstärken oder die NPD verboten werden würde. In diesem Fall könnten die Rechtspopulist_innen, die jüngst ihre angestammten Organisationen in Richtung AfD (z. B. Daniel Buhl, Eberhard David) oder Neonazismus (GDL Lübeck, “Die Freiheit”-Jugend in Kiel) verlassen haben, ein neues Auffangbecken für rassistische Aktivist_innen in Schleswig-Holstein suchen. Bis dahin gilt es, neben den angestammten Neonazis, vor allem die AfD und ihre rassistischen Ursprünge und rechtspopulistische Programmatik verstärkt zu beleuchten.

 

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