Der Angeklagte kam in szene-typischer Kleidung: Springerstiefel und Pullover der Nazimarke „Erik and Sons“. Thorsten Schuster stand am Mittwoch wegen Volksverhetzung vor dem Amtsgericht Altona. Er ist seit Jahren für die NPD tätig, zuletzt im Landesvorstand und war auch Anmelder des Naziaufmarsches „Tag der Deutschen Zukunft“ am 2. Juni 2012. Nebenbei betreibt er eigene Nazi-Blogs mit wechselnden Namen.
In dem Bericht „Das Lager Auschwitz-Birkenau in den Augen eines ausgezehrten Landsers“, den er zum Auschwitzgedenktag am 27. Januar 2012 auf seinen Blog stellte wurde von ihm der Holocaust geleugnet: In Auschwitz wäre es den Häftlingen besser ergangen als den deutschen Soldaten bei ihrem täglichen Einsatz an der Ostfront. In dem Vernichtungslager hätte es keine Vergasungen, keinen Massenmord gegeben, sondern geradezu paradisisches Zustände mit gutem Essen, Care-Paketen, amerikanischen Zigaretten und lustigem Zeitvertreib. Das Bildmaterial, das die Zustände in dem KZ gegen Kriegsende zeigte, sei von Regisseur Alfred Hitchcock mit Statisten inszeniert worden.
Der Richter machte sich das Plädoyer des Staatsanwaltes zu eigen, welcher in dem Beitrag eine „üble Leugung des Holocaust“ sah und verurteilte Schuster zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen nach § 130, Abs. 3 (Volksverhetzung). Vertreten wurde Schuster vom Nazi-Anwalt Wolfram Narath. Dieser entstammt der 1994 verbotenen Wiking-Jugend, einer Art Hitler-Jugend in Westdeutschland der Nachkriegszeit, und ist heute ebenfalls für die NPD tätig. Bei diesem Prozess-Tag war Narath allerdings ebenso abwesend, wie Gleichgesinnte von Schuster. Soweit zur Kameradschaft. Gegen das Urteil kann noch Revision eingelegt werden.
Antisemit bei Friedrich-Ebert-Stiftung
Der Nationalrevolutionär, NPD-Freund und radikale Antisemit Reinhold Oberlercher aus Hamburg-Dulsberg, ein langjähriger Gefolgsmann der NPD, referierte am 4. Mai bei einem Marx-Seminar "Krisen-Kapitalismus abwickeln. Kritik der globalen Ökonomie - zwischen nationaler Realität und kosmopolitischer Realität" in Trier bei der NPD. Von Marx sei nur das systematische Denken interessant, nur das Kapital Band I sei entscheidend, war die verblüffende These Oberlerchers. Das NPD-Seminar fand in den Räumen der Friedrich-Ebert-Stiftung in Trier statt – da hatten die Sozialdemokraten, respektive der Verfassungsschutz, wohl nicht aufgepasst. Obwohl Oberlercher über Jahre Dauerthema in Geheimdienstberichten war.
Die Hamburger NPD vor der Bundestagswahl
Nazianwalt Wolfram Narath war schon am 23. März 2013 bei einer größeren Veranstaltung der Hamburger NPD, als u. a. die Landesliste zur Bundestagswahl aufgestellt wurde. Gastredner Naraths Bekenntnis zu Antiliberalismus, Intoleranz und Führertum dort war eindeutig. „Die Parole Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit ist eine Idee, die viel Leid und Verderben über die Menschen gebracht hat“, war seine Erkenntnis.
Als Spitzenkandidat wurde bei der Versammlung der mehrfach vorbestrafte Thomas Wulff, gleichzeitig Landes-Vize aufgestellt. Er wurde zuletzt im Juni 2012 wegen Körperverletzung und Beleidigung verurteilt. Zwei weitere NPD-Kandidaten sind Heinz-Helmut Dörlitz, für den Wahlkreis Nord und Helmut Saß für den Wahlkreis Wandsbek. Dörlitz war 2008 Beisitzer der inzwischen aufgelösten DVU und gehörte zu den regelmäßigen Besuchern der Naziaufmärsche auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Helmut Saß ist langjähriges NPD-Mitglied kandidierte schon 1997 für die Partei zur Bürgerschaft. Die übrigen Kandidat_innen sind bisher nicht bekannt. Beim Bundesparteitag der NPD am 20. April (Hitler-Geburtstag) wurde der ehemalige Hamburger Matthias Faust, welcher sich noch häufig in Norddeutschland aufhält als Mitglied im Bundesvorstand bestätigt. Faust ist außerdem weiterhin Redaktionsmitglied der Parteizeitung „Deutsche Stimme“. Zuletzt wollte Faust am 23. März an einer rassistischen Kundgebung in Hamburg-Horn teilnehmen.
Entgegen dem allgemeinen Trend ist der Hamburger Landesverband relativ stabil. Weder die Finanzkrise der Bundespartei, noch die Verbotsdiskussion oder Konkurrenz-Projekte, wie die neue Partei „Die Rechte“ des Ex-Hamburgers Christian Worch, führten bisher größeren Mitgliederverlusten. Die Hamburger NPD wird weiterhin vom neonazistischen Flügel um Wulff, Torben Klebe und Jan-Steffen Holthusen angeführt. Alle stammen ursprünglich aus mittlerweile verbotenen Organisationen.
Von der Öffentlichkeit unbemerkt finden regelmäßig Vortragsveranstaltungen an geheim gehaltenen Orten statt. Auch die NPD-Zeitung „Klartext Hamburg“ oder andere Propaganda wird in einigen Bezirken regelmäßig verteilt. Dies ist weniger spektakulär, aber auch ungestörter als Infostände, welche die Partei kaum noch macht. Propagandistische Schwerpunkt im „Klartext Hamburg“, oder auf der Homepage sind unverhohlener Rassismus „Asylantenschwemme in Hamburg“ bis hin zur Aufforderung Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft aufgrund ihres Migrationshintergrunds abzuschieben. Die Gerierung als angeblich basisdemokratische Kümmererpartei „Ja beim Volksentscheid – Rückkauf der Versorgungsnetze“, Agitation gegen die EU und den Euro und der Versuch den Arbeitskampf bei der Firma Neupack mit „Nationale Solidarität mit den Streikenden bei Neupack“ rassistisch zu spalten; sind weitere Themen.
Im anstehenden Bundestagswahlkampf wird mit öffentlichen Aktionen der Partei auch in Hamburg wahrscheinlich zu rechnen sein. Laut internen Unterlagen des Bundesvorstandes sollen bundesweit fünf Aktionstage stattfinden, pro Monat sollen dann pro Kreisverband (in Hamburg fünf) weitere Aktionstage stattfinden und das NPD-Wahlkampfmobil „Flaggschiff“ soll ebenfalls wieder bundesweit ab dem 10. August auf Tour gehen.
Quelle: www.keine-stimme-den-nazis.org