Zehntausende Basken haben gegen Razzien, Verhaftungen und neue Verbote demonstriert. Mit dem Marsch wurde für Frieden und die Freiheit der baskischen Gefangenen und gegen neue spanische Repressionsmaßnahmen demonstriert
Auch Regen hielt mehr als 65.000 Basken am späten Samstag nicht davon ab, sich durch die Straßen Bilbaos zu drängen. Eine blaue Flut demonstrierte gegen Razzien und Verhaftungen, die der spanische Nationale Gerichtshof angeordnet hatte. 18 Mitglieder der Gefangenenhilfsorganisation Herrira (Nach Hause) waren vergangenen Montag verhaftet worden. "Tropfen für Tropfen eine Flut für die Rechte politischer Gefangener und Flüchtlinge", lautete das Motto des Protests. Hinter dem Fronttransparent wurden unzählige Plakate mit blauen Tropfen in die Höhe gehalten. Darin war das Logo von Herrira abgebildet: zwei Pfeile zielen aus Spanien und Frankreich auf das Baskenland. So wird die Forderung gestellt, alle baskischen Gefangenen in ihre Heimat zu verlegen.
Die paramilitärische Guardia Civil hatte auf Anordnung des Nationalen Gerichtshof 18 Personen verhaftet, denen er "Mitgliedschaft" in der Untergrundorganisation ETA und die "Verherrlichung des Terrorismus" vorwirft. Innenminister Jorge Fernández Díaz hatte Herrira als "Fangarm der ETA" und Nachfolger verbotener Organisationen bezeichnet. sie wurden inzwischen aber alle wieder freigelassen, weil die Vorwürfe kaum haltbar sind. Die Organisation ist aber faktisch verboten, Büros und Webseiten geschlossen und Konten gesperrt.
Die Razzien hingen damit zusammen, dass im Rahmen einer Friedenskonferenz am kommenden Wochenende in Donostia-San Sebastian weitere einseitige Schritte von der ETA erwartet werden. Hintergründe, Reaktionen, finden sich hier mit vielen weiteren verlinkten Texten. Das könnte der Beginn der Entwaffnung unter Aufsicht internationaler Prüfer sein. Vor zwei Jahren hatte die ETA die den Kampf aufgegeben, nachdem dies auf einer Friedenskonferenz in Donostia im Beisein vom ehemaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan und etlichen Friedensnobelpreisträgern von ihr gefordert worden war. Spanien und Frankreich verweigern sich weiter der Forderung des Friedensplans, mit ihr über die Abgabe der Waffen und die Konfliktfolgen in einen Dialog zu treten.
Spanische Medien País spekulieren darüber, dass es sich bei dem Vorgehen gegen Herrira nur um den Auftakt einer neuen Verbotswelle handeln könnte, die im Verbot der neuen Linkspartei Sortu gipfeln könnte. In ihr hat sich die baskische Linke nach langen Verbotsjahren gesammelt. Das spanische Verfassungsgericht hat das Verbot der Regierung gekippt, weil sich die Partei eindeutig von Gewalt distanziert hat. Der Sortu-Sprecher Pernando Barrena spricht von einem "totalitären Verhalten" der spanischen Regierung, die Ideen verbieten wolle: "Dem Faschismus ist entsprechend auf den Straßen Bilbaos von einer baskischen Gesellschaft entgegengetreten worden, die Frieden will."
Im Baskenland ist nicht vergessen, dass die regierende Volkspartei (PP) von Manuale Fraga Iribarne gegründet wurde. Es war Minister der Franco-Diktatur und ist erst vor einem Jahr gestorben. Der PP-Ehrenpräsident wird weiter von seiner Partei verehrt, die sich nie vom Putsch 1936 und der Diktatur bis 1975 distanziert hat. Die Verbrecher wurden nie bestraft, doch nun wird in Argentinien gegen Franquisten ermittelt. Bisher können PP-Europaparlamentarier noch offen positiv zum Faschismus äußeren. Erst kürzlich sagte Jaime Mayor Oreja, ehemaliger Innenminister "Warum soll ich den Franquismus verurteilen, wenn es viele Familien gab, die ihn natürlich und normal erlebt haben?"
Auch in Spanien soll es eine historische Erinnerung nicht geben, die Opfer des Faschismus in den Massengräbern verscharrt bleiben. Auch dagegen richtet sich der spanische Anarchist Miguel Herberg vehement. Er war 1972 die Reihen chilenischer Putschisten infiltriert, informierte Allende über den anstehenden Staatsstreich am 11. September und deckte mit seiner Kamera vor der Weltöffentlichkeit die Existenz der Konzentrationslager auf. Hier kann die Geschichte dieses außerordentlichen Manns gelesen werden, dem von der DDR die Geschichte geraubt wurde.
Hintergründe zu den Vorgängen im Baskenland, zur Demo...