Am letzten Samstag, den 22.03.2014 fand in Nienburg/Weser eine antirassistische Demo statt. Zuerst war diese "nur" zur Beendigung der internationalen Wochen gegen Rassismus geplant. Anfang März häuften sich allerdings rechtsextreme Aktivitäten, wie z.B. eine Kundgebung der NPD, von der im Vorfeld nicht berichtet wurde und ein Anschlag auf eine Pizzeria, welche u.a. türkische Spezialitäten anbietet. Hier wurde die Scheibe eingeschlagen und es wurden Nazisymbole an die Wände gesprüht. Den Aufruf zur Demo und weitere Informationen zu den vergangenen Naziaktivitäten findet ihr hier
Beginn
Am 22.03. fanden sich dann knapp 100 Leute an der Nienburger Fußgängerbrücke ein. Somit wurde zumindest die Anzahl der angemeldeten TeilnehmerInnen erreicht, was für uns und vor allem für die Kleinstadt Nienburg einen Erfolg darstellt. Die TeilnehmerInnen waren bunt gemischt. So fanden sich ortsansässige sowie angereiste AntifaschistInnen ein. Einige TeilnehmerInnen aus dem "bürgerlichen" Spektrum waren ebenfalls anwesend. So auch das Bündnis gegen Rechtsextremismus aus Bad Nenndorf("Bad Nenndorf ist bunt"), welches jedes Jahr aufs Neue gegen den Naziaufmarsch Anfang August in Bad Nenndorf demonstriert. Außerdem waren einige PolitikerInnen aus den Kreisverbänden da, so auch der Vorsitz der Piratenpartei und der Partei die Linke.
Die VeranstalterInnen nahmen diese Tatsache positiv entgegen.
Um 13:40 Uhr, zehn Minuten nach offiziellem Veranstaltungsbeginn, meldeten sich die VeranstalterInnen zu Wort. So wurden die (übrigens sehr kooperativen) Auflagen, die Route sowie der Aufruf in veränderter Form vorgetragen. Die Auftaktkundgebung war somit eigentlich gar keine richtige Kundgebung. Hier war die Stimmung aber sehr gut und schon seit 12:30 kamen Menschen zusammen und beteiligten sich beim Aufbau des Lautsprecherwagens sowie beim Verteilen von Flyern an PassantInnen.
Demozug
Um 14:00 Uhr ging es dann los. In der ersten Reihe und den Folgenden gingen vorwiegend AntifaschistInnen und machten hier noch lautstark klar, was sie von Rassismus und Diskriminierung halten. Nämlich überhaupt nichts. Vor allem als der Demonstrationszug eine der belebtesten Straßen("Lange Straße") betrat, war sie nichtmehr zu überhören oder zu übersehen. Auch der hintere Teil der Demo war nicht zu übersehen. Einige bunte Transparente und Banner und (für Nienburg) viele Leute. Der Lautsprecherwagen musste aus logistischen Gründen leider hinterher fahren.
Am Ende dieser Straße gab es dann eine Zwischenkundgebung. Hier wurden zwei Redebeiträge gehalten. Der erste der beiden Beiträge drehte sich um das Thema Asylpolitik in Deutschland und Europa. Lebensbedingungen von Flüchtlingen, die in Deutschland oder anderen europäischen Staaten angekommen sind und die andauernde Ausgrenzung und Stigmatisierung, auch im Sinne des "Racial Profiling", wurden hier thematisiert. Der zweite Redebeitrag stammte von der Initiative gegen rechten Lifestyle in Hannover. Diese engagiert sich, wie bekannt, gegen den rechten Szeneladen "Tonsberg" in Hannover, welcher ausschließlich Kleidung der Marke "Thor Steinar" verkauft. Für sie war es wichtig, auch die Menschen im Umland von Hannover auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen. Dieser, etwas kürzere, Redebeitrag wurde zusätzlich als Aufruf benutzt, um die TeilnehmerInnen auf die Demo am 5. April in Hannover aufmerksam zu machen, welche sich ein weiteres Mal gegen den genannten Laden richtet. Leider konnten bei dieser Kundgebung nur wenige Menschen erreicht werden, die außerhalb der Demo waren. Die Stadt war teilweise schon wie leer gefegt, obwohl zuvor in der Langen Straße noch viele Menschen erreicht werden konnten.
Nach kurzen Abbauarbeiten von Mikrofon und Sammeln der Leute ging es weiter. Die Demo hat ab jetzt einiges an Lautstärke und Entschlossenheit, die zu Anfang an den Tag gelegt wurde, verloren. Der zweite Teil der Demo verlief deshalb eher ruhig und viele Menschen konnten somit auch nicht erreicht werden. Die AntifaschistInnen und auch die BürgerInnen hatten aber trotzdem sichtlich ihren Spaß. So wurde dann aber relativ schnell der Ort erreicht, der für die Schlusskundgebung vorgesehen war.
Die TeilnehmerInnen kamen an und lauschten dann dem letzten Redebeitrag. Hier kam es zu zwei Zwischenfällen. Zum Einen wurde der Beitrag durch Zwischenrufe eines älteren Mannes unterbrochen, der mehrfach "Lüge!" rief. Ob dies ganz ernst zu nehmen ist, ist fragwürdig. Der Mann war stark alkoholisiert und entfernte sich auf Zureden der TeilnehmerInnen auch relativ schnell. Auch der zweite Vorfall erübrigte sich. Hier war ein junger Mann, der von außerhalb absichtlich Lautstärke erzeugte, um den Redebeitrag zu stören. Als er darauf angesprochen wurde, ließ er Phrasen wie "Deutschland ist doch ein geiles Land!" ab, ging aber auch nach kurzer Diskussion mehr oder weniger freiwillig. Ob dies eine Person aus dem rechten Spektrum war, können wir leider nicht sagen. Wir vermuten es aber nicht. Sofern mensch der Polizei trauen kann, ist er es auf keinen Fall gewesen, da diese ihn kennt und zu den VeranstalterInnen meinte, das habe keinen politischen Hintergrund. Auch Fotos oder Filme hat er nicht gemacht.
Die Polizei war auch eher nicht auf Eskalationskurs. Im Gegenteil. Sie verhielt sich weitgehend neutral und hielt meistens Abstand von der Demo. Ein einzelner Polizist kam z.T. in die Reihen, was aber von TeilnehmerInnen bemängelt wurde. Danach ging er nur noch am Rand und auch er hielt dann eher Abstand. Sie waren mit ca. 10 BeamtInnen vor Ort.
Fazit
Als Fazit ist zu sagen, dass es schön war, in Nienburg endlich mal wieder ein Zeichen zu setzen. Vor allem nach den Naziaktivitäten der letzten Wochen war das nötig und richtig. Auch gefreut hat, dass soviele unterschiedliche Leute, Erwachsene wie Kinder und auch soviele AntifaschistInnen vor Ort waren. Dass die Demo im zweiten Teil an Kraft verlor war schade. Auch die z.T. menschenleeren Straßen passten nicht ganz ins Bild. Leider ist dies, auch aus Sicht des Veranstalters/der Veranstalterin nicht zu ändern. Wir denken, dass wir trotzdem ein paar Menschen in Nienburg erreichen konnten. Auch der große Bericht in der Zeitung der Stadt war nicht zu übersehen und hat einige Menschen bestimmt noch einmal aufmerksam gemacht.
Wenn es ein nächstes Mal gibt, gibt es einige Dinge, die wir noch beachten können, jetzt aber gelernt haben!
Wir hoffen, dass alle TeilnehmerInnen zufrieden mit der Demo waren, sind aber für Kritik, Verbesserungsvorschläge, Tipps usw. natürlich offen!
Gegen Nazis und Rassisten in Nienburg (... und überall)!
Kein Fuß(breit) den Faschisten!
http://against-racism-nienburg.blogspot.de/