Die Krawalle in Schweden weiten sich aus. In der vierten Nacht hintereinander brannten in Vororten Stockholms Autos, Randalierer zündeten eine Polizeiwache an. Ein Polizist wurde verletzt, mehrere Personen festgenommen.
Stockholm - In der vierten Nacht in Folge ist es in Schweden zu Krawallen gekommen. Die Unruhen griffen laut Berichten schwedischer Zeitungen auf südliche Vororte von Stockholm über. In Stadtteilen der Hauptstadt habe es ebenfalls Zwischenfälle gegeben - so sei eine Polizeiwache in Stockholm in Brand gesteckt worden. Das Feuer habe jedoch schnell gelöscht werden können.
Es sei mindestens ein Polizist verletzt worden, hieß es. Fünf Personen wurden wegen versuchter Brandstiftung festgenommen. Jugendliche hätten Steine geworfen und Scheiben zertrümmert. Insgesamt wurden etwa 30 Autos zerstört, ein Restaurant brannte aus. Die Feuerwehr habe nie zuvor so viele Feuer gleichzeitig bekämpfen müssen, sagte ein Polizeisprecher. Auch in Malmö seien drei Autos in Flammen aufgegangen, berichtete die Polizei.
In Husby, einem Vorort im Norden Stockholms, war es am vergangenen Sonntag erstmals zu Unruhen gekommen; sie waren seither in jeder Nacht wieder aufgeflammt. Hintergrund soll der Tod eines 69-Jährigen sein, den die Polizei - nach offiziellen Angaben in Selbstverteidigung - erschossen hatte.
Nach der Schießerei waren in Husby Fahrzeuge in Flammen aufgegangen, Jugendliche bewarfen Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr mit Steinen. Ähnliche Szenen ereigneten sich wenig später in Fittja südlich von Stockholm sowie in anderen Vororten.
Die Krawalle verunsichern das Land. Die Bilder von brennenden Autos und kaputten Scheiben passen nicht zum Selbstbild Schwedens, das stolz auf seinen Ruf für soziale Gerechtigkeit und seine Offenheit für Einwanderer ist. Verstärkte Präsenz sei nachts wohl notwendig, sagte ein Sprecher der Stockholmer Polizei.
Schwedens Justizministerin Beatrice Ask hatte Angriffe auf Polizisten oder Rettungskräfte als inakzeptabel bezeichnet. Sie könne nachvollziehen, warum viele Einwohner in den Vororten und Husby besorgt und wütend seien, sagte Ask. "Soziale Exklusion ist ein ernster Grund für viele Probleme, wir verstehen das."
Die Unruhen haben eine erneute Debatte über den Abbau des Sozialsystems und den Zuzug von Einwanderern ausgelöst. Schweden reduziert seit den neunziger Jahren die staatlichen Unterstützungsleistungen. Dadurch nahm das soziale Gefälle so stark zu wie in keinem anderen OECD-Land. Insbesondere Einwanderer sind von Jugendarbeitslosigkeit und Armut betroffen.
ulz/dpa/Reuters/AP