Italien, No TAV : Halte die Klappe so frisst du keine Fliegen

Symbolbild Feuer, Quelle: Wikipedia

Italien, No TAV : Halte die Klappe so frisst du keine Fliegen

Zum Brand der Maschinen des Unternehmens Geomont in der Valusas am 30.08.2013

Und wenn wer entschieden hätte Geomont wegen seiner Teilnahme an der Verheerung der Valusas anzugreifen?

 

Sicher waren sie entgeistert und angeekelt wegen der „erhaltenen und veröffentlichten“ Erklärung in der Website notav.info am Tag nach dem Brand des Bauwagens des Unternehmens von Bussoleno. Auch weil, unter den aufgezählten anzüglichen Hypothesen zur möglichen Wahrheit der Tat, nämlich dem Eigentümer Schaden zuzufügen und Mafiaangriff, fehlt genau jene, dass jemand voll bewusst und willentlich entschieden hätte, einen der vielen anzugreifen, die am Massaker des Tales mitmachen.

 

Im Verlaufe der Jahre kam es unglücklicherweise oft dazu, dass individuelle Aktionen kleiner Gruppen zum Beitrag zum Kampf gegen den TAV als Provokationen, oder noch schlimmer als Gesten von Leuten, die „weder zum Tal noch zur NoTAV-Bewegung gehören“ stigmatisiert wurden, notabene auch auf notav.info.

 

Seltsam, nach so vielen Jahren des Kampfes, dass man sich noch mit diesen Fragen herumschlagen muss.

 

Die NoTAV-Bewegung ist enorm und komplex. Es sind Leute der Valsusa. Es sind die ganzen tausenden von Leuten, die, seit Jahren, sich kürzer oder länger auf dem Territorium aufhalten und ihre Energien, Zeit und, oft, auch ihre Freiheit geben. Es sind die Leute aus Italien und der Welt, die den Kampf mit solidarischen Handlungen und Komplizität unterstützen und stärken.

 

Also wer bestimmt denn in einer so mannigfachen Realität wer nun das Recht hat oder nicht sein eigenes Sandkorn der Wegbereitung zur Befreiung des Tales beizutragen?

 

Aber hier stellt sich ein schon überwundener Diskurs doch wieder. Stimmt etwa nicht, dass seit längerer Zeit die Sabotage, eine in den Volkskämpfen seit jeher übernommene Praxis, in der Valsusa angenommen und übernommen worden ist, und seit längerem, und dass sich niemand erlaubt diese Gesten zu zensurieren oder zu verurteilen, die gegen die materiellen Verantwortlichen des Baus des berühmten Tunnels gerichtet sind? Es ist wohl kein leichter Schritt und viele, die diesen Kampf leben und verfolgen sind immer noch am berechnen. Aber wenn wir diesen historischen Schritt vergessen und im kollektiven Wachstum der NoTAV-Bewegung Rückschritte zulassen, öffnen wir der Repression und Angst Tür und Tor. Sabotage als Kampfmittel, der Abgrund zwischen richtig und legal, die Notwendigkeit der Verteidigung und des Angriffs, der Unterschied zwischen einem in die eigenen Hände genommenen Leben und einem passiven Überleben. Das sind viele der Dinge, wir kämpfend gelernt haben. Und die genauso verteidigt werden müssen wie die Berge.

 

Wie ist es möglich in einer der meistgelesenen Webseiten und Stimme der NoTAV-Bewegung eine Erklärung aufzunehmen, die sagt „wir wissen, dass die NoTAV-Bewegung nicht zum Feuer gegriffen hat“? Wer weiss; wer das geschrieben hat, kennt wohl alle NoTAV der Welt, ihr Streben und ihre Aktionen, ihre Prioritäten und Ziele? Und dabei ist auch eine unvermeidlich und episch demokratische Spannung (der Art: ich bin nicht einverstanden mit dem was du sagst, aber ich vierteile mich um es dir klarzumachen). Wie ist es wohl möglich zuzulassen, solche Texte dem gleichgültigen und ohrenbetäubenden Schweigen zu überlassen?

 

Die von der Erklärung vorgeschlagenen Hypothesen sind jene, die man nach einem Brandanschlag immer machen könnte. Dabei auch, dass das Unternehmen in Schieflage sei und seinen Maschinenpark erneuern möchte, und ähnlichen Schwachsinn. Dabei auch die Repressalien im Mafiastil, die im Milieu üblich und alltäglich sind. Anstatt für Verschwörungsparanoia und Komplottiererei eine gesunde Verachtung zu haben und sie von unseren Herzen und Mündern fernzuhalten, sollte es für uns nicht etwa natürlicher sein, den Ort dieses Geschehens unter allen ähnlichen einzureihen, die seit einigen Monaten die Nächte der Valsusa erleuchten? Anstatt Gefahr zu laufen die Geste einiger tapferen NoTAV zu verunglimpfen, verteidigen wir unsere KampfgenossInnen in der einzig möglichen würdigen Form öffentlich vor der Repression. Und bekennen uns, als gemeinsames Gut, zu jeder Geste die gegen das Voranschreiten des Monsters ausgeführt wird.