Ein schwarzer Tag für die Demokratie: Der Blockupy-Demonstrationszug endet in einem Desaster, das ein juristisches Nachspiel haben muss. Von Georg Leppert.
"Frankfurt hat sich blamiert“, schrieb die Frankfurter Rundschau vor einem Jahr an dieser Stelle, als es darum ging, den Umgang mit den Blockupy-Protesten zu bewerten. Diesmal hat sich Frankfurt nicht nur blamiert. Diesmal endete der Demonstrationszug in einem Desaster, das ein juristisches Nachspiel haben muss. Weil Menschen von hochaggressiv auftretenden Polizisten verletzt wurden. Und weil die Polizei mit ihrer Entscheidung, den Demonstrationszug am Schauspiel zu stoppen, kurzerhand ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs unterlaufen hat.
Wer sich durchliest, wie Polizeipräsident Achim Thiel den Einsatz rechtfertigt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Allen Ernstes behauptet er, der Einsatzleiter habe keine andere Wahl gehabt, weil Demonstranten gegen Auflagen verstoßen hätten. Richtig daran ist, dass Teilnehmer vermummt waren und Böller flogen. Doch abgesehen davon, dass beides bei linksradikalen Demonstrationen in Frankfurt seit Jahren zur Folklore gehört und die Polizei darauf in der Regel noch nicht einmal mehr mit Durchsagen reagierte, hätte es selbstverständlich ganz andere Möglichkeiten gegeben, auf diese Verstöße zu reagieren.
Im Extremfall hätte man den sogenannten Schwarzen Block an einer anderen, nicht so beengten Stelle vom Rest der Demonstration separieren können. Dann hätten die anderen Teilnehmer ihren Zug auf der gerichtlich genehmigten Route fortsetzen können.
Doch spätestens, als das Angebot der Demonstranten, die Vermummung abzulegen, um weiterziehen zu können, abgelehnt wurde, war klar: Die Polizei will einfach nicht, dass diese Demonstration durch Frankfurt läuft. Zumindest sollte sie nicht an der Europäischen Zentralbank vorbeiziehen. So mussten 10.000 Menschen, die friedlich demonstrieren wollten, unverrichteter Dinge nach Hause gehen. Ein Skandal.
Nun wird zu klären sein, wer für den desaströsen Einsatz verantwortlich ist. Zwar ist Thiel ein Feind von allen Demonstranten, die Kapuzenpullis tragen. Ihnen gegenüber tritt er auf wie ein überforderter Schulmeister gegenüber aufmüpfigen Oberstufenschülern. Stetig behauptet er, die Blockupy-Proteste 2012 seien nicht friedlich gewesen. Diese Meinung hat die Polizeiführung weitgehend exklusiv. Ob Thiel aber ohne Rückendeckung seiner Vorgesetzten die Entscheidung treffen kann, ein Gerichtsurteil einfach zu ignorieren, darf bezweifelt werden. So drängt sich die Vermutung auf, dass dieser Einsatz zumindest in Wiesbaden politisch so gewollt war. Die Linken im Landtag, deren Mitglieder in einer absurden Aktion aus dem Polizeikessel geführt wurden, werden versuchen, das zu klären. Diese Aufklärung ist bitter nötig, denn der 1. Juni war vor allem eines: ein schwarzer Tag für die Demokratie.