Mehr als nur Party – Es geht ums Ganze!
Nachdem im Dezember 2011 am ersten Nächtlichen Tanzvergnügen mehrere hundert Personen für selbstverwaltete Freiräume demonstrierten, folgten letztes Jahr schon rund 2000 Personen dem Aufruf, den Status Quo vorübergehend in Grund und Boden zu tanzen und anschliessend für den Rest der Nacht die leerstehende Aeschbachhalle zu besetzen.
Diese
Tanz-Demonstrationen reihten sich in die vielfältigen Aktionen in
Aarau der letzten Monate und Jahre ein: Häuser wurden besetzt,
klandestine Bars fanden statt, Sauvages wurden gefeiert und
Gratis-Konzerte wurden in der Stadt organisiert.
Gemeinsam
gegen die herrschenden Verhältnisse!
Mit Musik- und Barwägen
werden wir in eineinhalb Wochen am dritten Nächtlichen Tanzvergnügen
die Aarauer Strassen in Beschlag nehmen und einen temporären
Freiraum schaffen. So können zumindest gewisse festgefahrene
Strukturen überwunden werden: Du kannst ohne Konsumzwang nicht nur
an eine Party gehen, sondern diese gleich selbst mitgestalten. Gerade
dieser Abend bietet die Gelegenheit, mit anderen zusammen Mut zu
fassen, und das überreglementierte und einengende Leben im sogenannt
öffentlichen Raum frei von eingefahrenen Konventionen zu erleben.
Niemand durchsucht dich am Eingang, nimmt dir deinen Tag-Stift sowie
deine Flasche Wasser weg oder lässt dich aufgrund deines Äusseren
gar nicht erst rein. Du bestimmst selbst, was dir der Anlass und die
Dose Bier wert ist.
Alle, die diese und andere festgefahrenen
Strukturen durchbrechen wollen, gestalten das Nächtliche
Tanzvergnügen. Denn nicht ein «wir» macht das Nächtliche
Tanzvergnügen für ein «euch», sondern all diejenigen, die an
diesem Abend gemeinsam durch Aarau ziehen, bestimmen, was aus diesem
Anlass gemacht wird. Der Anlass soll einen Rahmen schaffen, in dem
alle so sein können, wie sie sich fühlen und wie sie wollen.
Niemand soll ausgegrenzt oder diskriminiert werden, weswegen wir
Rassismus, Sexismus, Antiziganismus, Homophobie, Antisemitismus und
anderen Diskriminierungsformen eine Absage erteilen werden. Nur durch
ein solidarisches Miteinander kann ein Freiraum für alle geschaffen
werden.
Es tut gut, ab und zu gemeinsam zu feiern. Gemeinsam
eine Zeit lang den alltäglichen Trott und alle Zwänge, Pflichten,
Gesetze und Normen zu vergessen. Dass mit diesem Umzug jedoch keine
grundlegenden Veränderungen herbei getanzt werden können, ist uns
bewusst. Ebenfalls ist uns bewusst, dass gerade an Anlässen wie
einer Tanz-Demonstration für viele Menschen ein konkreter Inhalt
bloss zweitrangig ist, und dass an diesem Anlass auch viele dabei
sein werden, für die hauptsächlich das Bier günstig und der
«Eintritt» gratis ist. Nichtsdestotrotz, egal aus welchen Gründen
auf die Strasse gegangen wird, ist und bleibt das ungefragte Nehmen
des sogenannt öffentlichen Raums ein emanzipatorischer Akt, der Mut
machen soll, die einengenden Konventionen nicht bloss in einem
beschränkten Moment abschütteln zu können. Nein, einen Alltag, der
selbstbestimmt und frei gelebt und nicht bloss überlebt werden soll
– dazu rufen wir auf!
Ein wichtiger Beitrag dazu bieten
emanzipatorische und selbstverwaltete Projekte wie die autonome Zone
Binz und die autonome Schule in Zürich, der Wagenplatz Rummelplatz
oder die Köpi in Berlin, das autonome Zentrum in Köln-Kalk oder der
Squat Loc(A)motive in Lausanne, die teils akut (räumungs-)bedroht
sind!
So hoffen wir, dass nicht nur die Lust zum Feiern am
Nächtlichen Tanzvergnügen vorhanden ist, sondern auch Wut, Frust,
Trotz und Wille, für den Erhalt all dieser Projekte zu kämpfen.
Dass wir (staatlicher) Repression und gesellschaftlicher Skepsis
trotzen können sowie Machtstrukturen stetig reflektieren und
entgegen treten. Wir hoffen aber auch, mit dem Nächtlichen
Tanzvergnügen positive Energie und Schaffenslust zu erzeugen. Wir
sollten für unsere eigenen Projekte, Träume und Ideen kämpfen,
damit diese nicht bloss Utopien bleiben.
Für ein autonomes
Zentrum heisst gegen den Kapitalismus!
Ein autonomes Zentrum
ermöglicht einen «Kulturbetrieb» abseits der Normen und des
Mainstreams. So bringt ein solcher Platz viel Raum für
Unkonventionelles, Alternatives und Unbequemes, das sonst nirgends
Platz findet. Ein selbstverwaltetes Zentrum richtet sich nicht nach
der Wirtschaftlichkeit oder irgendwelchen städtischen und religiösen
Absichten, sondern nach den Bedürfnissen aller, die sich daran
beteiligen. Ein AZ ist aber weit mehr, als ein Ort für Nischenkultur
und Low-Budget-Kunst.
Ein autonomes Zentrum soll für uns vor
allem ein Freiraum, abseits der kapitalistischen Logik sein.
Tagtäglich plagen wir uns durch dieses, von allen gepriesene,
System. Ausbildung und Lohnarbeit bestimmen unseren Alltag.
Konkurrenzkampf, Diskriminierung und Unterdrückung gehören zur
Tagesordnung. Kontrollen, Gesetze und Überwachung sind
allgegenwärtig. Gesellschaftliche Akzeptanz und Normen bestimmen
unser Aussehen oder wen wir zu lieben haben. Die Zerstörung der
Natur und die Ausbeutung von Tieren sind selbstverständlich und Mord
sowie Krieg im Status Quo halt leider notwendig.
So ist ein AZ
für uns ganz klar ein Projekt, welches sich gegen den Kapitalismus
stellt. Es soll ein Ort geschaffen werden, wo Alternativen
ausprobiert und gelebt werden können. Dies nicht nur, um es uns
etwas angenehmer in den herrschenden Verhältnissen einzurichten,
sondern auch um Strukturen aufzubauen, die Teil eines Gegenmodells
sind. Ein selbstverwaltetes Zentrum sehen wir auch als einen Beitrag
im globalen Kampf für eine herrschaftsfreie Welt.
Anarchie
statt reformistische Kackscheisse!
Die meisten Menschen
glauben, dass mit neuen Gesetzen und Reformen alles Gut wird. Den
bösen Spekulant_innen an der Börse gehöre ein Riegel vorgeschoben,
den Manager_innen den Gehalt gekürzt, multinationale Firmen müssten
nur ihren Gewinn ordentlich versteuern und anstatt mit Atomstrom soll
nun mit Solar, Wind und Wasser Strom produziert werden. Ein neuer
Anstrich und alles scheint wieder im Lot.
Doch die Mechanismen
bleiben dieselben. Die des Kapitalismus übergeordnete Struktur ist
ein Machtsystem, welches immer auf der Unterdrückung und Ausbeutung
von Mensch, Tier und Natur basiert. Dies funktioniert beim Bio-Bäcker
um die Ecke genau gleich, wie bei Mc Donald's. Firmen müssen im
gegenwärtigen System stetig Gewinn erwirtschaften, sonst gehen sie
früher oder später pleite oder werden von anderen Firmen
übernommen. Dieser Gewinn müssen Angestellte für ihre Chefs
tagtäglich erarbeiten und trotz dieser Ausbeutung, sollen sie
dankbar sein, dass sie arbeiten dürfen. So sind Arbeitende lediglich
dazu da, Mehrwert zu schaffen, anstatt für ihre wahren Bedürfnisse
zu produzieren.
Dem Gewinn der Firma wird alles untergeordnet.
Ist es finanziell sinnvoller, Getreide für Treibstoffe anstatt
Nahrungsmittel herzustellen, dann werden auch Hungersnöte in Folge
von Nahrungsknappheit in Kauf genommen. Sorgen mehr Pausen oder ein
freundlicheres Büro für eine Produktionssteigerung der Angestellten
ist auch dies erwünscht. Braucht die Wirtschaft Arbeitskräfte sind
alle willkommen. Ist das «Boot jedoch voll», werden die Grenzen
dicht gemacht und unzählige Menschen ohne (Schweizer) Pass
eingesperrt und ausgeschafft. Aber egal was für Änderungen und
Anpassungen angepriesen werden, der Kapitalismus ist bleibt stets der
elbe.
Am 8. Juni auf die Strasse!
In den vergangenen Wochen wurden Menschen von der Stadtpolizei Aarau brieflich ersucht, Kontakt mit ihnen aufzunehmen, um so einen «konstruktiven Dialog» zu ermöglichen. Auch die KAZ erhielt E-Mails mit ebensolchem Inhalt. Wir lehnen den Dialog mit der Polizei aber grundsätzlich ab. Die Polizei, die überwacht, verprügelt, verhaftet, ausschafft und auch tötet, kann für uns kein Kommunikationspartner sein. Genau so wenig die Behörden, die nur am Erhalt des Status Quo interessiert sind und schon so oft Steine in den Weg zu einem autonomen Zentrum gelegt haben. Deswegen kümmern wir uns auch nicht um eine Bewilligung für das nächtliche Tanzvergnügen sondern erkämpfen uns den benötigten Raum, ohne jedoch eine Konfrontation zu suchen.
Nach den Ereignissen in Bern, wo Menschen das Gewaltmonopol des Staats kurzerhand in Frage gestellt haben, versuchen Medien und Behörden einen Zusammenhang zwischen dem Tanz dich frei und dem nächtlichen Tanzvergnügen in Aarau herzustellen um diesen selbstbestimmten Anlass zu diskreditieren. Uns ist es egal, ob die Polizei zuerst mit Gummischrot geschossen hat oder ob zuerst Flaschen und Steine geflogen sind, denn wir begrüssen die Auflehnung gegen die herrschenden Verhältnisse. Widerstandsformen sind automatisch so vielfältig, wie die Menschen, die Widerstand leisten und müssen sich nicht gegenseitig ausschliessen, sondern sollten sich ergänzen. Obwohl militante Aktionen eine Berechtigung haben, soll auch friedlicher Protest stattfinden können. Deswegen werden wir auch weiterhin zum Nächtlichen Tanzvergnügen am 8. Juni aufrufen, damit wir gemeinsam tanzend und entschlossen gegen den Status Quo und für autonome Freiräume demonstrieren können.
Auch wenn wir
für viele nur Teil einer unzufriedenen und doch viel zu verwöhnten
jungen Party-Generation sind, so sehen wir uns als Teil eines
globalen Widerstands gegen den Kapitalismus und jegliche Autorität.
Genau so sind unter anderem das Erkämpfen von Tierrechten, die
Auseinandersetzungen indigener Bevölkerungen für Selbstbestimmung,
die Bemühungen nach einem Bleiberecht für alle, die Revolten in
Ägypten, Schweden und anderswo sowie die Kämpfe Gefangener in
Knästen und Psychiatrien Teil einer weltweiten Gegenbewegung zu den
herrschenden Verhältnissen. Wir sind vielseitig und wir sind viele –
verbinden wir unsere Kämpfe!
Für eine Welt, in der es
keine Freiräume mehr braucht…
…für die Anarchie!
KAZ
[Kampagne für ein autonomes Zentrum]