Phänomen: Neonazi-Cliquen in Rockermanier

Erstveröffentlicht: 
25.04.2014

Der aktuelle Jahresbericht des Verfassungsschutzes Schlewsig-Holstein zeigt eine schwächelnde NPD und rückläufige Kameradschaftsstrukturen auf.

 

Bei der Vorstellung des schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzberichtes für 2013 kam auch eine neue Auffälligkeit zur Sprache, die länderübergreifend zu beobachten ist: Die „Brigade 8“ ist ein Personenzusammenschluss von rund 50 Mitgliedern aus mehreren Bundesländern, die sich im Habitus von Rockergruppierungen streng hierarchisch aufstellt und Rockerbezeichnungen zum Mitgliederstatus übernimmt, aber auch mit Titeln wie „Gauleiter“ aufwartet. Auf Einheitlichkeit und Uniformierung bedacht werden wie bei Rockern bepatchte Kutten getragen. Der Präsident der „Brigade 8“ kommt dabei aus dem nördlichen Schleswig-Holstein. Kontakte zum Rechtsrock sind eine Auffälligkeit, Verbindungen ins typische Milieu organisierter Kriminalität gibt es laut Innenministerium bislang nicht. Neben der „Brigade 8 gibt“ es im nördlichsten Bundesland auch eine ähnlich operierende Erscheinung mit dem Namen „Wächter Midgards“, die ihren Ursprung nach behördlichen Erkenntnissen in Berlin haben.

 

Insgesamt rechnet der Verfassungsschutz im hohen Norden 1200 Angehörige der Kategorie Rechtsextremismus zu – ein Minus von 20 Personen gegenüber dem Berichtszeitraum 2012. Davon werden 600, also die Hälfte, als gewaltbereit eingestuft. Trend sind eine schwächelnde NPD und weniger aktionistisches Auftreten in der Öffentlichkeit. Die Zahl der einer rechtsgerichteten Motivation zuzuordnenden Straftaten ist von 533 auf 545 gestiegen, die Gewalttaten darunter von 23 auf 26. Überwiegend wurden Propagandadelikte registriert, bei Gewaltakten handelte es sich meist um Körperverletzungen.

 

Gefestigte Szene im Kreis Pinneberg

Bei den Bundestags- und Kommunalwahlen im vergangenen Jahr gab es für die NPD Stimmeneinbußen. Den vergleichsweise größten Zuspruch bekam die rechtsextreme Partei noch in Neumünster, wo sie auch ein Ratsmandat gewann. Ihr Mitgliederbestand ist von 200 auf 190 geschrumpft. Außer für kleine Infostände und Propagandaaktionen scheinen die Nationaldemokraten kaum handlungsbereit. Ein neonazistisch aktionistischer Kern von Freien Kräften und NPD beschränkt sich laut Verfassungsschutz landesweit auf 60 Anhänger. Passives Verhalten liegt häufig an fehlenden Führungsfiguren. Kameradschaften beziehungsweise entsprechende Strukturen sind rückläufig. Eine derart gefestigte Szene sieht der Verfassungsschutz nur noch im Kreis Pinneberg und bedingt andernorts im Hamburger Umland. 

 

In der Musik-Szene sind die Bands „Words Of Anger“, „Sturmwehr“ und „Timebomb“ aktiv. Über Szene-Versandhandelaktivitäten schweigt sich die Jahresbetrachtung aus. Ein reges Verlagswesen steht nach Angaben des Verfassungsschutzes zwar unter Beobachtung, taucht aber nicht im Jahresbericht auf. Grund dafür ist eine gerichtliche Niederlage gegen die Verlagsgruppe „Lesen & Schenken“ aus dem Kreis Plön. Diese hatte juristisch im Vorjahr die Streichung ihres Namens als so genannten Verdachtsfall im Bericht 2012 erstritten.