Grünen-Geschäftsstelle verunstaltet: Trümmer in Marzahn-Hellersdorf

Erstveröffentlicht: 
08.12.2013

Eine offenbar rechte "Bürgerbewegung" verhängt eine Grünen-Geschäftsstelle mit einem Transparent. Hintergrund ist Debatte über Trümmerfrauen in München.

 

In der Nacht zu Sonntag haben Unbekannte die Geschäftsstelle der Grünen in Marzahn-Hellersdorf verunstaltet. „Bündnis 90/Die Grünen sind Denkmalschänder“ stand auf einem Stofftransparent, das über der Schaufensterscheibe des Ladenlokals in Alt-Biesdorf hing. „Eine Strafanzeige ist in Arbeit“, kündigt Matthias Raudies von den Grünen des Ostbezirks an.

 

Auf Facebook bekannte sich eine „Bürgerbewegung Hellersdorf“ zu der Aktion. Die Gruppe agiert erst seit letzter Woche anonym in dem sozialen Netzwerk. Es ist unschwer zu erkennen, dass sie Nachfolger der NPD-nahen „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ ist, deren Webpräsenz von Facebook vor zwei Wochen gelöscht wurde.

 

 Auch die sogenannte Bürgerbewegung agiert unverhohlen mit fremdenfeindlichen Parolen und bekannte sich zudem dazu, am Freitag an das Hellersdorfer Asylbewerberheim „Rückflugtickets“ für die Bewohner geheftet zu haben. Das erinnert an NPD-Aktionen gegenüber migrantischen Politikern. Die rechtsextreme Partei hatte im Wahlkampf solche „Tickets“ verschickt.

 

Die Aktion an der Parteigeschäftsstelle der Grünen soll eine Reaktion auf Diskussionen über Trümmerfrauen in München sein. Die Grünen an der Isar hatten ein Trümmerfrauendenkmal verhangen, weil neue historische Forschungen ergeben hätten, dass in München Trümmerfrauen keine so große Rolle gespielt hätten wie in anderen Städten. Die Trümmer hätten mehrheitlich männliche Altnazis weggeräumt, und das auch nicht freiwillig: Die Alliierten hätten sie zwangsverpflichtet. Diese These ist allerdings nicht nur in rechten Kreisen umstritten. Die Rechten unterstellen den Grünen wegen dieser Aktion nun „antideutsches Verhalten“ und „Denkmalschändung“.

 

Anonyme Drohmails

 

„Obwohl ich als Hellersdorfer gar nichts mit München zu tun habe, bekam ich am Wochenende eine anonyme Drohmail, in der ich als Geschichtsleugner hingestellt wurde“, sagt Raudies. „Und da war ich nicht der einzige Grüne in Berlin. Wir haben die Mails an das Landeskriminalamt weitergeleitet.“

 

Die Grünen werten die Verunstaltung ihres Parteibüros als einen „feigen Angriff aus der Anonymität heraus“, so deren Abgeordnete Canan Bayram. Sie sieht einen Zusammenhang mit einem für Freitag geplanten Neonaziaufmarsch durch Friedrichshain. Dessen Anmeldung hatte NPD-Chef Sebastian Schmidtke kurzfristig zurückgezogen, wie auch die Polizei bestätigt. Bayram: „Da ein Gericht Schmidtke letzte Woche zu einer Bewährungsstrafe mit einer dreijährigen Bewährungszeit verurteilt hat, versucht er jetzt wohl, alles zu unterlassen, was ihn in den Knast bringen könnte. Und da müssen andere Rechte ihren Frust wohl auf andere Art abbauen – und wählen die Anonymität.“ MARINA MAI