Erfurt. Mit einem Aufgebot von rund 1300 Beamten sichert die Polizei den 1. Mai in Erfurt ab. Zahlreiche Initiativen, Vereine, Verbände, aber auch politische Parteien haben Demonstrationen angemeldet.
Die rechte Veranstaltung ist im Begriff, sich aufzulösen. Einige der 250 Neonazis stehen teilweise noch in der Unterführung, andere haben sich bereits auf den Heimweg gemacht. Unter Polizeischutz wurden die Neonazis in den Zug nach Halle geleitet.
Die Neonazis hatten sich von der Windthorststraße auf den Weg gemacht. Sie wurden durch Blockaden der insgesamt 4000 Teilnehmer immer wieder gestoppt, so dass sie wieder Richtung Bahnhof geschickt wurden. Eine kleinere Gruppe an Neonazis hatte sich mit der Polizei angelegt. Die Neonazis hatten auf die Polizisten eingeprügelt, zogen sich dann aber wieder zurück, als die Polizisten Pfefferspray einsetzten. Die Polizei hatte die Neonazis dazu aufgefordert, den Weg zum Bahnhof fortzusetzen.
Die Neonazis konnten keine Reden abhalten, weil sie nicht an ihren Lautsprecherwagen herangekommen waren.
Mehrere hundert Gegendemonstranten blockierten immer wieder die Strecke, so dass die Nationalsozialisten bis zum frühen Nachmittag ihre geplante Route nicht nehmen konnten. Rufe wie "Nazis raus" waren immer wieder zu hören.
Die Blockade der nur noch 50 Gegendemonstranten am Nonnenrain/Clara-Zetkin-Straße löst sich langsam auf. Dort hatte sich eine Sitzblockade formiert, die von der Polizei mehrmals aufgefordert war, sich aufzulösen.
Es gab viel Protest, der aber friedlich war. Die Aufrufe der Polizei zur Deeskalation hätten gefruchtet. Nur vereinzelt hätten Pfefferspray eingesetzt und Platzverweise ausgesprochen werden müssen. Insgesamt sprachen die Einsatzkräfte von 900 bis 1000 Gegendemonstranten an verschiedenen Orten.
Den Aufzug der Rechtsextremisten hatte eine Privatperson unter dem Motto "Arbeit Recht Freiheit" angemeldet. Im gesamten Innenstadtgebiet von Erfurt fand am Mittwoch eine Reihe von Gegenveranstaltungen statt. Zu den gut 20 einzelnen Protestaktionen gehörten eine symbolische Stadtratssitzung und ein Kinderfest im Stadtpark, kirchliche Gemeindefeste, Friedensgebete und Kundgebungen. Vertreter von Stadtverwaltung und Kirchen sprachen von jeweils mehreren hundert Teilnehmern bei den einzelnen Veranstaltungen.
Zu den Gegenprotesten aufgerufen hatten ein zivilgesellschaftliches Bündnis sowie unter anderen auch Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) und die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann. Der wiederholte Aufmarsch an einem 1. Mai und diesmal 80 Jahre nach dem Verbot der freien Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten wurde übergreifend als Provokation verurteilt.
Thüringer Bürgerrundfunk mit Sondersendungen am 1. Mai
Das Erfurter Bürgerradio "Radio F.R.E.I." berichtet mit Sondersendungen vom Erfurter Bündnis "Keinen Meter - den Naziaufmarsch in Erfurt am 1. Mai verhindern". Die TLM hat hierfür Radio F.R.E.I. zusätzliche Sondersendezeit von 13 Uhr bis 18 Uhr genehmigt.
Gegen 9 Uhr starteten am Domplatz etwa 800 Motorradfans zu ihrer traditionellen Ausfahrt. Ebenfalls gegen 9 Uhr besuchte Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht gemeinsam mit Innenminister Jörg Geibert (beide CDU) die Einsatzzentrale der Polizei in der Landespolizeidirektion in Erfurt. Von dort aus wird der komplette Einsatz geleitet und koordiniert.
Lieberknecht sprach den Beamten ihren Dank für ihren Einsatz aus. Zugleich erklärte die CDU-Politikerin ihre Unterstützung für die Demonstranten, die am Mittwoch in Erfurt gegen einen Aufmarsch von Neonazis protestieren. Thüringens Polizeipräsident Winfried Bischler betonte, dass die Polizei sich auf Deeskalation vorbereitet habe. Ziel sei vor allem durch Kommunikation kritische Situationen zu entspannen, erklärte er.
Am Dienstagabend hatte das Oberverwaltungsgericht in Weimar den Antrag der Stadt Erfurt abgewiesen, den Rechtsextremen nur eine Kundgebung zu genehmigen. Die Stadt hatte ihren Antrag mit den zahlreichen anderen Veranstaltungen begründet und darauf verwiesen, dass es schwierig sei, die Sicherheit zu gewährleisten. Allerdings stimmte das Gericht einem Einschränken der der Demonstrationsroute zu. Auch in mehreren Aufrufen im Internet wurde zu Protesten gegen den rechtsextremen Aufmarsch aufgerufen.
Bereits am Vormittag hatte der DGB sich auf dem Anger zu seiner traditionellen Mai-Kundgebung getroffen. Auch die Teilnehmer dieser Veranstaltung zogen anschließend vor den Hauptbahnhof, um gegen den Neonazi-Aufmarsch zu demonstrieren.