Bautzen: Refugees welcome! Dem rassistischen Mob entgegentreten!

Refugees Welcome

Am 15. März 2014 ruft eine Bürgerinitiative mit dem Namen “Bautzen wehrt sich gegen Asylmissbrauch” zu einer Demonstration auf. Die Mobilisierung läuft vorrangig über eine Facebook-Seite, die bei derzeit ca. 3.000 Nutzer_innen Gefallen gefunden hat. Wer sich jetzt an Schneeberg und die rassistischen Mobilisierung einer von der NPD gesteuerten “Bürgerinitiative” erinnert fühlt, liegt nicht falsch. Die Parallelen sowohl in Diktion, als auch in der Organisierung sind offensichtlich. Erneut will die NPD mit einer vermeintlichen Bürgerinitiative rassistische Ressentiments schüren und auf Stimmenfang für die bevorstehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahl gehen. Dem werden wir jedoch nicht tatenlos zusehen.

 

Und das ist wichtiger denn je: Die Zahl rechtsmotivierter Angriffe auf Asylsuchendenunterkünfte in Deutschland ist deutlich angestiegen. So registrierte das BKA für das Jahr 2013 eine Verdopplung auf 58 rechte Straftaten im Umfeld von Asylsuchendenunterkünften. Sachsen ist in dieser Aufstellung mit zwölf Attacken wieder einmal trauriger Spitzenreiter. Laut unabhängigen Initiativen liegt die Zahl der Aktionen und Angriffe gegen Asylsuchende jedoch noch weitaus höher. Ebenso ist die Zahl rassistisch motivierter Angriffe gestiegen. Für Sachsen zählte die RAA Opferberatung 85 Taten, im Vorjahr waren es noch 60. Auch hier ist von einer beträchtlichen “Dunkelziffer” auszugehen. Der Zusammenhang mit der zunehmenden rassistischen Hetze gegen Asylsuchende und Zugewanderte ist offensichtlich. Umso mehr ist an dieser Stelle praktische Solidarität mit den Betroffenen nötig und zugleich entschiedener Widerspruch gegen jede Form von Rassismus.

 

Denn offene rassistische Hetze und Attacken sind nur eine Seite der Medaille. Die andere zeigt sich im strukturellen und institutionellen, alltäglichen Rassismus. Dieser ist die Grundlage für das, was gerade überall in Deutschland geschieht, in Greiz, Schneeberg oder jetzt in Bautzen. Menschen, die in Deutschland um Asyl bitten, werden in alte Schulen, verlassene Kasernen, an entlegene Orte geschafft. Mit Unterkünften, die Gefängnissen gleichen, wird klar gemacht, dass man hier alles andere als willkommen ist. Alternative Konzepte wie die dezentrale Unterbringung oder gar ein selbstbestimmtes Wohnen schon während des Asylverfahrens kommen fast nie zur Anwendung. Statt an Emphatie wird an ein »Mitleid mit den Opfern« appelliert. Statt eine politische und soziale Gleichheit Aller wird die Anpassung der »Fremden« gefordert.

 

Gerade deswegen braucht es Solidarität mit den Geflüchteten und ihren Kämpfen für ein menschenwürdiges Leben. Eigentlich eine banale Forderung, in Sachsen findet sie jedoch nur wenig Gehör. Im Gegenteil: die sächsische Landesregierung griff im Zuge der “Asyldebatte” um Schneeberg die NPD-Diktion vom “Asylmissbrauch” auf, versprach härter gegen Asylsuchende vorzugehen und rühmte sich der hohen Zahl an Abschiebungen in Sachsen. Die Proteste gegen Asylunterkünfte hingegen werden als “berechtigte Sorgen” dargestellt. Die Erstaufnahmeeinrichtung in Schneeberg wird im Anschluss an Proteste abgewickelt und geschlossen. Das ist Wasser auf die Mühlen der Rassist_innen, die sich in ihrem Vorgehen bestärkt fühlen. Derweil präsentiert sich die NPD als die eine Partei, die “Sorgen und Ängste” ernst nähme – mit Flugblättern, Infoständen, Facebook-Bürgerinitiativen und eben Demonstrationen. Wo “Wehrt sich” oder “Nein zum Heim” draufsteht, steckt meist NPD drin. Das ist auch in Bautzen nicht anders. Das V.i.s.d.P der von “Bautzen wehrt sich gegen Asylmissbrauch” verteilten Plakate verweist auf die Geschwister-Scholl-Straße 4 in Riesa – Sitz des NPD-eigenen Deutsche Stimme-Verlags, des NPD-Landesverbandes, sowie des NPD-Kreisverbandes Bautzen.

 

In der Gesamtheit der Vorgänge, die sich gegen Asylsuchendenheime richten, zeigt sich ein unverkennbares Bedrohungspotential. Ob als Brandanschlag, als Demonstration und Fackelmarsch, oder in Form von Politiker_innen, die von Kapazitätsgrenzen und unzumutbaren Belastungen reden: Überall da wo sich ein Anlass bietet, bricht sich die hässliche Fratze des Rassismus bahn. Und angesichts der Menge und der Artikulationsformen kommen wir kaum umhin, Parallelen zu den 1990er Jahren der Nachwendezeit zu ziehen, als anfängliche Proteste sich zu einem Flächenbrand entwickelten und schließlich in den Pogromen und tödlichen Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Solingen, Mölln, Leipzig und all den anderen Städten mündeten. Und deren Ergebnis die faktische Abschaffung des Asylrechts war.

Wichtig ist, jetzt auch in Bautzen ein deutliches und konsequentes Zeichen gegen den rassistischen Mob zu setzen. Dennoch: Wir dürfen dabei nicht stehen bleiben! Unser Kampf muss weiterhin all jenen gelten, die – ob in den Amtsstuben mit dem Stempel oder auf der Straße mit der Fackel in der Hand – den Einzelnen ihre Chance auf ein gutes Leben verweigern wollen.

 

Bleiberecht für Alle! Schluss mit der rassistischen Hetze!

 

Heraus zur Demonstration in Bautzen!

 

Startpunkt: 16:00 uhr, Bahnhof Bautzen

Aktuelle Infos: http://refugeeswelcome.blogsport.eu

 

Anreise:

Aus Leipzig mit dem Bus: Tickets im Lazy Dog und El Libro.

Aus Dresden mit dem Zug: pünktlich 14:15 Uhr im Park hinter dem Bahnhof Neustadt