Lage/Karlsruhe. Der Generalbundesanwalt ist mit einer umfassenden Razzia gleichzeitig gegen fünf Betreiber der rechtsextremistischen Internet-Plattform "Altermedia" vorgegangen. Einheiten des Bundeskriminalamts (BKA) nahmen dabei Jutta V. (47) aus Lage (Kreis Lippe) und Ralph Thomas K. (27) aus St. Georgen (Baden-Württemberg) als führende Betreiber der Neonazi-Seite fest. Der Verdacht: Bildung einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erließ zudem ein Verbot der Seite, die als ältestes Hassorgan der rechten Szene gilt. Sie war mit Unterbrechungen seit 1997 online, zuletzt mit mehreren Millionen Seitenaufrufen pro Jahr.
Rund 60 BKA- und LKA-Beamte durchsuchten am Morgen die Wohnungen der Beschuldigten in Lage, St. Georgen, Berlin, Thüringen sowie Lloret de Mar (Spanien). An den Ermittlungen waren auch der Verfassungsschutz und bei Jutta V. auch der Bielefelder Staatsschutz beteiligt.
InformationRadikalisierung
Verfassungsschützer beklagen eine Radikalisierung in der Asyldebatte. Sie werde "zunehmend emotional geführt", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen. "Die Abgrenzung zwischen bürgerlichem und extremistischem Anti-Asyl-Protest erodiert." Die rechte Szene versuche, sich an bürgerliche Milieus anzuschließen. Es bestehe die Gefahr, dass zwischen Extremisten, Rechtskonservativen und Protestbürgern ein Milieu mit erheblichem Gewaltpotenzial entsteht.
Nach BKA-Ermittlungen haben Jutta V. und Ralph K. die Seite als Rädelsführer neu aufleben lassen. Sie hätten zahlreiche volksverhetzende Äußerungen von Nutzern auf die ideologischen Vorgaben des Portals überprüft und dann freigeschaltet. De Maizière sprach von "rechtsextremistischer Hetze im Internet": "Diese Vereinigung fördert und ermöglicht die Verbreitung übelster rassistischer und fremdenfeindlicher Kommentare und Beiträge, in denen Straftaten gegen Ausländer verteidigt, zu Straftaten aufgefordert und Taten des Nationalsozialismus gerechtfertigt werden."
Altermedia sei "hochgradig konspirativ" tätig gewesen, sagte de Maizière. Dazu gehöre auch, dass der Server der Seite in Russland stehe. Ein Zugriff der Polizei ist unmöglich. Die Ermittler haben deshalb russische Behörden gebeten, den Server abzuschalten. K. und V. sollen spätestens heute dem Ermittlungsrichter in Karlsruhe vorgeführt werden.
Interessant: Zwischen Ralph K. und dem Herzebrocker Neonazi Meinolf Schönborn (60) bestehen neuerdings intensive Kontakte. Wiederholt hatte K. den Ostwestfalen zu Neonazi-Stammtischen in den Schwarzwald eingeladen. Insider sprechen von "neuem Schwung im müde gewordenen Wirken" des langjährigen Aktivisten. Jutta V. gilt als Schönborn-Bekannte. Laut ARD soll sie auch Kontakte zum rechtsextremistischen Hetzpamphlet "Stimme des Reichs" pflegen, in dem Holocaustleugner wie Ursula Haverbeck zu Wort kommen.