Zu einer spontanen Solidaritätsdemonstration für die aufständischen Häftlinge des Ingelheimer Abschiebeknastes haben sich gestern abend in Mainz zwischen 120 und 130 Menschen aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen zusammengefunden.
Unter Rufen wie "Kein Mensch ist illegal - Bleiberecht überall" oder "Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord - Bleiberecht für alle! Jetzt, sofort!" zogen die Demonstrant_innen aus Mainz und teilweise dem gesamten Großraum mehr als eine Stunde durch die Mainzer Innenstadt. Auf vier Kundgebungen sowie mit Flugblättern machten sie die abendlichen Passant_innen und Kneipenbesucher_innen auf die Situation in Ingelheim sowie auf die rassistische Abschiebepolitik der BRD aufmerksam.
22 aufständische Insassen des Ingelheimer Abschiebeknastes mit Gewalt geräumt
Vorausgegangen war ein Gefängnisaufstand in Ingelheim inhaftierter Menschen, die sich den ganzen Nachmittag lang in einem Gefängnistrakt verbarrikadiert hatten. 21 Mitgefangene solidarisierten sich dabei mit einem jungen Mann aus Marokko, dessen Abschiebung noch für den Montagmittag angesetzt war.
Die Polizei zeigte umgehend massive Präsenz, nach Augenzeugenberichten waren mindestens 20 bis 30 Wannen nebst Feuerwehr und Rettungsdiensten aufgefahren worden. Die in die Öffentlichkeit hinein kommunizierte "deeskalierende Verhandlungstaktik" erwies sich als eine Farce. Die vorgegebene Verhandlungsbereitschaft diente zunächst lediglich dem Zeitgewinn bis zum Eintreffen von SEK-Einheiten und wurde dann gegen die Insassen ausgenutzt, die beim Entsenden von Unterhändlern durch einen SEK-Trupp überrumpelt wurden. Dabei wurden mehrere der Insassen verletzt.
Über den weiteren Verbleib des jungen Mannes aus Marokko ist derzeit leider nichts bekannt. Gegen die Insassen wird nach Aussage der Polizei nun wegen Gefangenenmeuterei ermittelt.
Spontane Solidaritätsdemos in Mainz und Trier
Noch am Nachmittag hatten sich rund 60 Abschiebungsgegner_innen vor dem Eingangsbereich des Abschiebegefängnisses in Ingelheim versammelt, um die weiterhin drohende Abschiebung zumindest nicht ohne kritische Öffentlichkeit stattfinden zu lassen und um sich den aufständischen Insassen solidarisch zu zeigen. Als nach der Niederschlagung des Aufstandes auch die Polizei abgerückt war, fuhr auch ein Großteil der Demonstrant_innen nach Mainz, um mittels einer Spontandemo die Öffentlichkeit über Ereignisse und Hintergründe aufmerksam zu machen.
Dabei blieben die äußerst flexibel agierenden DemoteilnehmerInnen von den früh eingetroffenen zwei Streifenwägen vergleichsweise unbehelligt. Die von soviel Freiheitsdrang völlig überforderte Polizei hatte nur dann und wann mal eine Chance, den sich spontan seinen Weg suchenden Demonstrationszug halbwegs unter Kontrolle bzw. auch nur im Sichtfeld zu behalten.
Auch in Trier demonstrierten um 19 Uhr rund 50 Personen und erklärten sich mit den Flüchtlingen solidarisch. Nach einem spontanen Demonstrationszug vom Hauptmarkt durch die Innenstadt zogen sie zum Abschiebelager Trier ("Landesunterkunft für Ausreisepflichtige") und der nahegelegenen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge, um den Protest auch zu den Hauptleidtragenden des Asylregimes zu tragen.
Bundesweit wachsender Protest gegen Abschiebungen
Erst vor wenigen Wochen hatte ein breites Bündnis politischer und gesellschaftlicher Gruppen in Ingelheim gegen das das für ganz Rheinland-Pfalz und das Saarland zentrale Abschiebegefängnis ("Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige") demonstriert. Das Bündnis ruft seit dem Umbau der früheren Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in ein Abschiebegefängnis regelmäßig zu Solidaritätskundgebungen auf. Über die Schließung des Abschiebeknastes hinaus wird die Abschaffung der Abschiebepraxis im Allgemeinen und die Wiederherstellung des eigentlich grundgesetzlich geschützten Rechtes auf Asyl gefordert.
Auch gegen das Trierer Abschiebelager gibt es seit Jahren massive Proteste, "man mache Flüchtlinge dort gezielt hoffnungs- und orientierungslos zu machen, um sie abschieben zu können, " heißt es beim Trierer Bündnis.
In der Woche vom 24. bis zum 30. August findet die bundesweite "Aktionswoche gegen Abschiebung" statt. In Mannheim/Ludwigshafen sowie im westfälischen Büren sind bereits zwei Großdemonstrationen für den 29. August geplant. Auch in zahlreichen anderen Städten, darunter Mainz und Wiesbaden gibt es bereits Vorbereitungstreffen für Aktionen im Rahmen der Woche gegen Abschiebung.
Links zum Thema:
- Bündnis gegen den Abschiebeknast Ingelheim
- Aktionswoche gegen Abschiebung
- Bürengruppe Paderborn
- Grenzenlos glücklich - Residenzpflicht abschaffen
- The Voice - Refugee Forum
- Pro Asyl zum Thema Abschiebung
(Weitere Links und Quellen folgen)