Massenschlägerei: Aufklärung gestaltet sich schwierig

Erstveröffentlicht: 
16.01.2014

Drei Jahre nach dem Auftritt einer rechten Truppe in Herten gibt es Gedächtnislücken bei Zeugen und völlig verschiedene Aussagen zum Hergang.

 

RHEINFELDEN (tm). Am zweiten Verhandlungstag gegen sechs junge Männer aus der rechten Szene zeigt es sich, dass sich die Massenschlägerei vor drei Jahren in Herten nur mühsam aufklären lässt. Fast alle Beteiligten erinnern sich schlecht. Die Verteidiger sind der Auffassung, es kämen nur Freisprüche in Betracht.

Offenbar waren fast alle Beteiligten sehr stark betrunken. Dieser Umstand und weil nun schon drei Jahre seit dem Ereignis vergangen sind, beeinträchtigt die Erinnerung der Zeugen. Hinzu kommt, dass die Massenschlägerei im Nachhinein großes Gesprächsthema in Rheinfelden war und auch einige falsche Gerüchte kursierten bis hin zu der Behauptung, es habe einen Toten gegeben.

Den Angeklagten, die zumindest teilweise der politisch rechten Szene zuzuordnen sind und von denen einer am zweiten Verhandlungstag ein T-Shirt der unter Rechtsradikalen beliebten Marke Thor Steinar trug, standen offenbar keine ausgewiesenen Linken gegenüber. Mehrere Zeugen aus der anderen Gruppe sagten, sie seien nicht links oder seien unpolitisch. Ein 32-jähriger Heilerziehungspfleger sagte: "Ich kann Nazis nicht leiden, aber mit den Linken habe ich nichts zu tun." Allerdings fühlten sie sich von den Rechten provoziert und wollten sich von diesen nichts gefallen lassen. Wer allerdings wen zuerst provoziert hat, da gehen die Ansichten auseinander. Ein Angeklagter sagte, seine Gruppe sei mit den Worten "Scheiß Nazis" begrüßt worden. Ein Zeuge sagte gestern indessen, die Rechten hätten Leute aus ihrer Gruppe zuerst als "Schwuchtel" bezeichnet.

Später standen die Rechten draußen gegenüber der Kneipe, und als die andere Gruppe aus dem Lokal kam, ging die Schlägerei los. Während die einen sagten, die Rechten seien mit Schlagwaffen ausgerüstet gewesen, was sogar von einem Angeklagten bestätigt wurde, behaupten die Rechten, die andere Gruppe sei aus dem Lokal gestürmt und auf sie losgegangen. Dabei hätten sie Flaschen und Steine geworfen. Davon wusste wiederum aus der anderen Gruppe niemand etwas. Der 32-Jährige Heilerziehungspfleger berichtet, der Wirt habe ihm gesagt, da draußen stehen Leute mit Knüppeln. "Ich bin dann raus und habe mir das angeschaut. Ich lasse mich nicht bedrohen und einschüchtern", sagte der 32-Jährige.

Alle Zeugen berichteten jedoch übereinstimmend, die Auseinandersetzung habe auf der Straßenseite gegenüber der Kneipe stattgefunden. Dort hatten die Rechten gewartet. Die Verteidiger ziehen daraus den Schluss, dass die andere Gruppe auf die Gruppe der Angeklagten losgegangen sein muss oder sich mindestens in ihre Richtung bewegt hat. Folglich sei der Angriff von der anderen Seite ausgegangen, und die Rechten hätten sich nur verteidigt. Es könne also gar nichts anderes als Freisprüche herauskommen, selbst eine Einstellung gegen Geldauflage komme nicht in Frage. Der Staatsanwalt wies jedoch darauf hin, dass man dann kein Notwehrrecht habe, wenn man den Angriff selbst provoziert und sich bereits bewaffnet gegenüber der Kneipe aufbaut. Einige Beteiligte zogen sich bei der Auseinandersetzung Prellungen zu, zwei erlitten Platzwunden. "Das war schon eine der schlimmsten Schlägereien, die ich in meinem Leben hatte, und ich hatte nicht wenige", sagte ein 31-Jähriger Zeuge. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.