Rechte Schläger stehen vor Gericht

Erstveröffentlicht: 
15.01.2013

Verteidigerin des NSU-Prozesses engagiert / Staatsanwaltschaft wirft 22-Jährigem vor, Fenster der Moschee eingeworfen zu haben.

 

RHEINFELDEN. Zu einer Schlägerei zwischen zwei größeren Gruppen von Jugendlichen, die politisch rechts und links stehen, ist es am 26. Februar 2011 vor einer Gaststätte in Herten gekommen. Es flogen Flaschen und Steine, die Rechten hatten sich mit Baseballschlägern und Schlagstöcken bewaffnet. Jetzt stehen sechs junge Männer aus der rechten Szene wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung in Lörrach vor dem Jugendschöffengericht.


Unter Polizeipräsenz und großem Sicherheitsaufgebot begann gestern der auf mehrere Tage angesetzte Prozess. Jeder Besucher des Gerichts wurde in einer Sicherheitsschleuse kontrolliert. Vor dem Jugendschöffengericht schwiegen vier der sechs Angeklagten, nur zwei waren bereit, auszusagen. Es sind offenbar diejenigen, die nicht dem harten Kern der rechten Szene angehören, sondern dabei eher am Rand standen.

Ein 20-Jähriger Industriemechaniker sagte, er sei mit den anderen spät nachts in die Kneipe gegangen, doch schon vor dem Lokal habe es Probleme gegeben. "Scheiß Nazis, verpisst euch", hätten andere Jugendliche ihnen entgegen gerufen. Es kam zu einer kleinen Rangelei am Eingang der Gaststätte. Danach waren beide Gruppen im Lokal, der Wirt hatte die Rechten im Hauptgastraum und die Linken im Nebenraum platziert. "Aber man hat gemerkt, da herrscht dicke Luft", erzählte ein Angeklagter, ein 19-jähriger Auszubildender.

Später verließen die Rechten das Lokal, gingen aber nicht weg, sondern hielten sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch längere Zeit auf. Ein 28-jähriger Angeklagter forderte den 19-Jährigen auf, zu seinem Bruder zu laufen und dort Baselballschläger und Schlagstöcke zu holen, was dieser auch tat. Dann seien die Linken aus dem Lokal gekommen und hätten Flaschen und Steine gegen die Rechten geworfen. Während der 19-Jährige mit einer jungen Frau weglief und sich versteckte, mischte der 20-Jährige in der Gruppe mit. Er habe mit einem Baseballschläger "herumgefuchtelt", dann habe er Pfefferspray abbekommen und nichts mehr gesehen. Später soll er einem anderen aber gesagt haben: "Ich habe einem von denen eine zentriert."

Der 20-Jährige war noch ziemlich neu in dieser Gruppe. "Ich hatte Interesse an der rechten Szene, aber für mich war vor allem interessant, zu einer großen Gruppe zu gehören, die hinter einem steht", sagte er über die rechte Gruppierung, zu der er anlässlich einer Feier am Rhein fand. Inzwischen habe er sich jedoch aus dieser Szene gelöst. Der 19-Jährige kam offenbar nur an diesem Abend über den Bekannten in diese Runde. Neben diesen beiden stehen noch ein 24-Jähriger, ein 23-Jähriger, ein 22-Jähriger und ein 28-Jähriger vor Gericht.

Der 22-jährige Kaufmann, der inzwischen in der Nähe von Köln wohnt, ist offenbar stärker in der rechten Szene aktiv. Er ist laut Anklage als erster losgefahren, um Schlagwerkzeug zu holen, und das, obwohl er keine Fahrerlaubnis hatte. Weiterhin wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, zweimal mit unbekannten Mittätern Fensterscheiben an der Moschee in Rheinfelden eingeworfen zu haben, einmal am 22. Mai 2010, ein weiteres Mal am 4. November 2010. Es entstand Sachschaden von 2400 und 3000 Euro.

Insgesamt acht Fahrten trotz Fahrverbot wirft ihm die Staatsanwaltschaft zudem vor, wobei er in einem Fall einen Unfall baute und trotz eines Fremdschadens von 750 Euro flüchtete. Bei einer Kontrolle in Weil am Rhein hatte der 22-Jährige auf dem Weg zu einer Nazi-Kundgebung in Schweinfurt 19 Dolche und Messer im Auto, die mit Hakenkreuzen und SS-Runen verziert waren.

Seine Verteidigerin Nicole Heisig, die auch im Münchner NSU-Prozess als Verteidigerin tätig ist, stellte den Antrag, den einen Anschlag auf die Moschee und die Fahrten trotz Fahrverbot durch Urteil einzustellen, weil die Anklageschrift nicht den Anforderungen für ein Schöffengericht entsprechen würden. Das Gericht lehnte das im Fall der Fahrten ab. Das Verfahren wegen des einen Moschee-Anschlags trennte das Gericht ab, dieser Vorfall wird später vor dem Einzelrichter verhandelt. Der Prozess wird heute mit der Vernehmung vieler Zeugen fortgesetzt.