Apfels neues Leben auf Mallorca Ex-NPD-Chef ist jetzt "Wirtschaftsflüchtling"

Erstveröffentlicht: 
21.05.2014

Noch vor einem halben Jahr war Holger Apfel Chef der NPD und wetterte gegen Zuwanderer. Jetzt beginnt er ein neues Leben in Spanien. Er hat eine Gaststätte eröffnet, in der angeblich auch "Linke und Menschen anderer Nationalität" willkommen sind.

Der Spott im Netz kennt keine Grenzen: "Nimmt der etwa den Spaniern die Arbeitsplätze weg?", fragt ein Facebook-Nutzer hämisch. "Ausländer raus", wettert ein anderer. Der ist jetzt "Wirtschaftsflüchtling", heißt es in einem Blog.

 

Ausgerechnet Holger Apfel, der frühere Chef der NPD, ist ausgewandert und beginnt ein neues Leben in der Ferne. Apfel hat an der Playa de Palma auf Mallorca zusammen mit seiner Frau ein Restaurant eröffnet. Das berichtet die deutschsprachige "Mallorca Zeitung". Die Gaststätte heißt "Maravillas Stube - Restaurant bei Jasmin und Holger".

 

Der Zeitung sagte Apfel: Er suche auf Mallorca - er bezeichnet die Insel als "Trauminsel" - nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Mit der Politik habe er mit seinem Umzug abgeschlossen. "Maravillas Stube" solle weder ein Treffpunkt der rechten Szene noch eine Anlaufstelle für rechte Schlachtenbummler werden, sagte er. "Hier wird nicht politisiert, hier ist jeder willkommen, auch Linke oder Menschen anderer Nationalitäten." Er habe allerdings auch Verständnis dafür, wenn jemand wegen seiner Vergangenheit sein Schnitzel lieber woanders essen möchte.

 

Apfel gibt sich im Gespräch mit der "Mallorca Zeitung" als geläuterter Neonazi. "Ich habe nach wie vor eine patriotische Einstellung, aber ich stand nie für die Extreme der NPD", sagte er dem Blatt. Er habe als Vorsitzender versucht, die NPD in eine moderne, bürgerliche Partei zu verwandeln. "Doch sie erwies sich als nicht reformierbar."

 

Deutschlands 17. Bundesland

 

Ganz falsch ist das nicht, aber auch nicht ganz richtig: Apfel stand mehr als 20 Jahre seines Lebens im Dienst der Partei. Er war Landeschef in Sachsen, Fraktionschef in Sachsen, Chefredakteur des Parteiblattes "Deutsche Stimme", stellvertretender Bundesvorsitzender und bis Ende 2013 NPD-Chef. Nach heftigen parteiinternen Kämpfen verließ er die Partei. Kameraden warfen ihm vor, ein anderes Parteimitglied sexuell belästigt zu haben. Apfel sprach von einer Intrige.

 

Ein Grund für das Zerwürfnis dürfte gewesen sein, dass Apfel in den vergangenen Jahren tatsächlich einen anderen Kurs einschlug. Er versuchte, die Partei ein wenig von ihrer Ehrerbietung für das Dritte Reich zu lösen. Sprich: Den Todestag von Rudolph Hess nicht mehr ganz so festlich zu begehen und nicht allzu ausufernd der Opfer der Bombardements Dresdens zu gedenken. Viele in der Partei nahmen es ihm übel. Nazi-Symbolik und -verehrung erfreuen sich in der NPD seit jeher großer Beliebtheit.

 

Der Rechtsextremismusforscher Fabian Virchow bewertet Apfels Forderungen nach einem moderneren Image in einem Interview mit dem "Freitag" allerdings vor allem als Strategie, um neue Wählerschichten anzusprechen. "Apfel will aus rein taktischen Gründen andere Themen nach vorne stellen", sagte Virchow. Im Kern der Sache, in der Weltanschauung unterscheide er sich nicht von seinen radikaler auftretenden Kameraden.

 

Wie ein Beleg dafür kommen einige Auftritte Apfels im Sächsischen Landtag daher. Da sprach er gern von einer "Schwemme" von Zuwanderern oder brachte einen Antrag namens "Schöner leben ohne Moscheen" ein. In einer Sitzung im vergangenen Jahr empfahl er der SPD, sich ein Beispiel am Zuwanderungsgegner Thilo Sarrazin zu nehmen. Er sagte zwar, dass die NPD gegen die "temporäre" Aufnahme echter politisch Verfolgter nichts einzuwenden habe. Er machte aber auch ausdrücklich deutlich, dass dies nicht für "sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge" gelte. "Es gibt aus guten Gründen keine gesetzliche Grundlage, die die Bundesrepublik dazu verpflichten würde, Zuwanderer aus wirtschaftlicher Not einen Aufenthalt zu gewähren."

 

 

Ironischerweise fällt Apfel nun gewissermaßen selbst in die Kategorie des Wirtschaftsflüchtlings. Er beantragt zwar kein Asyl, aber er profitiert wie Rumänen und Bulgaren, gegen die Rechtspopulisten und Rechtsextreme gern unter dem Stichwort "Armutszuwanderung" wettern, von der Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger.

 

Ein Internetnutzer spottet angesichts dieses Bruchs zwischen Apfels Worten und seinen Taten, dass der frühere NPD-Funktionär offensichtlich nicht verstanden habe, dass es ein Witz sei, dass Mallorca das 17. Bundesland Deutschlands sei. "Der weiß nicht, dass Malle zu Spanien gehört."