[HH] Abschiebungen vor Januar? SPD-Recherche

Lampedusa in Hamburg

SPD-Klönschnack mit der Bürgerschaftsfraktion in Hamburg:
Frage: "Im Moment sind viele Studenten mit dem Thema Flüchtlinge konfrontiert. Natürlich haben wir auch eine Meinung dazu ;) Die Frage ist jetzt aber, wie wir am besten die Meinung der SPD auf unserer Website abbilden können, ohne die Studierenden abzuschrecken, falls die Flüchtlinge nach der Prüfung ihres Asylantrages doch schon während den Wahlen im Januar abgeschoben werden. Vielleicht hast Du ein paar strategische Hinweise für mich?"


Antwort: "Mir fällt gerade als Hinweis nur ein, euren Wahlkampf auf das Thema Fairness auszurichten. Grundtenor: Gleiche Rechte für alle, warum sollten Asylsuchende bevorzugt werden, die ihre Daten nicht angeben? Das wäre schließlich nicht fair denjenigen gegenüber, die sich "brav" melden. Damit ist die Gefahr zumindest deutlich verringert im Januar alle Flyer einstampfen zu müssen. ;-)"

 

Hamburg, 08.11.2013- Am Mittwoch den 6. November verschickte der endgültige Satireblog „Juks unter Studiosi (kurz: juso)“ von der Adresse kontakt@juso-uhh.de eine Rechercheanfrage an die Abgeordneten der Bürgerschaftsfraktion der SPD, die im folgenden dokumentiert ist:


–––––Beginn der Anfrage––––––

Betreff: [StuPa-Wahl] Flüchtlingspolitik || 6.11.13 - 16:02 bis 16:25 Uhr von kontakt@juso-uhh.de

Lieber „Vorname des Parlamentmitglieds“,

wie Du vielleicht schon mitbekommen hast, finden an der Uni Hamburg im Dezember und Januar die Wahlen zum Studierendenparlament statt. Im Moment gibt es einen AStA aus CDU Hochschulgruppe, Liberaler Hochschulgruppe, der Juso-Hochschulgruppe und vielen anderen Listen.

Wir werden in der thematischen Arbeit zur Wahl nun durchstarten, den Campus rocken und wollen auch einige Artikel auf unserem Blog erstellen. Die meisten Studenten freuen sich immer noch sehr über den Wegfall der Studiengebühren – das war ein großer Erfolg, danke dafür!

Im Moment sind viele Studenten mit dem Thema Flüchtlinge konfrontiert. Natürlich haben wir auch eine Meinung dazu ;) Die Frage ist jetzt aber, wie wir am besten die Meinung der SPD auf unserer Website abbilden können, ohne die Studierenden abzuschrecken, falls die Flüchtlinge nach der Prüfung ihres Asylantrages doch schon während den Wahlen im Januar abgeschoben werden. Vielleicht hast Du ein paar strategische Hinweise für mich?

–––––Ende der Anfrage––––––


Dazu der Autor des Satireblogs juso-uhh.de: „Diese Woche habe ich mit der Arbeit an einem Satireblog zu den Studierendenparlamentswahlen an der Universität Hamburg begonnen. Ich habe mich in einem ersten Beitrag darüber lustig gemacht, dass der RCDS (CDU-Hochschulgruppe) an der Universität Hamburg auf dem sozialen Netzwerk Facebook Offenheit für die Aufnahme von eurokritischen AfD-Sympathisant*innen signalisiert hat. Der nächste Beitrag sollte sich auf humorvolle Art und Weise mit den ernsten Themen Migration, Rassismus und Stadtpolitik beschäftigen. Dabei habe ich mich während der Recherche weder als JUSOS ausgeben (s.o.) und auch der Satireblog grenzt sich strikt davon ab, etwas mit den JUSOS zu tun zu haben (s.u.). Seit Mittwoch Abend drohen mir die Jungen SozialistInnen Hamburg (JUSOS) unverständlicher Weise mit rechtlichen Schritten:

–––––Beginn der Drohung––––––

Wir fordern dich deutlich und endgültig auf die Seite www.juso-uhh.de unverzüglich vom Netz zu nehmen und jedweden Versuch dich als Vertreter der Juso Hochschulgruppe auszugeben zu unterlassen. Dies betrifft vor allem, aber nicht ausschließlich Anfragen an Funktionäre oder Mandatsträger der SPD über die Mailadresse kontakt@juso-uhh.de.
 Solltest du der Aufforderung nicht nachkommen, sehen wir uns gezwungen rechtliche Schritte zu unternehmen.

––––––Ende der Drohung––––––

Viele Menschen sind bereit für einen öffentlichen Konflikt mit den JUSOS und der Hamburger SPD. Dabei geht es mir nicht etwa um Personen - ich lehne Angriffe auf Wohnhäuser von Bürgerschaftsabgeordneten entschieden ab – sondern um einen ehrlichen und fairen Dialog von Seiten der SPD, als alleinregierender Partei. Es geht um die Beantwortung der Fragen:

Wird das Grundrecht auf Asyl wieder eingeführt? Werden alle Lager und Sammelunterkünfte geschlossen und können Geflohene ihren Wohnort selbst wählen? Wird die Soziale Arbeit in Hamburg ausreichend finanziert, um mit der Mehrzahl an (minderjährigen) Geflohen arbeiten zu können? Wann enden die rassistischen Kontrollen? Wann äußert sich die SPD zu einer Gruppenlösung nach Paragraph 23 für die Gruppe Lampedusa in Hamburg? Wann beginnt die breite Mehrheit der Gesellschaft darüber nachzudenken, wie eine Zukunft gemeinsam unabhängig von deutschen Papieren in Hamburg gestaltet werden kann und mit welchen Steueränderungen dies finanzierbar wäre?“

Keinesfalls wollte sich der Satireblog „juso-uhh.de“ auf irgendeine Art und Weise als Teil der Jungen SozialistInnen an der Universität Hamburg ausgeben, sondern lediglich „strategische Hinweise“ von der SPD in einen zukünftigen Artikel einfließen lassen, um endgültig Klarheit darüber zu erlangen, wie die Hamburger SPD zukünftig mit Geflohenen umgehen will. Um dies zu verdeutlichen, wurde in der Nacht vom 6. auf den 7. November erneut und zeitnah zur ersten Nachricht eine weitere an die Mitglieder der  Bürgerschaftsfraktion der SPD Hamburg versendet. Diese stellte den Sachverhalt nun erneut und ausführlicher dar und präzisierte die Fragestellung nach dem Vorgehen der SPD:

–––––Beginn der zweiten Anfrage––––––

Betreff: [StuPa-Wahl] Flüchtlingspolitik + SPD-Politik = keine Entschuldigung, aber eine Erklärung || 7.11.13 – 1:08 Uhr von kontakt@juso-uhh.de

An die SPD Bürgerschaftsfraktion.

Wie ihr inzwischen festgestellt habt, ist diese E-Mailadresse nicht diejenige der Hochschulgruppe der AG JungsozialistInnen in der SPD an der Universität Hamburg (jusos-uhh), sondern diejenige des endgültigen Satireblogs „Juks Unter StudiOsi (kurz: juso)“.

Erschreckt sein solltet ihr nicht über meinen Humor, sondern von den jungen Menschen, die sich an der Universität noch SozialistInnen nennen. Sie umgeben sich mit RCDS (CDU), LHG (FDP) und Tarnlisten (bspw. EPB). Sie trinken auf Sitzungen des Studierendenparlaments mehr, als das sie reden – und wenn sie es tun sind sie meist frauenverachtend und prosten treffend mit Burschenschaftlern an. Doch Moment, wie verhält es sich denn mit der SPD selbst? Anführer Johannes war(?) Burschenschaftler, Bratwurstessen gegen rechts ist ein Jahr nach dem Bekanntwerden des NSU eure einzig legitime Praxis gegen einen Nazigroßaufmarsch (Tag der Deutschen Zukunft) in Hamburg?

Zurück zum Thema:

Ihr seid damals mit dem Brechmitteleinsatz selbst schon soweit gegangen, dass ein Mensch starb, als Olaf Innensenator war. Und jetzt? Nachdem ihr euch mit eurer Parteigeschichte erst für eine Deutsche Armee, später für deren Aufrüstung und heute für Kriege aussprecht, fällt euch nichts ein außer Racial Profiling, Einzelverfahren und anschließender Abschiebung, wenn Verfolgte und Bedrohte Zuflucht in Hamburg suchen? Ihr steckt sie in Lager – ward ihr mal in Horst und habt euch ein Bild davon gemacht wie die Menschen dort leben müssen, bevor ihr darüber abgestimmt habt?

Und Michael spricht davon, „dass es sich um Flüchtlinge aus Nord- und Westafrika handelt. In diesen Regionen ist der Anteil der Menschen kaukasischen Erscheinungsbildes nach allgemeiner Auffassung eher gering.“ Ich habe gerade einen Beitrag zur Entstehung des Kolonialismus gelesen, neben Volk und Rasse wird da auch erklärt, wer die ideale Rasse darstellt: Der bärtige und männliche georgische Kaukase. Warum laufen immer mehr Menschen auf der Straße mit Fuck SPD T-Shirts? Warum knallt es seit vier Wochen fast jede Nacht? Weil ihr hier eine scheiß Politik vertretet die meiner Meinung nach mit diesen Kontrollen auch rassistische Züge angenommen hat. Und wer damit noch versucht humorvoll umzugehen, anstatt Scheiben einzuschmeißen, wird von euch mit Klagedrohungen überzogen. Immerhin habt ihr mir bestätigt, dass ihr Leitfäden erstellt („die Mitarbeiter machen da etwas“ oder Andreas?), wie die Jungen SozialistInnen an der Universität Hamburg mit dem Thema umgehen sollten.

Heute, wenn ihr das hier lest, ist der Gedenktag an die Reichspogromnacht. Einige wenige aufrechte Genoss*innen lassen sich blicken und gedenken den Opfern des Nationalsozialismus. Eure Unigenoss*innen haben die Sitzung des Studierendenparlaments am letzten Donnerstag frühzeitig abgebrochen, nachdem eine Wahlordnung und ein neues Präsidiumsmitglied ohne Befragung und Aussprache durchgestimmt wurden. Anstatt sich morgen an der Mahnwache zu beteiligen, füllen JUSOS und der Rest vom AStA Luftballons mit Gas und lassen politische Forderungen aufsteigen, die dann an die KMK übergeben werden sollen, wenn sie irgendwann zurückkommen – wie pervers ist das denn an diesem Datum?

Und zum Schluss:

Jetzt wird es wieder Winter und die Menschen erfrieren auf Hamburgs Straßen – den reichsten Straßen Deutschlands - vor leerstehenden Bürotürmen (Danke Claus v.D.). Euer Herz tickt längst im Harz-Vierteltakt. Schämt euch – ihr seid nicht sozial und die JUSOS an der Universität sind der undemokratischste Haufen, der mir je über den Weg gelaufen ist. Und jetzt droht mir Carl Philipp (JungsozialistInnen) mit rechtlichen Schritten. Ich habe keine Scheu vor einem öffentlichen Konflikt mit den JUSOS Hamburg und wenn ihr die letzte Mail mal genau durchlesen würde, steht da an keiner Stelle was über JUSOS, ich habe schlicht eine billige „Campus rocken“ Sprache und ein unterwürfiges DAAAANKE für die Abschaffung der Studiengebühren verwendet. Wenn das Jungsozialist*innen spezifisch ist, dann solltet ihr euch mal Gedanken über eure Jugendarbeit machen. Ich sehe schon die Schlagzeile: "SPD verklagt Studenten, weil er fragt ob Geflohene abgeschoben werden". Es wird einfach jeden Tag durchschaubarer.

Mit wütenden Grüßen

–––––Ende der zweiten Anfrage––––––

Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft scheinen dies indes im Gegensatz zu der Jungen SozialistInnen verstanden zu haben und korrespondierten auch nach endgültiger Klarstellung des Sachverhalts weiter mit kontakt@juso-uhh.de, so ging zuletzt am Freitagmorgen die Mail eines Abgeordnetenbüros ein, in der ein Mitarbeiter die gestellte Frage freundlich beantwortete:

–––––Beginn einer der Antworten––––––

wir drücken euch auf jeden Fall die Daumen! War ja recht turbulent der letzte AStA ;)
Mir fällt gerade als Hinweis nur ein, euren Wahlkampf auf das Thema Fairness auszurichten. Grundtenor: Gleiche Rechte für alle, warum sollten Asylsuchende bevorzugt werden, die ihre Daten nicht angeben? Das wäre schließlich nicht fair denjenigen gegenüber, die sich "brav" melden. Damit ist die Gefahr zumindest deutlich verringert im Januar alle Flyer einstampfen zu müssen. ;-) Hoffe euch schon einmal weiter geholfen zu haben!

–––––Ende einer der Antworten––––––

Hiermit konnte mir die Person bestätigen, dass es zumindest bereits Überlegungen gibt die nicht `braven` Geflohenen, er meint wohl die Gruppe Lampedusa in Hamburg, bis Anfang Januar abzuschieben - das lässt zumindest die Formulierung: „die Gefahr zumindest deutlich verringert im Januar alle Fleyer einstampfen zu müssen. ;-)“ vermuten.

Für die Gruppe Lampedusa in Hamburg sollte jedoch eine Lösung nach §23 gefunden werden! alerta antiracista.

Du denkst vielleicht: Was für ein Studiquatsch - aber stell dir mal vor Johannes Kahrs hätte geantwortet: "klar schieben wir die erst nach der Wahl ab" - egal ob lampedusa oder schanze - es geht ums ganze!