Die mutmaßlichen Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) haben Baden-Württemberg offenbar stärker ins Visier genommen, als dies bislang bekannt war. Ermittler des Bundeskriminalamts werteten zahlreiche Stadtpläne, Dokumente und Datenträger aus, die sie im Schutt des explodierten Hauses in Zwickau fanden, das wahrscheinlich den Rechtsextremisten Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos als Unterschlupf gedient hatte. Die Analysen dieser Unterlagen, die unserer Zeitung vorliegen, zeigen: Im Südwesten Deutschlands waren die Neonazis um Zschäpe an Menschen, Büros von Parteien und Firmen von Migranten in 14 Städten von Aalen über Esslingen und Mannheim bis nach Stuttgart und Villingen-Schwenningen interessiert. Alleine zu Heilbronn legten sie auf ihren Computern 22 Datensätze an.
Lediglich in Bayern sammelten die mutmaßlichen Rechtsterroristen mehr Daten über Politiker, Parteien und Migranten als in Baden-Württemberg. Menschen und Objekte in Nordrhein-Westfalen weckten die Sammelleidenschaft der NSUler ähnlich stark wie ihr Informationsbedürfnis über Baden-Württemberg.
Die Landeshauptstadt Stuttgart besuchten Böhnhardt, Mundlos und sehr wahrscheinlich auch Zschäpe im Sommer 2003 für drei Tage. Vom 24. bis zum 26. Juni mieteten sich die drei auf dem Campingplatz am Cannstatter Wasen ein. Den Anmeldebogen füllten nach Erkenntnissen des BKA „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ Mundlos und „mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit“ Böhnhardt aus. Beide nutzten dabei die Identität anderer. Einer davon ist ein unbescholtener Deutscher aus der Nähe von Dresden, der nachweislich nie auf dem Stuttgarter Campingplatz war.
Von dem Platz am Neckarufer brachen beide in die Stuttgarter Nordbahnhofstraße auf, um gezielt zwei Gastronomiebetriebe und ein Lebensmittelgeschäft auszuspähen, die Migranten gehörten. Dabei ließ sich Böhnhardt vor ausspionierten Objekten fotografieren.