Ein neues Urteil zu finden, dauert länger

und Helfer
Erstveröffentlicht: 
11.03.2009

Die Berufungsverhandlung gegen zwei Polizisten, die ein Amtsrichter vor eineinhalb Jahren vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen hatte, ist arg ins Stocken gekommen, bevor sie überhaupt richtig begann. Die Verteidiger der beiden Angeklagten nämlich beantragten, die vom Vorsitzenden Richter am Landgericht mit einem Glaubwürdigkeitsgutachten über den Nebenkläger beauftragte Sachverständige als "voreingenommen", "unprofessionell" und "befangen" abzulehnen.

 

Diesen Vorwurf gegen sich und ihr 760. Gutachten während der vergangenen drei Jahrzehnte wies die promovierte Psychologin am zweiten Verhandlungstag ebenso detailliert zurück, wie ihn einer der beiden Anwälte am ersten Tag begründet hatte. Nun haben Verteidigung, Staatsanwalt und Nebenkläger erst mal Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Über den Befangenheitsantrag will der Richter dann am Montag mit seinen beiden Schöffen entscheiden – und offenbar vor allem den Eindruck vermeiden, sich nicht genügend Zeit zu nehmen. Dies hatten im Oktober 2007 etliche Prozessbeobachter dem Amtsrichter angekreidet, der in seinem am Ende unversehens fix gesprochenen Urteil festschrieb: Der Nebenkläger sei scheinbar "wenig glaubwürdig" und "ein schlechter Schauspieler". Die Polizisten dagegen seien in ihren "Einlassungen" nicht zu widerlegen und deshalb freizusprechen gewesen.


Und zwar von dieser Anklage: Zwischen etwa 4.30 und 4.45 Uhr am 10. Dezember 2005 sollen die damals 25- und 27 Jahre alten Polizeibeamte nach der Weihnachtsfeier der Zentralen Ermittlungsgruppe Rauschgift reichlich alkoholisiert (mindestens 1,57 und 2,05 Promille) auf der Hans-Sachs-Gasse einen heute 27-Jährigen festgehalten, geschlagen, getreten, zweimal auf den Boden geworfen und seine Taschen durchsucht haben.

Beide hatten vor dem Amtsgericht diese "Körperverletzung im Amt" bestritten, während der junge Mann, der auch jetzt wieder als Nebenkläger auftritt, die ihnen zur Last gelegte Straftat damals bestätigte. Neun Zeuginnen und Zeugen (und damit nicht so viele, wie von der Nebenklage gefordert) sowie einen Sachverständigen ließ der Amtsrichter in jenem Oktober 2007 an drei Verhandlungstagen zu Wort kommen, ehe er die Angeklagten freisprach. Für die Berufungsverhandlung, mit der Staatsanwaltschaft und Nebenklage eine Verurteilung der beiden Polizisten erreichen möchten, sind jetzt 23 Zeuginnen und Zeugen sowie zwei Sachverständige vorgesehen – und zwar an (aufgrund des Befangenheitsantrags der Verteidigung) mittlerweile mindestens acht Verhandlungstagen bis zum 5. Mai.

"Es ist sicher ein schwieriger Fall", machte der Vorsitzende Richter zu Beginn des Prozesses in zweiter Instanz deutlich. Für ihn Grund genug, die erfahrene Sachverständige mit einem Gutachten über den Nebenkläger zu betrauen. An einem jedenfalls ließ der Richter am Landgericht gleich am Anfang keinen Zweifel aufkommen: "Wie es am Ende ausgehen wird, weiß man nicht – aber das Urteil wird weder damit zu tun haben, dass die Angeklagten Polizisten sind, noch damit, dass der Nebenkläger ein Ausländer ist."